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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Die Bedeutung der Befestigungen Westrußlands
Rittmeister von Witzleben von

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HL^MA!"s der Beurteilung der politischen und geographischen Lage
Rußlands geht hervor, daß dessen Landesbefestigung der Mög¬
lichkeit eines Doppelkrieges gegen Deutschland und Österreich-
! Ungarn Rechnung tragen muß. Westruszlcmd wird von dem
! Innern des Reiches durch das gewaltige Wald- und Sumpf¬
gebiet des Polesie abgeschlossen und erhält hierdurch den Charakter eines mehr
oder weniger isolierten, mit den? Hinterland" nur durch wenig Verbindungen
im Zusammenhang stehenden Gebietes; innerhalb springt Russisch-Polen weit
in deutsches Gebiet hinein, von Ostpreußen und West- und Mittelgalizien stark
umfaßt, durch die flankierende Lage Wolhyniens jedoch im Süden einigermaßen
geschützt. In dieses Grenzgebiet müssen die Aufmarschräume der russischen Armee
verlegt werden, einerseits weil man diese reichen Distrikte Westrußlands der
feindlichen Invasion nicht preisgeben darf, andrerseits weil die nächste günstige
Etappe erst jenseits der großen Wald- und Sumpfzouen des Pripiatj liegt.
Das keilförmige Vorspringen deF Anfmarschrcmmes in Russisch-Polen fordert
besondre Maßnahmen für dessen Schutz in Front und Flanke. Für diese Zwecke
sind nahezu 70 Prozent der Feldtruppen an der Westgrenze disloziert und
an der Weichsel, am Bug und in Wolhynien große befestigte Räume ge¬
schaffen worden.

Die Befestigungen in Russisch-Polen

Russisch-Polen wird durch die Weichsel in zwei Räume geschieden, die stark
verschiedne Verhältnisse für die Versammlung, den Unterhalt und die Bewegung
großer Truppenmengen aufweisen.'

Polen links von der Weichsel ist nachWegsamkeit, Gangbarkeit. Unter¬
künften und Hilfsmitteln ein günstigerer Operationsschauplatz als alle übrigen
Grenzländer Rußlands, günstiger als Polen rechts von der Weichsel. Es springt
weit zwischen der österreichischen und der deutschen Grenze vor, bietet einerseits
einen weit vorgeschobnen Versammlungsraum, von dem aus die von Westen


Grenzboton I 1908 40


Die Bedeutung der Befestigungen Westrußlands
Rittmeister von Witzleben von

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Rußlands geht hervor, daß dessen Landesbefestigung der Mög¬
lichkeit eines Doppelkrieges gegen Deutschland und Österreich-
! Ungarn Rechnung tragen muß. Westruszlcmd wird von dem
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gebiet des Polesie abgeschlossen und erhält hierdurch den Charakter eines mehr
oder weniger isolierten, mit den? Hinterland« nur durch wenig Verbindungen
im Zusammenhang stehenden Gebietes; innerhalb springt Russisch-Polen weit
in deutsches Gebiet hinein, von Ostpreußen und West- und Mittelgalizien stark
umfaßt, durch die flankierende Lage Wolhyniens jedoch im Süden einigermaßen
geschützt. In dieses Grenzgebiet müssen die Aufmarschräume der russischen Armee
verlegt werden, einerseits weil man diese reichen Distrikte Westrußlands der
feindlichen Invasion nicht preisgeben darf, andrerseits weil die nächste günstige
Etappe erst jenseits der großen Wald- und Sumpfzouen des Pripiatj liegt.
Das keilförmige Vorspringen deF Anfmarschrcmmes in Russisch-Polen fordert
besondre Maßnahmen für dessen Schutz in Front und Flanke. Für diese Zwecke
sind nahezu 70 Prozent der Feldtruppen an der Westgrenze disloziert und
an der Weichsel, am Bug und in Wolhynien große befestigte Räume ge¬
schaffen worden.

Die Befestigungen in Russisch-Polen

Russisch-Polen wird durch die Weichsel in zwei Räume geschieden, die stark
verschiedne Verhältnisse für die Versammlung, den Unterhalt und die Bewegung
großer Truppenmengen aufweisen.'

Polen links von der Weichsel ist nachWegsamkeit, Gangbarkeit. Unter¬
künften und Hilfsmitteln ein günstigerer Operationsschauplatz als alle übrigen
Grenzländer Rußlands, günstiger als Polen rechts von der Weichsel. Es springt
weit zwischen der österreichischen und der deutschen Grenze vor, bietet einerseits
einen weit vorgeschobnen Versammlungsraum, von dem aus die von Westen


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[0309] [Abbildung] Die Bedeutung der Befestigungen Westrußlands Rittmeister von Witzleben von LG>-O^ HL^MA!»s der Beurteilung der politischen und geographischen Lage Rußlands geht hervor, daß dessen Landesbefestigung der Mög¬ lichkeit eines Doppelkrieges gegen Deutschland und Österreich- ! Ungarn Rechnung tragen muß. Westruszlcmd wird von dem ! Innern des Reiches durch das gewaltige Wald- und Sumpf¬ gebiet des Polesie abgeschlossen und erhält hierdurch den Charakter eines mehr oder weniger isolierten, mit den? Hinterland« nur durch wenig Verbindungen im Zusammenhang stehenden Gebietes; innerhalb springt Russisch-Polen weit in deutsches Gebiet hinein, von Ostpreußen und West- und Mittelgalizien stark umfaßt, durch die flankierende Lage Wolhyniens jedoch im Süden einigermaßen geschützt. In dieses Grenzgebiet müssen die Aufmarschräume der russischen Armee verlegt werden, einerseits weil man diese reichen Distrikte Westrußlands der feindlichen Invasion nicht preisgeben darf, andrerseits weil die nächste günstige Etappe erst jenseits der großen Wald- und Sumpfzouen des Pripiatj liegt. Das keilförmige Vorspringen deF Anfmarschrcmmes in Russisch-Polen fordert besondre Maßnahmen für dessen Schutz in Front und Flanke. Für diese Zwecke sind nahezu 70 Prozent der Feldtruppen an der Westgrenze disloziert und an der Weichsel, am Bug und in Wolhynien große befestigte Räume ge¬ schaffen worden. Die Befestigungen in Russisch-Polen Russisch-Polen wird durch die Weichsel in zwei Räume geschieden, die stark verschiedne Verhältnisse für die Versammlung, den Unterhalt und die Bewegung großer Truppenmengen aufweisen.' Polen links von der Weichsel ist nachWegsamkeit, Gangbarkeit. Unter¬ künften und Hilfsmitteln ein günstigerer Operationsschauplatz als alle übrigen Grenzländer Rußlands, günstiger als Polen rechts von der Weichsel. Es springt weit zwischen der österreichischen und der deutschen Grenze vor, bietet einerseits einen weit vorgeschobnen Versammlungsraum, von dem aus die von Westen Grenzboton I 1908 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/309>, abgerufen am 22.07.2024.