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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die römische (Lampagna,
ihre sanitäre und wirtschaftliche Gesundung
H. Bachmann i vonn

>n meinem ersten, in dieser Zeitschrift erschienenen Aufsatze über
die römische Campagnci habe ich davon gesprochen, daß der
heutige wirtschaftliche Zustand dieses Gebiets, nämlich die Aus¬
dehnung des Latifundiums und die extensive Weidewirtschaft,
! schon früh im Mittelalter entstanden sei, und daß die Ursache
dieser Erscheinung in der Verdrängung des Kleingrundbesitzes und Bildung
des Großgrundbesitzes bestanden habe. Mit diesem Prozeß sind nun die
Übelstände entstanden, woran das Gebiet Jahrhunderte hindurch litt und zum
Teil auch heute noch leidet: vernachlässigte Bodenkultur. Bildung stagnierender
Gewässer und Sümpfe, Entstehung der Malaria und Entvölkerung des Landes.
Aber nur eine intensive wirtschaftliche Kultur ist imstande, gesunde Fluren zu
schaffei?, wozu jedoch eine dichte landwirtschaftliche Ansiedlung notwendig ist.
Ein Übel hat sich aus dem andern entwickelt. Mit der Versumpfung des
Bodens breitete sich in unserm Gebiete die Malaria immer mehr aus. Damit
verminderte sich auch die Bevölkerung, und an Stelle des Ackerlandes trat
größtenteils die ewige Weide, deren Nutzung die seßhafte Wohnstätte der
Menschen nicht nötig macht. So beleben auch noch heute, wie im Mittelalter,
die Hirten mit ihren Herden die römische Campagnci. Aber wenn im Juni
die Malaria ihre Herrschaft beginnt, werden die Bergweiden des Apennins
bezogen, wo die Hirten beheimatet sind.

Die extensive, nomadenhafte Weidewirtschaft nach dem Muster der
zentralasiatischen Steppenwirtschaft, wie sie in der römischen Campagna heute
noch vorherrscht, bedeutet eine Vergeudung an fruchtbarem Boden, da sie nur
einer geringen Anzahl von Schafherden im Besitze einiger weniger Eigentümer
Futter liefert, während andrerseits Italien zum Teil an Übervölkerung und
Verarmung leidet. Der Boden, und noch dazu der fruchtbare der römischen
Campagna, ist jedoch zu kostbar, als daß er der wachsenden Volksmenge zur
Ernährung vorenthalten werden dürfte. Was hat man nun getan, um die
genannten Übelstände zu beseitigen?

Kurz nach der Konstituierung des jungen Königreichs hat die Regierung
die "Bonifikation" der römischen Campagna als eine öffentliche Angelegenheit
erklärt, und damit hat sie sicher das Richtige getroffen. Zunächst ging man




Die römische (Lampagna,
ihre sanitäre und wirtschaftliche Gesundung
H. Bachmann i vonn

>n meinem ersten, in dieser Zeitschrift erschienenen Aufsatze über
die römische Campagnci habe ich davon gesprochen, daß der
heutige wirtschaftliche Zustand dieses Gebiets, nämlich die Aus¬
dehnung des Latifundiums und die extensive Weidewirtschaft,
! schon früh im Mittelalter entstanden sei, und daß die Ursache
dieser Erscheinung in der Verdrängung des Kleingrundbesitzes und Bildung
des Großgrundbesitzes bestanden habe. Mit diesem Prozeß sind nun die
Übelstände entstanden, woran das Gebiet Jahrhunderte hindurch litt und zum
Teil auch heute noch leidet: vernachlässigte Bodenkultur. Bildung stagnierender
Gewässer und Sümpfe, Entstehung der Malaria und Entvölkerung des Landes.
Aber nur eine intensive wirtschaftliche Kultur ist imstande, gesunde Fluren zu
schaffei?, wozu jedoch eine dichte landwirtschaftliche Ansiedlung notwendig ist.
Ein Übel hat sich aus dem andern entwickelt. Mit der Versumpfung des
Bodens breitete sich in unserm Gebiete die Malaria immer mehr aus. Damit
verminderte sich auch die Bevölkerung, und an Stelle des Ackerlandes trat
größtenteils die ewige Weide, deren Nutzung die seßhafte Wohnstätte der
Menschen nicht nötig macht. So beleben auch noch heute, wie im Mittelalter,
die Hirten mit ihren Herden die römische Campagnci. Aber wenn im Juni
die Malaria ihre Herrschaft beginnt, werden die Bergweiden des Apennins
bezogen, wo die Hirten beheimatet sind.

Die extensive, nomadenhafte Weidewirtschaft nach dem Muster der
zentralasiatischen Steppenwirtschaft, wie sie in der römischen Campagna heute
noch vorherrscht, bedeutet eine Vergeudung an fruchtbarem Boden, da sie nur
einer geringen Anzahl von Schafherden im Besitze einiger weniger Eigentümer
Futter liefert, während andrerseits Italien zum Teil an Übervölkerung und
Verarmung leidet. Der Boden, und noch dazu der fruchtbare der römischen
Campagna, ist jedoch zu kostbar, als daß er der wachsenden Volksmenge zur
Ernährung vorenthalten werden dürfte. Was hat man nun getan, um die
genannten Übelstände zu beseitigen?

Kurz nach der Konstituierung des jungen Königreichs hat die Regierung
die „Bonifikation" der römischen Campagna als eine öffentliche Angelegenheit
erklärt, und damit hat sie sicher das Richtige getroffen. Zunächst ging man


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[0392] [Abbildung] Die römische (Lampagna, ihre sanitäre und wirtschaftliche Gesundung H. Bachmann i vonn >n meinem ersten, in dieser Zeitschrift erschienenen Aufsatze über die römische Campagnci habe ich davon gesprochen, daß der heutige wirtschaftliche Zustand dieses Gebiets, nämlich die Aus¬ dehnung des Latifundiums und die extensive Weidewirtschaft, ! schon früh im Mittelalter entstanden sei, und daß die Ursache dieser Erscheinung in der Verdrängung des Kleingrundbesitzes und Bildung des Großgrundbesitzes bestanden habe. Mit diesem Prozeß sind nun die Übelstände entstanden, woran das Gebiet Jahrhunderte hindurch litt und zum Teil auch heute noch leidet: vernachlässigte Bodenkultur. Bildung stagnierender Gewässer und Sümpfe, Entstehung der Malaria und Entvölkerung des Landes. Aber nur eine intensive wirtschaftliche Kultur ist imstande, gesunde Fluren zu schaffei?, wozu jedoch eine dichte landwirtschaftliche Ansiedlung notwendig ist. Ein Übel hat sich aus dem andern entwickelt. Mit der Versumpfung des Bodens breitete sich in unserm Gebiete die Malaria immer mehr aus. Damit verminderte sich auch die Bevölkerung, und an Stelle des Ackerlandes trat größtenteils die ewige Weide, deren Nutzung die seßhafte Wohnstätte der Menschen nicht nötig macht. So beleben auch noch heute, wie im Mittelalter, die Hirten mit ihren Herden die römische Campagnci. Aber wenn im Juni die Malaria ihre Herrschaft beginnt, werden die Bergweiden des Apennins bezogen, wo die Hirten beheimatet sind. Die extensive, nomadenhafte Weidewirtschaft nach dem Muster der zentralasiatischen Steppenwirtschaft, wie sie in der römischen Campagna heute noch vorherrscht, bedeutet eine Vergeudung an fruchtbarem Boden, da sie nur einer geringen Anzahl von Schafherden im Besitze einiger weniger Eigentümer Futter liefert, während andrerseits Italien zum Teil an Übervölkerung und Verarmung leidet. Der Boden, und noch dazu der fruchtbare der römischen Campagna, ist jedoch zu kostbar, als daß er der wachsenden Volksmenge zur Ernährung vorenthalten werden dürfte. Was hat man nun getan, um die genannten Übelstände zu beseitigen? Kurz nach der Konstituierung des jungen Königreichs hat die Regierung die „Bonifikation" der römischen Campagna als eine öffentliche Angelegenheit erklärt, und damit hat sie sicher das Richtige getroffen. Zunächst ging man

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/392>, abgerufen am 22.07.2024.