Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Als das wichtigste Resultat der Beratungen ist der Beschluß anzusehen, die
Noten der Reichsbank mit gesetzlicher Zahlkraft auszustatten. Während heute
niemand gezwungen ist. Reichsbanknoten als Zahlung anzunehmen, soll künstig
eine Schuld gesetzlich getilgt sein, wenn Reichsbanknoten geleistet worden sind. Es
wird also nur ein Zustand gesetzlich festgelegt, der seit Jahrzehnten tatsächlich be¬
steht, denn es ist wohl noch niemand eingefallen, die Noten der Reichsbank
zurückzuweisen. Der künftige Zustand, der in den meisten europäischen Staate"
seit langem besteht, entspricht auch durchaus der Würde der Reichsbank. Natürlich
bleibt der Grundpfeiler unsrer Währung, die Verpflichtung der Reichsbank, die Noten
jederzeit in Gold einzulösen, mindestens in dem bisherigen Umfange bestehn.

Den Banken gegenüber hat die Regierung ein überraschendes Entgegenkommen
gezeigt; die Beschlußfassung über das größte Problem des Fragebogens, die Regelung
des Depositenwesens, ist bis zum nächsten Jahre verschoben worden. Die Regierung
hat sich damit begnügt, die Erklärung der Großbanken entgegenznnehme", daß diese
bezüglich der Veröffentlichung des Vermögenstandes freiwillig ein gewisses Entgegen¬
kommen zeigen werden! Die der Berliner Abrechnungsstelle angehörenden Banken
mit Ausnahme der Privatfirmen und der Berliner Handels-Gesellschaft wollen alle
zwei Monate, statt wie bisher einmal im Jahre, ihre Bilanz veröffentlichen. Man
hofft, daß die Mitglieder der übrige" sechzehn deutschen Abrechnungsstellen dem
Beispiel der Berliner Banken folgen werden. Das ist fürwahr herzlich wenig.
Zunächst bieten die Berliner Großbanken infolge ihrer großen Kapitalkraft und der
soliden Geschäftsführung den geringsten Anlaß zu verschärfter Kontrolle durch die
Öffentlichkeit. Gerade in den kleinen und kleinsten Banken herrschen zum Teil un¬
haltbare Zustände. Es ist das Verdienst Lansbnrghs. des Herausgebers der Zeit¬
schrift Die Bank, zum erstenmale die Bilanzen der Kreditbanken mit weniger als
100 000 Mark Kapital zusammengestellt und auf die hier herrschenden Mißstände
hingewiesen zu haben. Eine Reihe dieser Banken veröffentlicht durchaus unzulängliche,
den Vermögensstand nur mangelhaft darstellende Bilanzen. Ferner hat sich heraus¬
gestellt, daß gerade den kapitalschwächsten Instituten Millionen anvertraut werde",
obwohl ihre Bilanzen eine durchaus nnkaufmännische Art der Kapitalanlage erkennen
lassen. Dazu kommt, daß die .Kreise, denen die Depositengläubiger der kleinen Banken an¬
gehören, schutzbedürftiger sind als die, die zur Kundschaft der großen Banken gehören.

Selbst wenn sich dem Vorgehn der Berliner Banken sämtliche Kreditbanken
anschließen würden, so wäre damit noch wenig gewonnen, wenn nicht durch Gesetz
ein Bilanzschema vorgeschrieben wird, das durchsichtiger ist als die bisher üblichen.
Eine gesetzliche Lösung der in Punkt 6 des Fragebogens angeregten Probleme wird
unvermeidlich sein und hoffentlich sobald als möglich in Angriff genommen werden.
'

Der Nachricht, daß die Verhandlungen der Enquete nicht veröffentlicht werden
sollen, vermögen wir keinen Glaube" zu schenken; es wäre tief zu beklagen, wenn das
wertvolle Material der Wissenschaft und der breitesten Öffentlichkeit vorenthalten
werden sollte. ^ , ^ '

Die wirtschaftlichen Folgen der Orientkrisis

heute schon in ihrem
ganzen Umfange abzuschätzen, wäre ein vergebliches Bemühen, wo doch noch nicht
einmal entschieden ist, ob die Lösung der zahlreichen Konflikte durch Krieg oder durch
friedliche Bereinbärungen erfolgen wird. Daß jedoch die Balkanwirren schwere Ver-^
lüfte gebracht haben/ ist sicher. Die Bewegungen der Kurse, richtiger die zum Teil
panikartigen Kursstürze, an den europäischen Börsen sind die ersten und vielleicht
die empfindlichsten Spuren gewesen^ die die Krisis in Europa hinterlassen hat. Es,
hat. sich hier wieder einmal gezeigt, ein wie enger Zusammenhang zwischen der
Politik und dein Kapitalmarkt, überhaupt dem Wirtschaftsleben, besteht. Gegen Ende
der-ersten Oktoberwoche- erreichten die Liurse der Balkanstaatsauleihen, der sogenannte"^
Tnrbanwerte, ihren tiefsten Stand, von dem sie sich heute schon wieder wesentlich


Grenzboten IV 1908 11
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Als das wichtigste Resultat der Beratungen ist der Beschluß anzusehen, die
Noten der Reichsbank mit gesetzlicher Zahlkraft auszustatten. Während heute
niemand gezwungen ist. Reichsbanknoten als Zahlung anzunehmen, soll künstig
eine Schuld gesetzlich getilgt sein, wenn Reichsbanknoten geleistet worden sind. Es
wird also nur ein Zustand gesetzlich festgelegt, der seit Jahrzehnten tatsächlich be¬
steht, denn es ist wohl noch niemand eingefallen, die Noten der Reichsbank
zurückzuweisen. Der künftige Zustand, der in den meisten europäischen Staate»
seit langem besteht, entspricht auch durchaus der Würde der Reichsbank. Natürlich
bleibt der Grundpfeiler unsrer Währung, die Verpflichtung der Reichsbank, die Noten
jederzeit in Gold einzulösen, mindestens in dem bisherigen Umfange bestehn.

Den Banken gegenüber hat die Regierung ein überraschendes Entgegenkommen
gezeigt; die Beschlußfassung über das größte Problem des Fragebogens, die Regelung
des Depositenwesens, ist bis zum nächsten Jahre verschoben worden. Die Regierung
hat sich damit begnügt, die Erklärung der Großbanken entgegenznnehme», daß diese
bezüglich der Veröffentlichung des Vermögenstandes freiwillig ein gewisses Entgegen¬
kommen zeigen werden! Die der Berliner Abrechnungsstelle angehörenden Banken
mit Ausnahme der Privatfirmen und der Berliner Handels-Gesellschaft wollen alle
zwei Monate, statt wie bisher einmal im Jahre, ihre Bilanz veröffentlichen. Man
hofft, daß die Mitglieder der übrige» sechzehn deutschen Abrechnungsstellen dem
Beispiel der Berliner Banken folgen werden. Das ist fürwahr herzlich wenig.
Zunächst bieten die Berliner Großbanken infolge ihrer großen Kapitalkraft und der
soliden Geschäftsführung den geringsten Anlaß zu verschärfter Kontrolle durch die
Öffentlichkeit. Gerade in den kleinen und kleinsten Banken herrschen zum Teil un¬
haltbare Zustände. Es ist das Verdienst Lansbnrghs. des Herausgebers der Zeit¬
schrift Die Bank, zum erstenmale die Bilanzen der Kreditbanken mit weniger als
100 000 Mark Kapital zusammengestellt und auf die hier herrschenden Mißstände
hingewiesen zu haben. Eine Reihe dieser Banken veröffentlicht durchaus unzulängliche,
den Vermögensstand nur mangelhaft darstellende Bilanzen. Ferner hat sich heraus¬
gestellt, daß gerade den kapitalschwächsten Instituten Millionen anvertraut werde»,
obwohl ihre Bilanzen eine durchaus nnkaufmännische Art der Kapitalanlage erkennen
lassen. Dazu kommt, daß die .Kreise, denen die Depositengläubiger der kleinen Banken an¬
gehören, schutzbedürftiger sind als die, die zur Kundschaft der großen Banken gehören.

Selbst wenn sich dem Vorgehn der Berliner Banken sämtliche Kreditbanken
anschließen würden, so wäre damit noch wenig gewonnen, wenn nicht durch Gesetz
ein Bilanzschema vorgeschrieben wird, das durchsichtiger ist als die bisher üblichen.
Eine gesetzliche Lösung der in Punkt 6 des Fragebogens angeregten Probleme wird
unvermeidlich sein und hoffentlich sobald als möglich in Angriff genommen werden.
'

Der Nachricht, daß die Verhandlungen der Enquete nicht veröffentlicht werden
sollen, vermögen wir keinen Glaube» zu schenken; es wäre tief zu beklagen, wenn das
wertvolle Material der Wissenschaft und der breitesten Öffentlichkeit vorenthalten
werden sollte. ^ , ^ '

Die wirtschaftlichen Folgen der Orientkrisis

heute schon in ihrem
ganzen Umfange abzuschätzen, wäre ein vergebliches Bemühen, wo doch noch nicht
einmal entschieden ist, ob die Lösung der zahlreichen Konflikte durch Krieg oder durch
friedliche Bereinbärungen erfolgen wird. Daß jedoch die Balkanwirren schwere Ver-^
lüfte gebracht haben/ ist sicher. Die Bewegungen der Kurse, richtiger die zum Teil
panikartigen Kursstürze, an den europäischen Börsen sind die ersten und vielleicht
die empfindlichsten Spuren gewesen^ die die Krisis in Europa hinterlassen hat. Es,
hat. sich hier wieder einmal gezeigt, ein wie enger Zusammenhang zwischen der
Politik und dein Kapitalmarkt, überhaupt dem Wirtschaftsleben, besteht. Gegen Ende
der-ersten Oktoberwoche- erreichten die Liurse der Balkanstaatsauleihen, der sogenannte»^
Tnrbanwerte, ihren tiefsten Stand, von dem sie sich heute schon wieder wesentlich


Grenzboten IV 1908 11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0313" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310724"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1692"> Als das wichtigste Resultat der Beratungen ist der Beschluß anzusehen, die<lb/>
Noten der Reichsbank mit gesetzlicher Zahlkraft auszustatten. Während heute<lb/>
niemand gezwungen ist. Reichsbanknoten als Zahlung anzunehmen, soll künstig<lb/>
eine Schuld gesetzlich getilgt sein, wenn Reichsbanknoten geleistet worden sind. Es<lb/>
wird also nur ein Zustand gesetzlich festgelegt, der seit Jahrzehnten tatsächlich be¬<lb/>
steht, denn es ist wohl noch niemand eingefallen, die Noten der Reichsbank<lb/>
zurückzuweisen. Der künftige Zustand, der in den meisten europäischen Staate»<lb/>
seit langem besteht, entspricht auch durchaus der Würde der Reichsbank. Natürlich<lb/>
bleibt der Grundpfeiler unsrer Währung, die Verpflichtung der Reichsbank, die Noten<lb/>
jederzeit in Gold einzulösen, mindestens in dem bisherigen Umfange bestehn.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1693"> Den Banken gegenüber hat die Regierung ein überraschendes Entgegenkommen<lb/>
gezeigt; die Beschlußfassung über das größte Problem des Fragebogens, die Regelung<lb/>
des Depositenwesens, ist bis zum nächsten Jahre verschoben worden. Die Regierung<lb/>
hat sich damit begnügt, die Erklärung der Großbanken entgegenznnehme», daß diese<lb/>
bezüglich der Veröffentlichung des Vermögenstandes freiwillig ein gewisses Entgegen¬<lb/>
kommen zeigen werden! Die der Berliner Abrechnungsstelle angehörenden Banken<lb/>
mit Ausnahme der Privatfirmen und der Berliner Handels-Gesellschaft wollen alle<lb/>
zwei Monate, statt wie bisher einmal im Jahre, ihre Bilanz veröffentlichen. Man<lb/>
hofft, daß die Mitglieder der übrige» sechzehn deutschen Abrechnungsstellen dem<lb/>
Beispiel der Berliner Banken folgen werden. Das ist fürwahr herzlich wenig.<lb/>
Zunächst bieten die Berliner Großbanken infolge ihrer großen Kapitalkraft und der<lb/>
soliden Geschäftsführung den geringsten Anlaß zu verschärfter Kontrolle durch die<lb/>
Öffentlichkeit. Gerade in den kleinen und kleinsten Banken herrschen zum Teil un¬<lb/>
haltbare Zustände. Es ist das Verdienst Lansbnrghs. des Herausgebers der Zeit¬<lb/>
schrift Die Bank, zum erstenmale die Bilanzen der Kreditbanken mit weniger als<lb/>
100 000 Mark Kapital zusammengestellt und auf die hier herrschenden Mißstände<lb/>
hingewiesen zu haben. Eine Reihe dieser Banken veröffentlicht durchaus unzulängliche,<lb/>
den Vermögensstand nur mangelhaft darstellende Bilanzen. Ferner hat sich heraus¬<lb/>
gestellt, daß gerade den kapitalschwächsten Instituten Millionen anvertraut werde»,<lb/>
obwohl ihre Bilanzen eine durchaus nnkaufmännische Art der Kapitalanlage erkennen<lb/>
lassen. Dazu kommt, daß die .Kreise, denen die Depositengläubiger der kleinen Banken an¬<lb/>
gehören, schutzbedürftiger sind als die, die zur Kundschaft der großen Banken gehören.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1694"> Selbst wenn sich dem Vorgehn der Berliner Banken sämtliche Kreditbanken<lb/>
anschließen würden, so wäre damit noch wenig gewonnen, wenn nicht durch Gesetz<lb/>
ein Bilanzschema vorgeschrieben wird, das durchsichtiger ist als die bisher üblichen.<lb/>
Eine gesetzliche Lösung der in Punkt 6 des Fragebogens angeregten Probleme wird<lb/>
unvermeidlich sein und hoffentlich sobald als möglich in Angriff genommen werden.<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1695"> Der Nachricht, daß die Verhandlungen der Enquete nicht veröffentlicht werden<lb/>
sollen, vermögen wir keinen Glaube» zu schenken; es wäre tief zu beklagen, wenn das<lb/>
wertvolle Material der Wissenschaft und der breitesten Öffentlichkeit vorenthalten<lb/>
werden sollte. ^ , ^ '</p><lb/>
            <div n="3">
              <head> Die wirtschaftlichen Folgen der Orientkrisis</head>
              <p xml:id="ID_1696" next="#ID_1697"> heute schon in ihrem<lb/>
ganzen Umfange abzuschätzen, wäre ein vergebliches Bemühen, wo doch noch nicht<lb/>
einmal entschieden ist, ob die Lösung der zahlreichen Konflikte durch Krieg oder durch<lb/>
friedliche Bereinbärungen erfolgen wird. Daß jedoch die Balkanwirren schwere Ver-^<lb/>
lüfte gebracht haben/ ist sicher. Die Bewegungen der Kurse, richtiger die zum Teil<lb/>
panikartigen Kursstürze, an den europäischen Börsen sind die ersten und vielleicht<lb/>
die empfindlichsten Spuren gewesen^ die die Krisis in Europa hinterlassen hat. Es,<lb/>
hat. sich hier wieder einmal gezeigt, ein wie enger Zusammenhang zwischen der<lb/>
Politik und dein Kapitalmarkt, überhaupt dem Wirtschaftsleben, besteht. Gegen Ende<lb/>
der-ersten Oktoberwoche- erreichten die Liurse der Balkanstaatsauleihen, der sogenannte»^<lb/>
Tnrbanwerte, ihren tiefsten Stand, von dem sie sich heute schon wieder wesentlich</p><lb/>
              <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 1908 11</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0313] Maßgebliches und Unmaßgebliches Als das wichtigste Resultat der Beratungen ist der Beschluß anzusehen, die Noten der Reichsbank mit gesetzlicher Zahlkraft auszustatten. Während heute niemand gezwungen ist. Reichsbanknoten als Zahlung anzunehmen, soll künstig eine Schuld gesetzlich getilgt sein, wenn Reichsbanknoten geleistet worden sind. Es wird also nur ein Zustand gesetzlich festgelegt, der seit Jahrzehnten tatsächlich be¬ steht, denn es ist wohl noch niemand eingefallen, die Noten der Reichsbank zurückzuweisen. Der künftige Zustand, der in den meisten europäischen Staate» seit langem besteht, entspricht auch durchaus der Würde der Reichsbank. Natürlich bleibt der Grundpfeiler unsrer Währung, die Verpflichtung der Reichsbank, die Noten jederzeit in Gold einzulösen, mindestens in dem bisherigen Umfange bestehn. Den Banken gegenüber hat die Regierung ein überraschendes Entgegenkommen gezeigt; die Beschlußfassung über das größte Problem des Fragebogens, die Regelung des Depositenwesens, ist bis zum nächsten Jahre verschoben worden. Die Regierung hat sich damit begnügt, die Erklärung der Großbanken entgegenznnehme», daß diese bezüglich der Veröffentlichung des Vermögenstandes freiwillig ein gewisses Entgegen¬ kommen zeigen werden! Die der Berliner Abrechnungsstelle angehörenden Banken mit Ausnahme der Privatfirmen und der Berliner Handels-Gesellschaft wollen alle zwei Monate, statt wie bisher einmal im Jahre, ihre Bilanz veröffentlichen. Man hofft, daß die Mitglieder der übrige» sechzehn deutschen Abrechnungsstellen dem Beispiel der Berliner Banken folgen werden. Das ist fürwahr herzlich wenig. Zunächst bieten die Berliner Großbanken infolge ihrer großen Kapitalkraft und der soliden Geschäftsführung den geringsten Anlaß zu verschärfter Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Gerade in den kleinen und kleinsten Banken herrschen zum Teil un¬ haltbare Zustände. Es ist das Verdienst Lansbnrghs. des Herausgebers der Zeit¬ schrift Die Bank, zum erstenmale die Bilanzen der Kreditbanken mit weniger als 100 000 Mark Kapital zusammengestellt und auf die hier herrschenden Mißstände hingewiesen zu haben. Eine Reihe dieser Banken veröffentlicht durchaus unzulängliche, den Vermögensstand nur mangelhaft darstellende Bilanzen. Ferner hat sich heraus¬ gestellt, daß gerade den kapitalschwächsten Instituten Millionen anvertraut werde», obwohl ihre Bilanzen eine durchaus nnkaufmännische Art der Kapitalanlage erkennen lassen. Dazu kommt, daß die .Kreise, denen die Depositengläubiger der kleinen Banken an¬ gehören, schutzbedürftiger sind als die, die zur Kundschaft der großen Banken gehören. Selbst wenn sich dem Vorgehn der Berliner Banken sämtliche Kreditbanken anschließen würden, so wäre damit noch wenig gewonnen, wenn nicht durch Gesetz ein Bilanzschema vorgeschrieben wird, das durchsichtiger ist als die bisher üblichen. Eine gesetzliche Lösung der in Punkt 6 des Fragebogens angeregten Probleme wird unvermeidlich sein und hoffentlich sobald als möglich in Angriff genommen werden. ' Der Nachricht, daß die Verhandlungen der Enquete nicht veröffentlicht werden sollen, vermögen wir keinen Glaube» zu schenken; es wäre tief zu beklagen, wenn das wertvolle Material der Wissenschaft und der breitesten Öffentlichkeit vorenthalten werden sollte. ^ , ^ ' Die wirtschaftlichen Folgen der Orientkrisis heute schon in ihrem ganzen Umfange abzuschätzen, wäre ein vergebliches Bemühen, wo doch noch nicht einmal entschieden ist, ob die Lösung der zahlreichen Konflikte durch Krieg oder durch friedliche Bereinbärungen erfolgen wird. Daß jedoch die Balkanwirren schwere Ver-^ lüfte gebracht haben/ ist sicher. Die Bewegungen der Kurse, richtiger die zum Teil panikartigen Kursstürze, an den europäischen Börsen sind die ersten und vielleicht die empfindlichsten Spuren gewesen^ die die Krisis in Europa hinterlassen hat. Es, hat. sich hier wieder einmal gezeigt, ein wie enger Zusammenhang zwischen der Politik und dein Kapitalmarkt, überhaupt dem Wirtschaftsleben, besteht. Gegen Ende der-ersten Oktoberwoche- erreichten die Liurse der Balkanstaatsauleihen, der sogenannte»^ Tnrbanwerte, ihren tiefsten Stand, von dem sie sich heute schon wieder wesentlich Grenzboten IV 1908 11

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/313
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/313>, abgerufen am 22.07.2024.