Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Herrn haben wie du, bleiben in untergeordneten Stellungen. Wenn der Kaiser Dann kamen die entsetzlichen Tage der Schlacht. Mir war, als ob jedes Er hatte bis jetzt mit der Nuß gespielt und steckte sie nun wieder in die (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches (Noch einmal die internationale Lage. Englands Absichten. Reichsspiegel. Deutschland und Frankreich.) Wir müssen noch einmal auf die Weltlage und die auswärtige Politik des Natürlich hat sich die Presse aller Länder mit diesem Ereignis viel beschäftigt. Maßgebliches und Unmaßgebliches Herrn haben wie du, bleiben in untergeordneten Stellungen. Wenn der Kaiser Dann kamen die entsetzlichen Tage der Schlacht. Mir war, als ob jedes Er hatte bis jetzt mit der Nuß gespielt und steckte sie nun wieder in die (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches (Noch einmal die internationale Lage. Englands Absichten. Reichsspiegel. Deutschland und Frankreich.) Wir müssen noch einmal auf die Weltlage und die auswärtige Politik des Natürlich hat sich die Presse aller Länder mit diesem Ereignis viel beschäftigt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302152"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_785" prev="#ID_784"> Herrn haben wie du, bleiben in untergeordneten Stellungen. Wenn der Kaiser<lb/> noch bei Verstände wäre, machte er dich heute noch zum General. Ich fuhr mit<lb/> der Hand in die Tasche und griff nach der Nuß. Sie brannte mir zwischen den<lb/> Fingern wie eine glühende Kohle. Hätte ich sie nur von mir geschleudert!</p><lb/> <p xml:id="ID_786"> Dann kamen die entsetzlichen Tage der Schlacht. Mir war, als ob jedes<lb/> feindliche Gewehr nur auf mich angeschlagen würde. Ergraute Offiziere fragten<lb/> mich, was sie tun sollten, mich, der ich von der Kriegskunst so viel verstehe wie<lb/> ein neugebornes Kind! Ich erteilte ihnen Rat, so gut ichs vermochte, aber bei der<lb/> allgemeinen Verwirrung dachte keiner daran, ihn zu befolgen. Ich fühlte, wie die<lb/> Not der Unsern das schlummernde Feldherrgenie in mir weckte, aber nun wars zu<lb/> spät, Mutlosigkeit und Insubordination waren schon zu tief eingerissen, als daß ich<lb/> das drohende Verderben noch hätte abwenden können. Als die große Retirade<lb/> begann, rief mir mitten im Gedränge der Herzog von Bassano zu: General,<lb/> weshalb haben Sie Korporalsuniform angelegt? Wie sollen Ihre Soldaten Sie<lb/> erkennen? Ein Chauffeur stieß mit dem Kolben nach mir und schrie: Seht den<lb/> Löwen in der Eselshaut! Er hätte uns retten können und glaubt dem Verderben<lb/> zu entgehen, indem er seinen Rang verleugnet! Mich überläufts noch, wenn ich<lb/> an diese schrecklichen Stunden denke. Ich sollte für alles Unglück verantwortlich<lb/> sein, und fast wäre ich unter der Last dieser Anklagen zusammengebrochen, denn<lb/> ich wußte nur zu gut, daß sie berechtigt waren. Ich war meines Lebens nicht<lb/> mehr sicher, und nicht viel fehlte, so hätten mich meine Kameraden niedergestoßen.<lb/> Da gelang es nur, eine Seitengasse zu erreichen und unbemerkt in dieses Haus zu<lb/> schlüpfen. Nun bin ich hier, wäre ich doch erst wieder bei meinem BataillonI</p><lb/> <p xml:id="ID_787"> Er hatte bis jetzt mit der Nuß gespielt und steckte sie nun wieder in die<lb/> Westentasche. Gerlach blinzelte ihm zu und sagte: Die Nuß in Ehren! Aber daß<lb/> Sie kein General fein sollen, das glaub ich nie und nimmer. Da mögen Sie<lb/> sagen, was Sie wollen. Freilich, was ich sonst von hohen Offizieren gesehen habe,<lb/> das ging so aufgetakelt wie die Gebsdorfer Botenliese, aber daß die Uniform nicht<lb/> den Feldherrn macht, das weiß ich so gut wie Sie. Nein nein, der alte Gerlach<lb/> läßt sich nichts weismachen!</p><lb/> <p xml:id="ID_788"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <note type="argument"> (Noch einmal die internationale Lage. Englands Absichten.</note><lb/> <div n="2"> <head> Reichsspiegel.</head><lb/> <note type="argument"> Deutschland und Frankreich.)</note><lb/> <p xml:id="ID_789"> Wir müssen noch einmal auf die Weltlage und die auswärtige Politik des<lb/> Reichs zurückkommen. Schon vor acht Tagen wurde an dieser Stelle erwähnt, wie<lb/> sehr sich jetzt die auswärtige Politik Spaniens im Schlepptau der englischen bewegt.<lb/> Zu Beginn der vorigen Woche hat eine Zusammenkunft zwischen König Eduard<lb/> und König Alfons in Cartagena stattgefunden. Eine Flottenparade, die das Selbst¬<lb/> gefühl der Spanier nicht gerade angenehm berührt haben mag, und die bei solchen<lb/> Begegnungen üblichen Bekundungen verwandtschaftlicher Herzlichkeit geben der Zu¬<lb/> sammenkunft das Gepräge.</p><lb/> <p xml:id="ID_790" next="#ID_791"> Natürlich hat sich die Presse aller Länder mit diesem Ereignis viel beschäftigt.<lb/> Das Urteil unsrer Presse konnte bei der bekannten, weit verbreiteten Richtung unsrer<lb/> öffentlichen Meinung in der Hauptsache nur das erwartete sein. Wieder dieser</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0164]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Herrn haben wie du, bleiben in untergeordneten Stellungen. Wenn der Kaiser
noch bei Verstände wäre, machte er dich heute noch zum General. Ich fuhr mit
der Hand in die Tasche und griff nach der Nuß. Sie brannte mir zwischen den
Fingern wie eine glühende Kohle. Hätte ich sie nur von mir geschleudert!
Dann kamen die entsetzlichen Tage der Schlacht. Mir war, als ob jedes
feindliche Gewehr nur auf mich angeschlagen würde. Ergraute Offiziere fragten
mich, was sie tun sollten, mich, der ich von der Kriegskunst so viel verstehe wie
ein neugebornes Kind! Ich erteilte ihnen Rat, so gut ichs vermochte, aber bei der
allgemeinen Verwirrung dachte keiner daran, ihn zu befolgen. Ich fühlte, wie die
Not der Unsern das schlummernde Feldherrgenie in mir weckte, aber nun wars zu
spät, Mutlosigkeit und Insubordination waren schon zu tief eingerissen, als daß ich
das drohende Verderben noch hätte abwenden können. Als die große Retirade
begann, rief mir mitten im Gedränge der Herzog von Bassano zu: General,
weshalb haben Sie Korporalsuniform angelegt? Wie sollen Ihre Soldaten Sie
erkennen? Ein Chauffeur stieß mit dem Kolben nach mir und schrie: Seht den
Löwen in der Eselshaut! Er hätte uns retten können und glaubt dem Verderben
zu entgehen, indem er seinen Rang verleugnet! Mich überläufts noch, wenn ich
an diese schrecklichen Stunden denke. Ich sollte für alles Unglück verantwortlich
sein, und fast wäre ich unter der Last dieser Anklagen zusammengebrochen, denn
ich wußte nur zu gut, daß sie berechtigt waren. Ich war meines Lebens nicht
mehr sicher, und nicht viel fehlte, so hätten mich meine Kameraden niedergestoßen.
Da gelang es nur, eine Seitengasse zu erreichen und unbemerkt in dieses Haus zu
schlüpfen. Nun bin ich hier, wäre ich doch erst wieder bei meinem BataillonI
Er hatte bis jetzt mit der Nuß gespielt und steckte sie nun wieder in die
Westentasche. Gerlach blinzelte ihm zu und sagte: Die Nuß in Ehren! Aber daß
Sie kein General fein sollen, das glaub ich nie und nimmer. Da mögen Sie
sagen, was Sie wollen. Freilich, was ich sonst von hohen Offizieren gesehen habe,
das ging so aufgetakelt wie die Gebsdorfer Botenliese, aber daß die Uniform nicht
den Feldherrn macht, das weiß ich so gut wie Sie. Nein nein, der alte Gerlach
läßt sich nichts weismachen!
(Fortsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
(Noch einmal die internationale Lage. Englands Absichten.
Reichsspiegel.
Deutschland und Frankreich.)
Wir müssen noch einmal auf die Weltlage und die auswärtige Politik des
Reichs zurückkommen. Schon vor acht Tagen wurde an dieser Stelle erwähnt, wie
sehr sich jetzt die auswärtige Politik Spaniens im Schlepptau der englischen bewegt.
Zu Beginn der vorigen Woche hat eine Zusammenkunft zwischen König Eduard
und König Alfons in Cartagena stattgefunden. Eine Flottenparade, die das Selbst¬
gefühl der Spanier nicht gerade angenehm berührt haben mag, und die bei solchen
Begegnungen üblichen Bekundungen verwandtschaftlicher Herzlichkeit geben der Zu¬
sammenkunft das Gepräge.
Natürlich hat sich die Presse aller Länder mit diesem Ereignis viel beschäftigt.
Das Urteil unsrer Presse konnte bei der bekannten, weit verbreiteten Richtung unsrer
öffentlichen Meinung in der Hauptsache nur das erwartete sein. Wieder dieser
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