Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Der kleine Napoleon Tage. Diese Tage hoben sie mit langsamen Händen heraus aus der grauen Unerwartet für ihn und alle, die ihn liebten, und wer ihn kannte, liebte ihn, T>er kleine Napoleon Marthe Renate Fischer Novelle von(Schluß) i er Tag war unbarmherzig heiß. Wellen unsichtbaren Feuers flössen Aber die Dorfkinder waren im Freien und hüteten die Gänse Und hatten noch Unfug im Kopf, denn sie neckten ein Ochsengespann, das Die Kinder ahmten das surren der Biesfliege nach, den eintönigen sanften Darüber wurden die Ochsen unruhig. Der Ochsenknecht schwippte nach den Kindern mit der Peitsche, um sie zu Nun nahmen die Ochsen die Schwänze hoch und gingen durch. Brüllend mit schreckhafter Wildheit rasten sie davon und überholten die Brüllend in rasender Wut jagten sie hinter dein Wagen der Tante her. Ihre gefährlich spitzen Hörner dräuten, ihre Schwänze standen steil auf und Und dann kam rechts ein Feldweg, um den sich die Ochsen veruneinigten, Der kleine Napoleon Tage. Diese Tage hoben sie mit langsamen Händen heraus aus der grauen Unerwartet für ihn und alle, die ihn liebten, und wer ihn kannte, liebte ihn, T>er kleine Napoleon Marthe Renate Fischer Novelle von(Schluß) i er Tag war unbarmherzig heiß. Wellen unsichtbaren Feuers flössen Aber die Dorfkinder waren im Freien und hüteten die Gänse Und hatten noch Unfug im Kopf, denn sie neckten ein Ochsengespann, das Die Kinder ahmten das surren der Biesfliege nach, den eintönigen sanften Darüber wurden die Ochsen unruhig. Der Ochsenknecht schwippte nach den Kindern mit der Peitsche, um sie zu Nun nahmen die Ochsen die Schwänze hoch und gingen durch. Brüllend mit schreckhafter Wildheit rasten sie davon und überholten die Brüllend in rasender Wut jagten sie hinter dein Wagen der Tante her. 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So taten sie dem langen Hunger<lb/> des Herzens Genüge, bald in stiller Zärtlichkeit, bald in ernstem Gespräch,<lb/> und füllten in ihr Leben einen neuen Schatz süßer Erinnerung."</p><lb/> <p xml:id="ID_377"> Unerwartet für ihn und alle, die ihn liebten, und wer ihn kannte, liebte ihn,<lb/> ist sein Ende gekommen. Es schien kaum eine Krankheit zu sein, denn alle<lb/> Organe waren gesund; nur das Herz zeigte eine beängstigende Schwäche, und<lb/> am 22. Januar dieses Jahres hat es leise aufgehört zu schlagen. Er hat sich<lb/> in seiner eignen reinen Flamme verzehrt, aber sein Andenken steigt leuchtend<lb/> aus der Asche empor.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> T>er kleine Napoleon<lb/><note type="byline"> Marthe Renate Fischer</note> Novelle von(Schluß)</head><lb/> <p xml:id="ID_378"> i er Tag war unbarmherzig heiß. Wellen unsichtbaren Feuers flössen<lb/> durch die Luft, Wellen gegenstandlosen Feuers, das ohne Flammen<lb/> Abrannte. 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Der kleine Napoleon
Tage. Diese Tage hoben sie mit langsamen Händen heraus aus der grauen
Menge der Geschäftsgenossen, staubten sie ab und hüllten sie in lauteres
Gold. Da gehörten sie einander an vom Morgen bis zum Abend, wanderten
durch den grünen Wald, ruhten aus, wo es schön war, übernachteten, wo es
reinlich aussah und man sie nicht kannte. So taten sie dem langen Hunger
des Herzens Genüge, bald in stiller Zärtlichkeit, bald in ernstem Gespräch,
und füllten in ihr Leben einen neuen Schatz süßer Erinnerung."
Unerwartet für ihn und alle, die ihn liebten, und wer ihn kannte, liebte ihn,
ist sein Ende gekommen. Es schien kaum eine Krankheit zu sein, denn alle
Organe waren gesund; nur das Herz zeigte eine beängstigende Schwäche, und
am 22. Januar dieses Jahres hat es leise aufgehört zu schlagen. Er hat sich
in seiner eignen reinen Flamme verzehrt, aber sein Andenken steigt leuchtend
aus der Asche empor.
T>er kleine Napoleon
Marthe Renate Fischer Novelle von(Schluß)
i er Tag war unbarmherzig heiß. Wellen unsichtbaren Feuers flössen
durch die Luft, Wellen gegenstandlosen Feuers, das ohne Flammen
Abrannte. Heiß, trocken, zentnerschwer war die Luft.
Aber die Dorfkinder waren im Freien und hüteten die Gänse
> und die kleinen Geschwister. Sie hockten im Häuserschatteu und lagen
! unter den Bäumen und Sträuchern am Grabenrand.
Und hatten noch Unfug im Kopf, denn sie neckten ein Ochsengespann, das
daher trottete. Eben war die Tante vorübergefahren und vor der Tante die
Möbelfuhre, die der Student bald überholte.
Die Kinder ahmten das surren der Biesfliege nach, den eintönigen sanften
S-Laut. Sie schöpften tief Atem und stießen den S-Laut ohne Unterbrechung aus,
bis sie braun im Gesicht wurden, weil ihnen die Luft verging.
Darüber wurden die Ochsen unruhig.
Der Ochsenknecht schwippte nach den Kindern mit der Peitsche, um sie zu
vertreiben, und traf sein Gespann, das die Kinder weiter umkreisten immer mit
dem gefährlichen Surrlaut, der aus der Kehle trompetend heraufsteigt und sich an
den geschlossenen Zähnen bricht.
Nun nahmen die Ochsen die Schwänze hoch und gingen durch.
Brüllend mit schreckhafter Wildheit rasten sie davon und überholten die
Möbelfuhre.
Brüllend in rasender Wut jagten sie hinter dein Wagen der Tante her.
Ihre gefährlich spitzen Hörner dräuten, ihre Schwänze standen steil auf und
schwangen.
Und dann kam rechts ein Feldweg, um den sich die Ochsen veruneinigten,
denn der eine wollte auf der geraden Straße bleiben, während der andre den
Feldweg einschlagen wollte.
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