Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches klubs sind in England unantastbare Dogmen geworden, Wohl aber ist ein unver¬ Heidelberger Schloß. Schon im Jahre 1902 schrieb ich in den Grenz¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches klubs sind in England unantastbare Dogmen geworden, Wohl aber ist ein unver¬ Heidelberger Schloß. Schon im Jahre 1902 schrieb ich in den Grenz¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0287" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300074"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1018" prev="#ID_1017"> klubs sind in England unantastbare Dogmen geworden, Wohl aber ist ein unver¬<lb/> äußerliches Unterpfand des sozialen Friedens geblieben: billige Nahrung." Daran,<lb/> wird später nachgewiesen, wagten auch Chamberlain und seine Imperialisten nicht<lb/> zu rütteln. In Beziehung auf die Folgerungen, die der Verfasser für Deutschland<lb/> daraus zieht, empfehlen wir den Lesern kritische Vorsicht. — Ein andrer Autor,<lb/> Dr. Richard Schüller, urteilt: „Durch die extreme Freihandelspolitik Gro߬<lb/> britanniens wird die englische Landwirtschaft geschädigt, ein Teil der englischen<lb/> Industrien auf dem heimischen Markte zurückgedrängt und der britische Export sehr<lb/> stark eingeschränkt. Dazu kommt noch, daß die andern Staaten die Preise der<lb/> englischen Waren, die sie beziehn, Herabdrücken, sodaß Großbritannien einen jährlich<lb/> viele Millionen betragenden Teil der Solleinnahmen der andern Staaten bezahlt.<lb/> Durch eine gemäßigte Schutzzollpolitik könnte England nicht allein diese Schädigungen<lb/> vermeiden, sondern auch den andern Staaten Zugeständnisse abringen, wie Chamberlai?<lb/> hervorgehoben hat: »Wenn wir Waffen zur Wiedervergeltung in der Hand hätten<lb/> könnten wir die Welt dem Freihandel näher bringen, als sie jemals feit Cobdens<lb/> Zeit gewesen ist.« Schüller findet, daß die Theorie der Handelspolitik in der<lb/> neuern Zeit arg vernachlässigt worden ist, und er will diesem Mangel abhelfen durch<lb/> das Buch: Schutzzoll und Freihandel; die Voraussetzungen und Grenzen ihrer<lb/> Berechtigung. (Wien, bei F. Tempsky, und Leipzig, bei G. Freytag, 1905.) Er<lb/> untersucht sehr gründlich die Verschiedenheit der Produktionskosten, die Voraus¬<lb/> setzungen der Exportfähigkeit, die Wirkungen der Einfuhr auf Produktion und<lb/> Konsum, die Regelung der Einfuhr und die zollpolitischen Verhältnisse unsrer Zeit<lb/> einschließlich der Kartelle. Von den Regeln, die sich ihm aus seinen Untersuchungen<lb/> ergeben, führen wir eine an: „Je geringer die Spannung zwischen den höchsten<lb/> und den niedrigsten Kosten der inländischen Produktion, und je geringer bei Waren,<lb/> die ohne Zollschutz im Inlande überhaupt nicht erzeugt werden können, die Über¬<lb/> legenheit des Auslands ist, desto größer ist der Vorteil des Zolls, die Steigerung<lb/> der Produktion, im Verhältnis zum Nachteil, zur Belastung der Konsumenten." —<lb/> Von andern Sachen, die uns zugegangen sind, nennen wir ein neues Bändchen<lb/> der Sammlung Göschen: Finanzwissenschaft von Dr. R, van der Borght,<lb/> Das Haus Parish in Hamburg (2. Band des Werkes: Große Vermögen,<lb/> ihre Entstehung und ihre Bedeutung) von Dr. Richard Ehrenberg, Professor<lb/> der Staatswissenschaften an der Universität Rostock (Jena. Gustav Fischer, 1905)<lb/> und die neue Monatschrift: K-/ lische Blätter für die gesamten Sozial¬<lb/> wissenschaften, die seit Anfang dieses Jahres von Dr. Hermann Beck in<lb/> Verbindung mit Dr. Hans Dorn und Dr. Othmar Spann im Verlage von<lb/> O. V. Böhmert in Dresden herausgegeben wird.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Heidelberger Schloß.</head> <p xml:id="ID_1019" next="#ID_1020"> Schon im Jahre 1902 schrieb ich in den Grenz¬<lb/> boten (H, S. 565) einen kurzen Aufsatz für den Wiederaufbau des Heidelberger<lb/> Schlosses. Jetzt tobt der Kampf wieder, und wunderbarerweise hat am 9. Juli<lb/> dieses Jahres die zweite badische Kammer nach fünfstündiger Verhandlung den von<lb/> der Regierung verlangten Betrag von 100 000 Mark zum Wiederaufbau des Ott-<lb/> Heinrichbaues mit allen gegen sechs Stimmen abgelehnt. Alle Reden des Ministers<lb/> waren umsonst. Es ist doch allgemein von Fachmännern anerkannt, daß man<lb/> gänzlich außerstande sei. eine Ruine so zu reparieren, daß jede Gefahr eines Ein¬<lb/> sturzes ausgeschlossen bleibt. Wer einmal vom Heidelberger Schloß herunter den<lb/> Promenadenweg an der Ruine vorbeigegangen ist, dem muß es klar geworden sem,<lb/> daß die außerordentlich hohe Mauer, an der man da vorbeigeht, eme ständige Ge¬<lb/> fahr des Einsturzes bietet. Der Bamberger Denkmalstag im letzten Jahre sowie</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0287]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
klubs sind in England unantastbare Dogmen geworden, Wohl aber ist ein unver¬
äußerliches Unterpfand des sozialen Friedens geblieben: billige Nahrung." Daran,
wird später nachgewiesen, wagten auch Chamberlain und seine Imperialisten nicht
zu rütteln. In Beziehung auf die Folgerungen, die der Verfasser für Deutschland
daraus zieht, empfehlen wir den Lesern kritische Vorsicht. — Ein andrer Autor,
Dr. Richard Schüller, urteilt: „Durch die extreme Freihandelspolitik Gro߬
britanniens wird die englische Landwirtschaft geschädigt, ein Teil der englischen
Industrien auf dem heimischen Markte zurückgedrängt und der britische Export sehr
stark eingeschränkt. Dazu kommt noch, daß die andern Staaten die Preise der
englischen Waren, die sie beziehn, Herabdrücken, sodaß Großbritannien einen jährlich
viele Millionen betragenden Teil der Solleinnahmen der andern Staaten bezahlt.
Durch eine gemäßigte Schutzzollpolitik könnte England nicht allein diese Schädigungen
vermeiden, sondern auch den andern Staaten Zugeständnisse abringen, wie Chamberlai?
hervorgehoben hat: »Wenn wir Waffen zur Wiedervergeltung in der Hand hätten
könnten wir die Welt dem Freihandel näher bringen, als sie jemals feit Cobdens
Zeit gewesen ist.« Schüller findet, daß die Theorie der Handelspolitik in der
neuern Zeit arg vernachlässigt worden ist, und er will diesem Mangel abhelfen durch
das Buch: Schutzzoll und Freihandel; die Voraussetzungen und Grenzen ihrer
Berechtigung. (Wien, bei F. Tempsky, und Leipzig, bei G. Freytag, 1905.) Er
untersucht sehr gründlich die Verschiedenheit der Produktionskosten, die Voraus¬
setzungen der Exportfähigkeit, die Wirkungen der Einfuhr auf Produktion und
Konsum, die Regelung der Einfuhr und die zollpolitischen Verhältnisse unsrer Zeit
einschließlich der Kartelle. Von den Regeln, die sich ihm aus seinen Untersuchungen
ergeben, führen wir eine an: „Je geringer die Spannung zwischen den höchsten
und den niedrigsten Kosten der inländischen Produktion, und je geringer bei Waren,
die ohne Zollschutz im Inlande überhaupt nicht erzeugt werden können, die Über¬
legenheit des Auslands ist, desto größer ist der Vorteil des Zolls, die Steigerung
der Produktion, im Verhältnis zum Nachteil, zur Belastung der Konsumenten." —
Von andern Sachen, die uns zugegangen sind, nennen wir ein neues Bändchen
der Sammlung Göschen: Finanzwissenschaft von Dr. R, van der Borght,
Das Haus Parish in Hamburg (2. Band des Werkes: Große Vermögen,
ihre Entstehung und ihre Bedeutung) von Dr. Richard Ehrenberg, Professor
der Staatswissenschaften an der Universität Rostock (Jena. Gustav Fischer, 1905)
und die neue Monatschrift: K-/ lische Blätter für die gesamten Sozial¬
wissenschaften, die seit Anfang dieses Jahres von Dr. Hermann Beck in
Verbindung mit Dr. Hans Dorn und Dr. Othmar Spann im Verlage von
O. V. Böhmert in Dresden herausgegeben wird.
Heidelberger Schloß. Schon im Jahre 1902 schrieb ich in den Grenz¬
boten (H, S. 565) einen kurzen Aufsatz für den Wiederaufbau des Heidelberger
Schlosses. Jetzt tobt der Kampf wieder, und wunderbarerweise hat am 9. Juli
dieses Jahres die zweite badische Kammer nach fünfstündiger Verhandlung den von
der Regierung verlangten Betrag von 100 000 Mark zum Wiederaufbau des Ott-
Heinrichbaues mit allen gegen sechs Stimmen abgelehnt. Alle Reden des Ministers
waren umsonst. Es ist doch allgemein von Fachmännern anerkannt, daß man
gänzlich außerstande sei. eine Ruine so zu reparieren, daß jede Gefahr eines Ein¬
sturzes ausgeschlossen bleibt. Wer einmal vom Heidelberger Schloß herunter den
Promenadenweg an der Ruine vorbeigegangen ist, dem muß es klar geworden sem,
daß die außerordentlich hohe Mauer, an der man da vorbeigeht, eme ständige Ge¬
fahr des Einsturzes bietet. Der Bamberger Denkmalstag im letzten Jahre sowie
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