Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Die deutsche Iahrhundertansstellnng !n der Nationalzalerie sind die Vorbilder. Die antike Mythologie, aber auch die durch Nicolas Poussin Die präraffaeliten Bald jedoch hat man sich die alten Ideale satt gesehen. Man verlangt Parallel mit diesen Nazarenem gehn einige Meister des Empire, die mehr Die deutsche Iahrhundertansstellnng !n der Nationalzalerie sind die Vorbilder. Die antike Mythologie, aber auch die durch Nicolas Poussin Die präraffaeliten Bald jedoch hat man sich die alten Ideale satt gesehen. Man verlangt Parallel mit diesen Nazarenem gehn einige Meister des Empire, die mehr <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0481" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299522"/> <fw type="header" place="top"> Die deutsche Iahrhundertansstellnng !n der Nationalzalerie</fw><lb/> <p xml:id="ID_2130" prev="#ID_2129"> sind die Vorbilder. Die antike Mythologie, aber auch die durch Nicolas Poussin<lb/> und Gaspar Dughet klassisch gestaltete Campagnalandschaft mit den vorge¬<lb/> schobnen Kulissen wird das Vorbild. Um Joseph Anton Koch (1768 bis 1839),<lb/> den derben Bauernsohn aus Tirol, schart sich die deutsche Kolonie. Die heroische<lb/> Landschaft wird von ihm besonders gepflegt, und die Kulissenmalerei des Kaspar<lb/> Dughet und seiner Schule blüht wieder auf.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Die präraffaeliten</head><lb/> <p xml:id="ID_2131"> Bald jedoch hat man sich die alten Ideale satt gesehen. Man verlangt<lb/> nach Naivität und schlichter Natur. Die Meister vor Raffael, der stille Mönch<lb/> von S. Marco, Fra Angelico oder auch die Kölner Meister des fünfzehnten<lb/> Jahrhunderts scheinen sie zu geben. Die Gruppe der Präraffaeliten oder<lb/> Nazarener, die im Kloster von S. Jsidoro ein beschauliches, weltabgeschiednes<lb/> Leben führen, bedeuten den Rückschlag, die Buße für die Anbetung alter Götter.<lb/> Reumütig kehrt man zum Christentum zurück. Cornelius, Overbeck, Veit, die<lb/> beiden Schmorr von Carolsfeld, Führich sind die bekanntesten Namen. Sie sind<lb/> in geringer Zahl vertreten. Und unter den aufgestellten Bildern sind eigent¬<lb/> lich nicht die Werke, die sie in ihrem eignen Innern für die wichtigern erachtet<lb/> haben, d. h. nicht die alten Meistern ncichempfundnen Darstellungen aus der<lb/> Bibel, sondern die Porträts das beste. Cornelius zeigt auf den Bildnissen von<lb/> 1810 (289/89^) noch Rokokomache. Schon wenig Jahre danach erweisen Bilder<lb/> wie die unvollendete Grablegung von 1815 (237), ferner seine Fresken (290 a und d)<lb/> den Sieg der linearen Freskotechnik, wo die Farbe nur als Illumination der<lb/> Flächen erscheint. Von Overbeck, dem süßlichsten der Gruppe, ist das beste sein<lb/> schlichtes Jugendporträt (1232). Als einer der besten in Klarheit der Zeich¬<lb/> nung, Festigkeit der Formgebung und im Ausdruck erweist sich Julius Schmorr<lb/> von Carolsfeld. Das Porträt seiner jungen Frau (1573) ist entzückend im Aus¬<lb/> druck, fest in der Zeichnung und Farbe. Führichs Mariengang ist weich in der<lb/> Empfindung und in der landschaftlichen Stimmung. Veith Porträts sind von großer<lb/> Körperlosigkeit, aber fein und delikat im Ton. Die Landschaft vertritt in diesem<lb/> Kreise I. H. von Olivier (1785 bis 1841), dessen Franziskanerkloster in Salzburg<lb/> (1278) von außergewöhnlicher Tiefe und Kraft der Töne ist. Neben ihm tritt<lb/> ein Unbekannter, K. Th. Föhr (1795 bis 1818) auf, dessen tief getönte, kräftige<lb/> Landschaft Ur. 496 und noch mehr seine frischen Naturstudien (2406, 2411)<lb/> den Beginn einer realistischen Stimmungslandschaft zeigen. Alle diese Nazarener<lb/> sind in der Zeichnung viel besser. Gerade bei ihnen lohnt es sich, die Hand¬<lb/> zeichnungen durchzustudieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_2132" next="#ID_2133"> Parallel mit diesen Nazarenem gehn einige Meister des Empire, die mehr<lb/> an die französischen Klassizisten anknüpfen. G. Schick (1774 bis 1812) ist ein<lb/> Schüler L. Davids. Theatralische Pose, harte Linienführung, bunte, kalte Töne<lb/> verleihen den Bildern etwas abstoßendes. Bei andern Meistern wirken die Köpfe<lb/> wie Gipsabgüsse in ihrem glatten, bleichen Carnat, so auf deu Porträts des<lb/> Bernhard Rausch (1384/85). Als eleganter, kühler Hofmaler erscheint der ge¬<lb/> feierte Porträtmaler F. X. Winterhalter (1806 bis 1873). Gegenüber dieser Härte<lb/> und Kühle streben andre Portrütisten nach lebhaftem Farben. Julius Hübner</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0481]
Die deutsche Iahrhundertansstellnng !n der Nationalzalerie
sind die Vorbilder. Die antike Mythologie, aber auch die durch Nicolas Poussin
und Gaspar Dughet klassisch gestaltete Campagnalandschaft mit den vorge¬
schobnen Kulissen wird das Vorbild. Um Joseph Anton Koch (1768 bis 1839),
den derben Bauernsohn aus Tirol, schart sich die deutsche Kolonie. Die heroische
Landschaft wird von ihm besonders gepflegt, und die Kulissenmalerei des Kaspar
Dughet und seiner Schule blüht wieder auf.
Die präraffaeliten
Bald jedoch hat man sich die alten Ideale satt gesehen. Man verlangt
nach Naivität und schlichter Natur. Die Meister vor Raffael, der stille Mönch
von S. Marco, Fra Angelico oder auch die Kölner Meister des fünfzehnten
Jahrhunderts scheinen sie zu geben. Die Gruppe der Präraffaeliten oder
Nazarener, die im Kloster von S. Jsidoro ein beschauliches, weltabgeschiednes
Leben führen, bedeuten den Rückschlag, die Buße für die Anbetung alter Götter.
Reumütig kehrt man zum Christentum zurück. Cornelius, Overbeck, Veit, die
beiden Schmorr von Carolsfeld, Führich sind die bekanntesten Namen. Sie sind
in geringer Zahl vertreten. Und unter den aufgestellten Bildern sind eigent¬
lich nicht die Werke, die sie in ihrem eignen Innern für die wichtigern erachtet
haben, d. h. nicht die alten Meistern ncichempfundnen Darstellungen aus der
Bibel, sondern die Porträts das beste. Cornelius zeigt auf den Bildnissen von
1810 (289/89^) noch Rokokomache. Schon wenig Jahre danach erweisen Bilder
wie die unvollendete Grablegung von 1815 (237), ferner seine Fresken (290 a und d)
den Sieg der linearen Freskotechnik, wo die Farbe nur als Illumination der
Flächen erscheint. Von Overbeck, dem süßlichsten der Gruppe, ist das beste sein
schlichtes Jugendporträt (1232). Als einer der besten in Klarheit der Zeich¬
nung, Festigkeit der Formgebung und im Ausdruck erweist sich Julius Schmorr
von Carolsfeld. Das Porträt seiner jungen Frau (1573) ist entzückend im Aus¬
druck, fest in der Zeichnung und Farbe. Führichs Mariengang ist weich in der
Empfindung und in der landschaftlichen Stimmung. Veith Porträts sind von großer
Körperlosigkeit, aber fein und delikat im Ton. Die Landschaft vertritt in diesem
Kreise I. H. von Olivier (1785 bis 1841), dessen Franziskanerkloster in Salzburg
(1278) von außergewöhnlicher Tiefe und Kraft der Töne ist. Neben ihm tritt
ein Unbekannter, K. Th. Föhr (1795 bis 1818) auf, dessen tief getönte, kräftige
Landschaft Ur. 496 und noch mehr seine frischen Naturstudien (2406, 2411)
den Beginn einer realistischen Stimmungslandschaft zeigen. Alle diese Nazarener
sind in der Zeichnung viel besser. Gerade bei ihnen lohnt es sich, die Hand¬
zeichnungen durchzustudieren.
Parallel mit diesen Nazarenem gehn einige Meister des Empire, die mehr
an die französischen Klassizisten anknüpfen. G. Schick (1774 bis 1812) ist ein
Schüler L. Davids. Theatralische Pose, harte Linienführung, bunte, kalte Töne
verleihen den Bildern etwas abstoßendes. Bei andern Meistern wirken die Köpfe
wie Gipsabgüsse in ihrem glatten, bleichen Carnat, so auf deu Porträts des
Bernhard Rausch (1384/85). Als eleganter, kühler Hofmaler erscheint der ge¬
feierte Porträtmaler F. X. Winterhalter (1806 bis 1873). Gegenüber dieser Härte
und Kühle streben andre Portrütisten nach lebhaftem Farben. Julius Hübner
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |