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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

aber nun einmal in Deutschland unter die Großen mit eingereiht werden, so ist sein
Friedrich der Große das Werk, gegen das sich am wenigsten einwenden läßt, wenn
wir es auch vorziehen, uns mit diesem Nationalhelden durch einen Band Anekdoten
und durch Kugler und Koser vertraut zu machen.


Johannes Proelß: Friedrich Stoltze und Frankfurt a.M. (

Neuer Frank¬
furter Verlag.) Da unter den sämtlichen neuern deutscheu Dialekthumoristen Stoltze auch
heute noch am wenigsten bekannt ist, muß jeder Versuch, ihn dem Publikum näher zu
bringen, willkommen geheißen werden. Denn Stoltze ist unter den lustigen Geistern
des neunzehnten Jahrhunderts vielleicht der drolligste und keckste, der, der durch seine
Eulenspiegeleien dem Volksgeschmack am nächsten und doch darüber steht, der, der
den Charakter des Stammes, aus dem er hervorgegangen ist, so treu ausprägt,
wie wir dies zum zweitenmal nur bei Fritz Reuter finden. Es liegt nur an der
Unschönheit des Frankfurter Dialekts, daß die Gesamtausgabe von Stoltzes Werken
noch nicht in allen Hausbibliotheken zu finden ist Vielleicht könnte sie auch etwas
billiger sein. Daß die Arbeit von Proelß an diesen Verhältnissen etwas ändern wird,
bezweifeln wir. Sie nennt sich ein "Zeit- und Lebensbild", breitet sich aber über
die Zeit Stoltzes und auch ihre bekanntesten Ereignisse mit einem Behagen und einer
falschen Gründlichkeit aus, die Stoltze entsetzt haben würden. Seine Absicht, in das
"Milieu" und die geschichtlichen und die lokalen Unterlagen der Werke des Frankfurter
Humoristen einzuführen, hätte Proelß zehnmal kürzer ausführen müssen. Wars ihm
aber darum zu tun, seine bei den Stoltzestudien erworbnen Kenntnisse in der Frank¬
furter Lokalgeschichte an den Mann zu bringen, so hätte er das in einem Buch für
sich versuchen sollen. Die Verkoppelung der beiden Pläne stellt auch die gutmütigsten
Leser vor eine zu starke Geduldsprobe. Zu wünschen wäre, daß das Buch von Proelß
die Literaturgeschichte und den Verlag anregte, sich etwas planmäßig um die deutschen
Volkshumoristen des Vormärz zu kümmern. Die Zeit, die den "Dorfbarbier", die
"Fliegenden Blätter" und den allerdings boshaftem "Kladderadatsch" ins Leben ge¬
rufen hat, hatte in allen deutschen Staaten Virtuosen der guten Laune aufzuweisen,
die wie Stolle, Drobisch, Sommer heute mit Unrecht halbvergessen sind. Eine
geschickt zusammengestellte Anthologie wäre da wohl am Platze!


Kosmos.

Das Bedürfnis nach naturwissenschaftlicher Belehrung, das sich
erfreulicherweise in immer weitern Kreisen geltend macht, hat vor etwa zwei
Jahren zur Gründung einer Gesellschaft von Naturfreunden geführt, die unter dem
Namen "Kosmos" in Stuttgart ins Leben getreten ist. Für einen Jahresbeitrag
von 4.80 Mark erhalten die Mitglieder jährlich fünf in sich abgeschlossene Bändchen
-- für das Jahr 1906 sind folgende zum Teil schon erschienen, zum Teil in Vor¬
bereitung: France, R. H., Das Liebesleben der Pflanzen; Meyer, M. Will)., Die
Rätsel der Erdpole; Amme, W. Die Seele des Kindes; Bölsche. Will)., Im Stein¬
kohlenwald; Zell, Th., Streifzüge durch die Tierwelt -- und außerdem die Monats¬
schrift "Kosmos", Handweiser für Naturfreunde (Geschäftsstelle: Franckhsche Buch¬
handlung, Stuttgart), die von NichtMitgliedern zum Preise von 2 Mark 80 Pfennig
bezogen werden kann. Vom laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift liegen uns die
beiden ersten Hefte vor, die wir. obwohl der naturphilosophische Standpunkt ein¬
zelner Mitarbeiter nicht immer der unsrige ist. mit großem Interesse, ja sogar mit
Spannung gelesen haben. Das gilt namentlich von zwei Aufsätzen, die dem be¬
rühmten Werke von I. H. Fabre, 3onvsuirs sntoilloloAi^usL, entnommen und in
vortrefflicher Übersetzung wiedergegeben sind. Der erste behandelt die Netze und
die Nester der Kreuzspinnen und gibt uns einen Begriff von der außerordentlich
sinnreichen, aber dabei durchaus maschinenmäßig betriebnen Spinn- und Webetechnik
dieses allbekannten Gliederfüßers. Fabre hat seine Versuche an gefangnen Exem¬
plaren, die er unter Drahtglocken aufbewahrte, angestellt und der Herstellung der
merkwürdigen, mit Rücksicht auf die Überwinterung der Eier sehr sorgfältig ge-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

aber nun einmal in Deutschland unter die Großen mit eingereiht werden, so ist sein
Friedrich der Große das Werk, gegen das sich am wenigsten einwenden läßt, wenn
wir es auch vorziehen, uns mit diesem Nationalhelden durch einen Band Anekdoten
und durch Kugler und Koser vertraut zu machen.


Johannes Proelß: Friedrich Stoltze und Frankfurt a.M. (

Neuer Frank¬
furter Verlag.) Da unter den sämtlichen neuern deutscheu Dialekthumoristen Stoltze auch
heute noch am wenigsten bekannt ist, muß jeder Versuch, ihn dem Publikum näher zu
bringen, willkommen geheißen werden. Denn Stoltze ist unter den lustigen Geistern
des neunzehnten Jahrhunderts vielleicht der drolligste und keckste, der, der durch seine
Eulenspiegeleien dem Volksgeschmack am nächsten und doch darüber steht, der, der
den Charakter des Stammes, aus dem er hervorgegangen ist, so treu ausprägt,
wie wir dies zum zweitenmal nur bei Fritz Reuter finden. Es liegt nur an der
Unschönheit des Frankfurter Dialekts, daß die Gesamtausgabe von Stoltzes Werken
noch nicht in allen Hausbibliotheken zu finden ist Vielleicht könnte sie auch etwas
billiger sein. Daß die Arbeit von Proelß an diesen Verhältnissen etwas ändern wird,
bezweifeln wir. Sie nennt sich ein „Zeit- und Lebensbild", breitet sich aber über
die Zeit Stoltzes und auch ihre bekanntesten Ereignisse mit einem Behagen und einer
falschen Gründlichkeit aus, die Stoltze entsetzt haben würden. Seine Absicht, in das
„Milieu" und die geschichtlichen und die lokalen Unterlagen der Werke des Frankfurter
Humoristen einzuführen, hätte Proelß zehnmal kürzer ausführen müssen. Wars ihm
aber darum zu tun, seine bei den Stoltzestudien erworbnen Kenntnisse in der Frank¬
furter Lokalgeschichte an den Mann zu bringen, so hätte er das in einem Buch für
sich versuchen sollen. Die Verkoppelung der beiden Pläne stellt auch die gutmütigsten
Leser vor eine zu starke Geduldsprobe. Zu wünschen wäre, daß das Buch von Proelß
die Literaturgeschichte und den Verlag anregte, sich etwas planmäßig um die deutschen
Volkshumoristen des Vormärz zu kümmern. Die Zeit, die den „Dorfbarbier", die
„Fliegenden Blätter" und den allerdings boshaftem „Kladderadatsch" ins Leben ge¬
rufen hat, hatte in allen deutschen Staaten Virtuosen der guten Laune aufzuweisen,
die wie Stolle, Drobisch, Sommer heute mit Unrecht halbvergessen sind. Eine
geschickt zusammengestellte Anthologie wäre da wohl am Platze!


Kosmos.

Das Bedürfnis nach naturwissenschaftlicher Belehrung, das sich
erfreulicherweise in immer weitern Kreisen geltend macht, hat vor etwa zwei
Jahren zur Gründung einer Gesellschaft von Naturfreunden geführt, die unter dem
Namen „Kosmos" in Stuttgart ins Leben getreten ist. Für einen Jahresbeitrag
von 4.80 Mark erhalten die Mitglieder jährlich fünf in sich abgeschlossene Bändchen
— für das Jahr 1906 sind folgende zum Teil schon erschienen, zum Teil in Vor¬
bereitung: France, R. H., Das Liebesleben der Pflanzen; Meyer, M. Will)., Die
Rätsel der Erdpole; Amme, W. Die Seele des Kindes; Bölsche. Will)., Im Stein¬
kohlenwald; Zell, Th., Streifzüge durch die Tierwelt — und außerdem die Monats¬
schrift „Kosmos", Handweiser für Naturfreunde (Geschäftsstelle: Franckhsche Buch¬
handlung, Stuttgart), die von NichtMitgliedern zum Preise von 2 Mark 80 Pfennig
bezogen werden kann. Vom laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift liegen uns die
beiden ersten Hefte vor, die wir. obwohl der naturphilosophische Standpunkt ein¬
zelner Mitarbeiter nicht immer der unsrige ist. mit großem Interesse, ja sogar mit
Spannung gelesen haben. Das gilt namentlich von zwei Aufsätzen, die dem be¬
rühmten Werke von I. H. Fabre, 3onvsuirs sntoilloloAi^usL, entnommen und in
vortrefflicher Übersetzung wiedergegeben sind. Der erste behandelt die Netze und
die Nester der Kreuzspinnen und gibt uns einen Begriff von der außerordentlich
sinnreichen, aber dabei durchaus maschinenmäßig betriebnen Spinn- und Webetechnik
dieses allbekannten Gliederfüßers. Fabre hat seine Versuche an gefangnen Exem¬
plaren, die er unter Drahtglocken aufbewahrte, angestellt und der Herstellung der
merkwürdigen, mit Rücksicht auf die Überwinterung der Eier sehr sorgfältig ge-


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[0407] Maßgebliches und Unmaßgebliches aber nun einmal in Deutschland unter die Großen mit eingereiht werden, so ist sein Friedrich der Große das Werk, gegen das sich am wenigsten einwenden läßt, wenn wir es auch vorziehen, uns mit diesem Nationalhelden durch einen Band Anekdoten und durch Kugler und Koser vertraut zu machen. Johannes Proelß: Friedrich Stoltze und Frankfurt a.M. ( Neuer Frank¬ furter Verlag.) Da unter den sämtlichen neuern deutscheu Dialekthumoristen Stoltze auch heute noch am wenigsten bekannt ist, muß jeder Versuch, ihn dem Publikum näher zu bringen, willkommen geheißen werden. Denn Stoltze ist unter den lustigen Geistern des neunzehnten Jahrhunderts vielleicht der drolligste und keckste, der, der durch seine Eulenspiegeleien dem Volksgeschmack am nächsten und doch darüber steht, der, der den Charakter des Stammes, aus dem er hervorgegangen ist, so treu ausprägt, wie wir dies zum zweitenmal nur bei Fritz Reuter finden. Es liegt nur an der Unschönheit des Frankfurter Dialekts, daß die Gesamtausgabe von Stoltzes Werken noch nicht in allen Hausbibliotheken zu finden ist Vielleicht könnte sie auch etwas billiger sein. Daß die Arbeit von Proelß an diesen Verhältnissen etwas ändern wird, bezweifeln wir. Sie nennt sich ein „Zeit- und Lebensbild", breitet sich aber über die Zeit Stoltzes und auch ihre bekanntesten Ereignisse mit einem Behagen und einer falschen Gründlichkeit aus, die Stoltze entsetzt haben würden. Seine Absicht, in das „Milieu" und die geschichtlichen und die lokalen Unterlagen der Werke des Frankfurter Humoristen einzuführen, hätte Proelß zehnmal kürzer ausführen müssen. Wars ihm aber darum zu tun, seine bei den Stoltzestudien erworbnen Kenntnisse in der Frank¬ furter Lokalgeschichte an den Mann zu bringen, so hätte er das in einem Buch für sich versuchen sollen. Die Verkoppelung der beiden Pläne stellt auch die gutmütigsten Leser vor eine zu starke Geduldsprobe. Zu wünschen wäre, daß das Buch von Proelß die Literaturgeschichte und den Verlag anregte, sich etwas planmäßig um die deutschen Volkshumoristen des Vormärz zu kümmern. Die Zeit, die den „Dorfbarbier", die „Fliegenden Blätter" und den allerdings boshaftem „Kladderadatsch" ins Leben ge¬ rufen hat, hatte in allen deutschen Staaten Virtuosen der guten Laune aufzuweisen, die wie Stolle, Drobisch, Sommer heute mit Unrecht halbvergessen sind. Eine geschickt zusammengestellte Anthologie wäre da wohl am Platze! Kosmos. Das Bedürfnis nach naturwissenschaftlicher Belehrung, das sich erfreulicherweise in immer weitern Kreisen geltend macht, hat vor etwa zwei Jahren zur Gründung einer Gesellschaft von Naturfreunden geführt, die unter dem Namen „Kosmos" in Stuttgart ins Leben getreten ist. Für einen Jahresbeitrag von 4.80 Mark erhalten die Mitglieder jährlich fünf in sich abgeschlossene Bändchen — für das Jahr 1906 sind folgende zum Teil schon erschienen, zum Teil in Vor¬ bereitung: France, R. H., Das Liebesleben der Pflanzen; Meyer, M. Will)., Die Rätsel der Erdpole; Amme, W. Die Seele des Kindes; Bölsche. Will)., Im Stein¬ kohlenwald; Zell, Th., Streifzüge durch die Tierwelt — und außerdem die Monats¬ schrift „Kosmos", Handweiser für Naturfreunde (Geschäftsstelle: Franckhsche Buch¬ handlung, Stuttgart), die von NichtMitgliedern zum Preise von 2 Mark 80 Pfennig bezogen werden kann. Vom laufenden Jahrgang dieser Zeitschrift liegen uns die beiden ersten Hefte vor, die wir. obwohl der naturphilosophische Standpunkt ein¬ zelner Mitarbeiter nicht immer der unsrige ist. mit großem Interesse, ja sogar mit Spannung gelesen haben. Das gilt namentlich von zwei Aufsätzen, die dem be¬ rühmten Werke von I. H. Fabre, 3onvsuirs sntoilloloAi^usL, entnommen und in vortrefflicher Übersetzung wiedergegeben sind. Der erste behandelt die Netze und die Nester der Kreuzspinnen und gibt uns einen Begriff von der außerordentlich sinnreichen, aber dabei durchaus maschinenmäßig betriebnen Spinn- und Webetechnik dieses allbekannten Gliederfüßers. Fabre hat seine Versuche an gefangnen Exem¬ plaren, die er unter Drahtglocken aufbewahrte, angestellt und der Herstellung der merkwürdigen, mit Rücksicht auf die Überwinterung der Eier sehr sorgfältig ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/407>, abgerufen am 27.06.2024.