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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Kredit
Paul Büchner von(Schluß)

>und der Kaufmann nimmt fast durchweg Kredit in Anspruch; Bar¬
zahlung leisten gewöhnlich nur der Exporteur, der Importeur
und der Großhändler. Das Ziel ist nach den Artikeln und den
! Produkten verschieden. Im allgemeinen kann man sagen, daß
I Geschäftszweige, die ihre Waren schnell absetzen, einen kurzen
Kredit brauchen, während die Kaufleute, die ein großes Lager unterhalten
müssen oder Saisongeschäfte machen, erst nach einem halben oder ganzen
Jahre zahlen. In den meisten Branchen wird nach drei Monaten reguliert,
im Konfektions- und im Putzgeschäft, wo Jahreszeit und Mode einen halb¬
jährigen Wechsel erzeugen, zahlt man am Schluß der Saison. In Kolonial-
und Krümerwaren, in denen das Lager schnell umgesetzt wird, wird ein vier¬
wöchiger Kredit gegeben, in Drogen, Chemikalien und Apothekerwaren ist ein
neunmonatiges, in Möbeln, Möbelstoffen, Teppichen, Baumaterialien, Glas,
Porzellan, Manufakturwaren. Modewaren, Wein und Zigarren ein sechs¬
monatiges Ziel üblich. Auch die Konsumvereine und andre genossenschaftliche
Verbünde, die nur gegen bar verkaufen, nutzen den gebräuchlichen Kredit aus,
da sie gewöhnlich nicht so stark fundiert sind, daß sie ohne Kredit arbeiten
können.

Die Zahlungsbedingungen werden beim Verkauf vereinbart, die Zahlung
geschieht meist durch Wechsel, die nach Ablauf des Ziels eingelöst werden
müssen. Ein offnes Ziel, d. h. ein Kredit ohne Vereinbarung des Zahlungs¬
termins, wird selten gewährt. Die Unterbringung der Wechsel bei Banken
zur Diskontierung besorgt der Wechselmakler, der immer mit einer Anzahl
von Firmen in Verbindung steht und großes Vertrauen genießt, namentlich
wenn er bedeutende Wechseltransaktionen vermittelt. Die Bauten befassen sich
nicht nur mit der Wechseldiskontierung, sondern räumen auch soliden Firmen
Wechselkreditc ein, indem sie die Einlösung ihrer Wechsel bis zu einem ver¬
einbarten Betrage übernehmen. Diese Bankkredite sind in den allermeisten
Fällen verbürgt, entweder durch Hinterlegung von Wertpapieren, durch die
Aufnahme von Sicherheitshhpotheken, die die Bank auf die Grundstücke ihrer
Schuldner eintragen läßt, oder durch die Bürgschaft solventer Personen und
Firmen. Die Meinung akademischer Nationalökonomen, daß die Banken Kredite
ohne Bürgschaft oder Deckung einräumen, beruht auf einem Irrtum -- solche
"offnen" Kredite kommen sehr selten vor und werden nur solchen Firmen ge¬
währt, die in sich genügende Sicherheit bieten. Für den Kaufmann sind die
Banken das, was für Arbeiter und Handwerker die Pfandhäuser sind.




Kredit
Paul Büchner von(Schluß)

>und der Kaufmann nimmt fast durchweg Kredit in Anspruch; Bar¬
zahlung leisten gewöhnlich nur der Exporteur, der Importeur
und der Großhändler. Das Ziel ist nach den Artikeln und den
! Produkten verschieden. Im allgemeinen kann man sagen, daß
I Geschäftszweige, die ihre Waren schnell absetzen, einen kurzen
Kredit brauchen, während die Kaufleute, die ein großes Lager unterhalten
müssen oder Saisongeschäfte machen, erst nach einem halben oder ganzen
Jahre zahlen. In den meisten Branchen wird nach drei Monaten reguliert,
im Konfektions- und im Putzgeschäft, wo Jahreszeit und Mode einen halb¬
jährigen Wechsel erzeugen, zahlt man am Schluß der Saison. In Kolonial-
und Krümerwaren, in denen das Lager schnell umgesetzt wird, wird ein vier¬
wöchiger Kredit gegeben, in Drogen, Chemikalien und Apothekerwaren ist ein
neunmonatiges, in Möbeln, Möbelstoffen, Teppichen, Baumaterialien, Glas,
Porzellan, Manufakturwaren. Modewaren, Wein und Zigarren ein sechs¬
monatiges Ziel üblich. Auch die Konsumvereine und andre genossenschaftliche
Verbünde, die nur gegen bar verkaufen, nutzen den gebräuchlichen Kredit aus,
da sie gewöhnlich nicht so stark fundiert sind, daß sie ohne Kredit arbeiten
können.

Die Zahlungsbedingungen werden beim Verkauf vereinbart, die Zahlung
geschieht meist durch Wechsel, die nach Ablauf des Ziels eingelöst werden
müssen. Ein offnes Ziel, d. h. ein Kredit ohne Vereinbarung des Zahlungs¬
termins, wird selten gewährt. Die Unterbringung der Wechsel bei Banken
zur Diskontierung besorgt der Wechselmakler, der immer mit einer Anzahl
von Firmen in Verbindung steht und großes Vertrauen genießt, namentlich
wenn er bedeutende Wechseltransaktionen vermittelt. Die Bauten befassen sich
nicht nur mit der Wechseldiskontierung, sondern räumen auch soliden Firmen
Wechselkreditc ein, indem sie die Einlösung ihrer Wechsel bis zu einem ver¬
einbarten Betrage übernehmen. Diese Bankkredite sind in den allermeisten
Fällen verbürgt, entweder durch Hinterlegung von Wertpapieren, durch die
Aufnahme von Sicherheitshhpotheken, die die Bank auf die Grundstücke ihrer
Schuldner eintragen läßt, oder durch die Bürgschaft solventer Personen und
Firmen. Die Meinung akademischer Nationalökonomen, daß die Banken Kredite
ohne Bürgschaft oder Deckung einräumen, beruht auf einem Irrtum — solche
„offnen" Kredite kommen sehr selten vor und werden nur solchen Firmen ge¬
währt, die in sich genügende Sicherheit bieten. Für den Kaufmann sind die
Banken das, was für Arbeiter und Handwerker die Pfandhäuser sind.


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[0272] [Abbildung] Kredit Paul Büchner von(Schluß) >und der Kaufmann nimmt fast durchweg Kredit in Anspruch; Bar¬ zahlung leisten gewöhnlich nur der Exporteur, der Importeur und der Großhändler. Das Ziel ist nach den Artikeln und den ! Produkten verschieden. Im allgemeinen kann man sagen, daß I Geschäftszweige, die ihre Waren schnell absetzen, einen kurzen Kredit brauchen, während die Kaufleute, die ein großes Lager unterhalten müssen oder Saisongeschäfte machen, erst nach einem halben oder ganzen Jahre zahlen. In den meisten Branchen wird nach drei Monaten reguliert, im Konfektions- und im Putzgeschäft, wo Jahreszeit und Mode einen halb¬ jährigen Wechsel erzeugen, zahlt man am Schluß der Saison. In Kolonial- und Krümerwaren, in denen das Lager schnell umgesetzt wird, wird ein vier¬ wöchiger Kredit gegeben, in Drogen, Chemikalien und Apothekerwaren ist ein neunmonatiges, in Möbeln, Möbelstoffen, Teppichen, Baumaterialien, Glas, Porzellan, Manufakturwaren. Modewaren, Wein und Zigarren ein sechs¬ monatiges Ziel üblich. Auch die Konsumvereine und andre genossenschaftliche Verbünde, die nur gegen bar verkaufen, nutzen den gebräuchlichen Kredit aus, da sie gewöhnlich nicht so stark fundiert sind, daß sie ohne Kredit arbeiten können. Die Zahlungsbedingungen werden beim Verkauf vereinbart, die Zahlung geschieht meist durch Wechsel, die nach Ablauf des Ziels eingelöst werden müssen. Ein offnes Ziel, d. h. ein Kredit ohne Vereinbarung des Zahlungs¬ termins, wird selten gewährt. Die Unterbringung der Wechsel bei Banken zur Diskontierung besorgt der Wechselmakler, der immer mit einer Anzahl von Firmen in Verbindung steht und großes Vertrauen genießt, namentlich wenn er bedeutende Wechseltransaktionen vermittelt. Die Bauten befassen sich nicht nur mit der Wechseldiskontierung, sondern räumen auch soliden Firmen Wechselkreditc ein, indem sie die Einlösung ihrer Wechsel bis zu einem ver¬ einbarten Betrage übernehmen. Diese Bankkredite sind in den allermeisten Fällen verbürgt, entweder durch Hinterlegung von Wertpapieren, durch die Aufnahme von Sicherheitshhpotheken, die die Bank auf die Grundstücke ihrer Schuldner eintragen läßt, oder durch die Bürgschaft solventer Personen und Firmen. Die Meinung akademischer Nationalökonomen, daß die Banken Kredite ohne Bürgschaft oder Deckung einräumen, beruht auf einem Irrtum — solche „offnen" Kredite kommen sehr selten vor und werden nur solchen Firmen ge¬ währt, die in sich genügende Sicherheit bieten. Für den Kaufmann sind die Banken das, was für Arbeiter und Handwerker die Pfandhäuser sind.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/272>, abgerufen am 03.07.2024.