Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.Biologen über die Ehe literatur über jene Vorkommnisse wird es ängstlich vermieden, den Gedanken Entgegen der Meinung der radikalen Vertreter der Demokratie bin ich Biologen über die Ghe W!cum uns die Biologen zu beweisen suchen, daß nur ihre Wissen¬ Biologen über die Ehe literatur über jene Vorkommnisse wird es ängstlich vermieden, den Gedanken Entgegen der Meinung der radikalen Vertreter der Demokratie bin ich Biologen über die Ghe W!cum uns die Biologen zu beweisen suchen, daß nur ihre Wissen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0539" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/298058"/> <fw type="header" place="top"> Biologen über die Ehe</fw><lb/> <p xml:id="ID_2716" prev="#ID_2715"> literatur über jene Vorkommnisse wird es ängstlich vermieden, den Gedanken<lb/> einer Verbindung Gapons mit der Intelligenz auszusprechen. Man bemüht<lb/> sich vielmehr, die Bewegung der Arbeiter als eine ganz selbständige Erscheinung<lb/> hinzustellen, um die indifferenten Arbeiter nicht gegen die Intelligenz aufzu¬<lb/> bringen. Der Nachweis für meine Behauptung ist aber schon heute zu er¬<lb/> bringen. (Soeben geht mir eine vom Bureau der Petersburger Nechtsanwülte<lb/> verfaßte, von der Polizei konfiszierte Schrift zu, die eine genaue Schilderung<lb/> der Borgänge selbst, nicht ihrer Vorgeschichte gibt.) Bei den Banketten waren<lb/> es immer die „Oswoboshdjence," die die Forderung stellten, die Türen sollten<lb/> für das Publikum geöffnet bleiben, und so kam es, daß viele Veranstaltungen<lb/> dieser Art unter dem Einfluß halbwüchsiger Burschen, Gymnasiasten, Stu¬<lb/> denten und Backfische standen, die dafür sorgten, daß der nüchterne Beobachter<lb/> glauben mußte, in ein Tollhaus geraten zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_2717"> Entgegen der Meinung der radikalen Vertreter der Demokratie bin ich<lb/> der Ansicht, daß die „Oswoboshdjence" die Hauptschuld dafür trifft, daß<lb/> Swiatopolk-Mirski heute nicht mehr im Amt ist. Das Treiben dieser Leute<lb/> hatte ein so gefährliches Aussehen, die Austritte, die sich bei den „Banketten"<lb/> abspielten, waren so wüst, daß die Polizei, die die in späterer Stunde ge-<lb/> haltnen Reden nicht mehr hörte, sehr wohl zu dem Glauben kommen konnte,<lb/> es bereite sich innerhalb der Intelligenz der Bürgerkrieg vor. Die gemäßigter»<lb/> Männer des Fortschritts, die wohl gegen das Treiben bei den Sitzungen selbst<lb/> protestierten, wagten es zudem nicht, auch in der fortschrittlichen Presse scharfe<lb/> Kritik zu üben, weil sie sich fürchteten, der großen Sache zu schaden, wenn<lb/> sie eine Uneinigkeit in der Taktik gewahr werden ließen. Ich will und kann<lb/> die Regierung nicht in Schutz nehmen, daß sie sich durch den Lärm, hinter<lb/> dem anfänglich keine ernste Gefahr drohte, verblüffen ließ und zu unange¬<lb/> brachter Repressivmaßregeln griff; aber mit mir wird sie jeder nüchtern<lb/> Urteilende verstehn. Ihr Verhalten wurde erst zum Verbrechen, als sie es<lb/> versäumte, die Führer der Arbeiter am 2./15. Januar zu verhaften. Sie<lb/> kannte sie alle! Schluß folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Biologen über die Ghe</head><lb/> <p xml:id="ID_2718" next="#ID_2719"> W!cum uns die Biologen zu beweisen suchen, daß nur ihre Wissen¬<lb/> schaft die Regeln für eine vernünftige Politik und Sozialwissen¬<lb/> schaft zu liefern vermöge, so schütteln wir zweifelnd den Kopf;<lb/> aber den Quell des Menschenlebens vernünftig zu behandeln,<lb/> ! dazu dürfte die Wissenschaft vom organischen Leben Wohl einiges<lb/> beitragen können. Geistliche, Behörden und ethisch gerichtete Patrioten werden<lb/> sich freuen, zu vernehmen, daß die neueren Biologen in Beziehung auf das<lb/> Geschlechtsleben nicht etwa, wie wegen ihrer vorherrschenden Beschäftigung mit<lb/> der Tierwelt mancher befürchtet haben mag, zum Evangelium der freien Liebe</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0539]
Biologen über die Ehe
literatur über jene Vorkommnisse wird es ängstlich vermieden, den Gedanken
einer Verbindung Gapons mit der Intelligenz auszusprechen. Man bemüht
sich vielmehr, die Bewegung der Arbeiter als eine ganz selbständige Erscheinung
hinzustellen, um die indifferenten Arbeiter nicht gegen die Intelligenz aufzu¬
bringen. Der Nachweis für meine Behauptung ist aber schon heute zu er¬
bringen. (Soeben geht mir eine vom Bureau der Petersburger Nechtsanwülte
verfaßte, von der Polizei konfiszierte Schrift zu, die eine genaue Schilderung
der Borgänge selbst, nicht ihrer Vorgeschichte gibt.) Bei den Banketten waren
es immer die „Oswoboshdjence," die die Forderung stellten, die Türen sollten
für das Publikum geöffnet bleiben, und so kam es, daß viele Veranstaltungen
dieser Art unter dem Einfluß halbwüchsiger Burschen, Gymnasiasten, Stu¬
denten und Backfische standen, die dafür sorgten, daß der nüchterne Beobachter
glauben mußte, in ein Tollhaus geraten zu sein.
Entgegen der Meinung der radikalen Vertreter der Demokratie bin ich
der Ansicht, daß die „Oswoboshdjence" die Hauptschuld dafür trifft, daß
Swiatopolk-Mirski heute nicht mehr im Amt ist. Das Treiben dieser Leute
hatte ein so gefährliches Aussehen, die Austritte, die sich bei den „Banketten"
abspielten, waren so wüst, daß die Polizei, die die in späterer Stunde ge-
haltnen Reden nicht mehr hörte, sehr wohl zu dem Glauben kommen konnte,
es bereite sich innerhalb der Intelligenz der Bürgerkrieg vor. Die gemäßigter»
Männer des Fortschritts, die wohl gegen das Treiben bei den Sitzungen selbst
protestierten, wagten es zudem nicht, auch in der fortschrittlichen Presse scharfe
Kritik zu üben, weil sie sich fürchteten, der großen Sache zu schaden, wenn
sie eine Uneinigkeit in der Taktik gewahr werden ließen. Ich will und kann
die Regierung nicht in Schutz nehmen, daß sie sich durch den Lärm, hinter
dem anfänglich keine ernste Gefahr drohte, verblüffen ließ und zu unange¬
brachter Repressivmaßregeln griff; aber mit mir wird sie jeder nüchtern
Urteilende verstehn. Ihr Verhalten wurde erst zum Verbrechen, als sie es
versäumte, die Führer der Arbeiter am 2./15. Januar zu verhaften. Sie
kannte sie alle! Schluß folgt)
Biologen über die Ghe
W!cum uns die Biologen zu beweisen suchen, daß nur ihre Wissen¬
schaft die Regeln für eine vernünftige Politik und Sozialwissen¬
schaft zu liefern vermöge, so schütteln wir zweifelnd den Kopf;
aber den Quell des Menschenlebens vernünftig zu behandeln,
! dazu dürfte die Wissenschaft vom organischen Leben Wohl einiges
beitragen können. Geistliche, Behörden und ethisch gerichtete Patrioten werden
sich freuen, zu vernehmen, daß die neueren Biologen in Beziehung auf das
Geschlechtsleben nicht etwa, wie wegen ihrer vorherrschenden Beschäftigung mit
der Tierwelt mancher befürchtet haben mag, zum Evangelium der freien Liebe
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