le Pariser Ksvus ä"?s veux Nonäss hat in ihrem Novemberheft aus der Feder des bekannten Nationalisten Maurice Barres einen Artikel unter obiger Überschrift veröffentlicht, dessen wir schon einmal an andrer Stelle kurz gedacht haben. Wenn wir heute ein¬ gehender darauf zurückkommen, so geschieht es im Zusammenhang mit der gesamten Weltlage. Wir gehören freilich zu den "verständigen Menschen," die mit dem Reichskanzler einen Krieg zwischen Deutschland und England für unmöglich halten, weil er für beide Teile unklug und nachteilig wäre. Nach¬ dem sich aber die öffentliche Meinung fast aller Länder Europas in der letzten Zeit mit diesem Gegenstande beschäftigt hat, glauben wir doch darauf hinweisen zu sollen, daß der politische Barometerstand, wie er sich in England in bezug auf Deutschland herausstellt, viel deutlicher als in London und in den eng¬ lischen Häfen -- in Paris sowie in der Gegend zwischen Nancy und Luneville abzulesen sein dürfte. Falls sich England jemals ernsthaft zu einem Schlage gegen Deutschland vorbereiten sollte, werden wir das rechtzeitig und mit zuver¬ lässiger Genauigkeit durch Vorbereitungen an der französischen Ostgrenze er¬ kennen. Deutschland darf sich keinem Zweifel darüber hingeben, daß ein Krieg Englands gegen Deutschland zugleich auch ein Krieg Frankreichs gegen uns sein würde, mit oder ohne die Basis, die die neuern Abmachungen für das Einvernehmen beider Länder ohnehin geschaffen haben. Frankreich ist der ge¬ gebne Bundesgenosse jeder europäischen Macht, die einem Konflikt mit Deutsch¬ land zustrebt, und eine englische Überraschung zur See würde uus unvermeidlich auch eine französische in Lothringen und an den Vogesen bringen, wenn wir die Augen nicht offen halten. Frankreich hätte in diesem Falle sogar den Vorteil, daß England einer französischen Operation durch Belgien, die Thiers schon im Jahre 1872 auf der Kammertribüne für den nächsten Krieg gegen Deutschland in Aussicht stellte, keine Schwierigkeiten bereiten würde. Zu erörtern, was Deutschland gegenüber der französischen Betätigung englischer Verstimmungen zu tun haben würde, ist hier nicht der Platz, wohl aber wollen wir uus mit den Symptomen beschäftigen, die in jüngster Zeit, vielleicht etwas verfrüht oder übereilt, in der öffentlichen Stimmung Frankreichs zutage getreten ^sind.
Grenzboten IV 1904 97
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le Pariser Ksvus ä«?s veux Nonäss hat in ihrem Novemberheft aus der Feder des bekannten Nationalisten Maurice Barres einen Artikel unter obiger Überschrift veröffentlicht, dessen wir schon einmal an andrer Stelle kurz gedacht haben. Wenn wir heute ein¬ gehender darauf zurückkommen, so geschieht es im Zusammenhang mit der gesamten Weltlage. Wir gehören freilich zu den „verständigen Menschen," die mit dem Reichskanzler einen Krieg zwischen Deutschland und England für unmöglich halten, weil er für beide Teile unklug und nachteilig wäre. Nach¬ dem sich aber die öffentliche Meinung fast aller Länder Europas in der letzten Zeit mit diesem Gegenstande beschäftigt hat, glauben wir doch darauf hinweisen zu sollen, daß der politische Barometerstand, wie er sich in England in bezug auf Deutschland herausstellt, viel deutlicher als in London und in den eng¬ lischen Häfen — in Paris sowie in der Gegend zwischen Nancy und Luneville abzulesen sein dürfte. Falls sich England jemals ernsthaft zu einem Schlage gegen Deutschland vorbereiten sollte, werden wir das rechtzeitig und mit zuver¬ lässiger Genauigkeit durch Vorbereitungen an der französischen Ostgrenze er¬ kennen. Deutschland darf sich keinem Zweifel darüber hingeben, daß ein Krieg Englands gegen Deutschland zugleich auch ein Krieg Frankreichs gegen uns sein würde, mit oder ohne die Basis, die die neuern Abmachungen für das Einvernehmen beider Länder ohnehin geschaffen haben. Frankreich ist der ge¬ gebne Bundesgenosse jeder europäischen Macht, die einem Konflikt mit Deutsch¬ land zustrebt, und eine englische Überraschung zur See würde uus unvermeidlich auch eine französische in Lothringen und an den Vogesen bringen, wenn wir die Augen nicht offen halten. Frankreich hätte in diesem Falle sogar den Vorteil, daß England einer französischen Operation durch Belgien, die Thiers schon im Jahre 1872 auf der Kammertribüne für den nächsten Krieg gegen Deutschland in Aussicht stellte, keine Schwierigkeiten bereiten würde. Zu erörtern, was Deutschland gegenüber der französischen Betätigung englischer Verstimmungen zu tun haben würde, ist hier nicht der Platz, wohl aber wollen wir uus mit den Symptomen beschäftigen, die in jüngster Zeit, vielleicht etwas verfrüht oder übereilt, in der öffentlichen Stimmung Frankreichs zutage getreten ^sind.
Grenzboten IV 1904 97
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le Pariser Ksvus ä«?s veux Nonäss hat in ihrem Novemberheft
aus der Feder des bekannten Nationalisten Maurice Barres einen
Artikel unter obiger Überschrift veröffentlicht, dessen wir schon
einmal an andrer Stelle kurz gedacht haben. Wenn wir heute ein¬
gehender darauf zurückkommen, so geschieht es im Zusammenhang
mit der gesamten Weltlage. Wir gehören freilich zu den „verständigen Menschen,"
die mit dem Reichskanzler einen Krieg zwischen Deutschland und England für
unmöglich halten, weil er für beide Teile unklug und nachteilig wäre. Nach¬
dem sich aber die öffentliche Meinung fast aller Länder Europas in der letzten
Zeit mit diesem Gegenstande beschäftigt hat, glauben wir doch darauf hinweisen
zu sollen, daß der politische Barometerstand, wie er sich in England in bezug
auf Deutschland herausstellt, viel deutlicher als in London und in den eng¬
lischen Häfen — in Paris sowie in der Gegend zwischen Nancy und Luneville
abzulesen sein dürfte. Falls sich England jemals ernsthaft zu einem Schlage
gegen Deutschland vorbereiten sollte, werden wir das rechtzeitig und mit zuver¬
lässiger Genauigkeit durch Vorbereitungen an der französischen Ostgrenze er¬
kennen. Deutschland darf sich keinem Zweifel darüber hingeben, daß ein Krieg
Englands gegen Deutschland zugleich auch ein Krieg Frankreichs gegen uns
sein würde, mit oder ohne die Basis, die die neuern Abmachungen für das
Einvernehmen beider Länder ohnehin geschaffen haben. Frankreich ist der ge¬
gebne Bundesgenosse jeder europäischen Macht, die einem Konflikt mit Deutsch¬
land zustrebt, und eine englische Überraschung zur See würde uus unvermeidlich
auch eine französische in Lothringen und an den Vogesen bringen, wenn wir
die Augen nicht offen halten. Frankreich hätte in diesem Falle sogar den Vorteil,
daß England einer französischen Operation durch Belgien, die Thiers schon im
Jahre 1872 auf der Kammertribüne für den nächsten Krieg gegen Deutschland
in Aussicht stellte, keine Schwierigkeiten bereiten würde. Zu erörtern, was
Deutschland gegenüber der französischen Betätigung englischer Verstimmungen
zu tun haben würde, ist hier nicht der Platz, wohl aber wollen wir uus mit
den Symptomen beschäftigen, die in jüngster Zeit, vielleicht etwas verfrüht
oder übereilt, in der öffentlichen Stimmung Frankreichs zutage getreten ^sind.
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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/721>, abgerufen am 05.01.2025.
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