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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der deutsche Buchhandel und seine Beurteiler

die in dem industriereichen Westdeutschland ein großes Hinterland haben, das dem
Hamburger Handel erst durch den Mittellandkanal aufgeschlossen werden wird.

Zu diesen Vorteilen, die die natürliche Lage dem Hamburger Hafen verleiht,
kommt uoch die vorzügliche Entwicklung und Ausbildung seiner Hafenanlagen.
Die preußische Negierung hat versucht, den Handel Monas, dessen Hafen dem
Hamburger auf dem rechten Elbufer vorgelagert ist, durch allerlei Einrichtungen
wie Anlegung eines Freibezirks zu befördern, das Übergewicht Hamburgs ist
aber so groß, daß fast alle bedeutenden Altonaer Firmen, die im Export- und
im Jmporthandel tätig sind oder damit zusammenhängen, im Laufe der Zeit
ihren Sitz nach Hamburg verlegt haben. Außerdem sind der Ausdehnung des
Altonaer Hafens durch die Anhöhen des rechten Elbufers natürliche Schranken
gesetzt, während das gegenüberliegende flache Land im Hamburger Besitz ist
und ohne Schwierigkeiten dem Hamburger Freihafen einverleibt werden kann,
womit bei der fortwährenden Vergrößerung seiner Anlagen schon in absehbarer
Zeit begonnen werden muß. Das Projekt der preußischen Negierung, einen
unterelbischen Hafen, der der Nordsee näher als Hamburg liegt, zu bauen, ist
ebenso aussichtslos, da der Cuxhavner Hafen auch diesen Bestrebungen ein Ende
setzt. Auch der Nordostseekanal hat den Ostseestädten weniger Vorteile gebracht
als dem Hamburger Hafen, der nunmehr eine bequeme und gefahrlose Ver¬
bindung mit Skandinavien und Rußland erhalten hat. Der Schwerpunkt des
deutschen Ausfuhr- und Einfuhrhandels liegt nun einmal in Hamburg, wo die
größten Exporteure und Importeure ansässig sind, die alle andern damit ver-
bundnen Geschäftszweige nach sich ziehen. Infolgedessen haben auch die beiden
Schleswig-holsteinischen Reedereien, die überseeische Linien unterhalten, den Haupt¬
sitz ihres Geschäfts nach Hamburg verlegen müssen. Auch die Anlegung des
Hafens von Emden, der die Einfuhr und die Ausfuhr mit dem rheinisch-west¬
fälischen Industriegebiet vermitteln soll, wird Hamburg nicht allzuviel Schaden
zufügen und nicht verhindern können, daß die im Rheinland und in Westfalen
angefertigten Ausfuhrgüter und die dort verbrauchten Importartikel ihren Weg
über Hamburg nehmen, sobald der Mittellandkanal fertig ist.




Der deutsche Buchhandel und seine Beurteiler
Eine Buchbesprechung
R. L. Prag er von

icht zum erstenmal geschieht es, daß der deutsche Buchhandel An¬
griffe erfährt. Schon von Lessing hat er sich Sottisen sagen
lassen müssen, und die Gelehrtcnbuchhandlung verdankte der An¬
sicht der Schriftsteller, daß die Verleger zu viel und die Schrift¬
steller zu wenig verdienten, ihr Entstehen. Aber ebensowenig wie
das Mißwollcn Lessings hat der Mißerfolg der Gelehrtenbuchhandlung dem
Buchhandel geschadet: der Stand steht heute noch so geachtet da wie vordem,


Der deutsche Buchhandel und seine Beurteiler

die in dem industriereichen Westdeutschland ein großes Hinterland haben, das dem
Hamburger Handel erst durch den Mittellandkanal aufgeschlossen werden wird.

Zu diesen Vorteilen, die die natürliche Lage dem Hamburger Hafen verleiht,
kommt uoch die vorzügliche Entwicklung und Ausbildung seiner Hafenanlagen.
Die preußische Negierung hat versucht, den Handel Monas, dessen Hafen dem
Hamburger auf dem rechten Elbufer vorgelagert ist, durch allerlei Einrichtungen
wie Anlegung eines Freibezirks zu befördern, das Übergewicht Hamburgs ist
aber so groß, daß fast alle bedeutenden Altonaer Firmen, die im Export- und
im Jmporthandel tätig sind oder damit zusammenhängen, im Laufe der Zeit
ihren Sitz nach Hamburg verlegt haben. Außerdem sind der Ausdehnung des
Altonaer Hafens durch die Anhöhen des rechten Elbufers natürliche Schranken
gesetzt, während das gegenüberliegende flache Land im Hamburger Besitz ist
und ohne Schwierigkeiten dem Hamburger Freihafen einverleibt werden kann,
womit bei der fortwährenden Vergrößerung seiner Anlagen schon in absehbarer
Zeit begonnen werden muß. Das Projekt der preußischen Negierung, einen
unterelbischen Hafen, der der Nordsee näher als Hamburg liegt, zu bauen, ist
ebenso aussichtslos, da der Cuxhavner Hafen auch diesen Bestrebungen ein Ende
setzt. Auch der Nordostseekanal hat den Ostseestädten weniger Vorteile gebracht
als dem Hamburger Hafen, der nunmehr eine bequeme und gefahrlose Ver¬
bindung mit Skandinavien und Rußland erhalten hat. Der Schwerpunkt des
deutschen Ausfuhr- und Einfuhrhandels liegt nun einmal in Hamburg, wo die
größten Exporteure und Importeure ansässig sind, die alle andern damit ver-
bundnen Geschäftszweige nach sich ziehen. Infolgedessen haben auch die beiden
Schleswig-holsteinischen Reedereien, die überseeische Linien unterhalten, den Haupt¬
sitz ihres Geschäfts nach Hamburg verlegen müssen. Auch die Anlegung des
Hafens von Emden, der die Einfuhr und die Ausfuhr mit dem rheinisch-west¬
fälischen Industriegebiet vermitteln soll, wird Hamburg nicht allzuviel Schaden
zufügen und nicht verhindern können, daß die im Rheinland und in Westfalen
angefertigten Ausfuhrgüter und die dort verbrauchten Importartikel ihren Weg
über Hamburg nehmen, sobald der Mittellandkanal fertig ist.




Der deutsche Buchhandel und seine Beurteiler
Eine Buchbesprechung
R. L. Prag er von

icht zum erstenmal geschieht es, daß der deutsche Buchhandel An¬
griffe erfährt. Schon von Lessing hat er sich Sottisen sagen
lassen müssen, und die Gelehrtcnbuchhandlung verdankte der An¬
sicht der Schriftsteller, daß die Verleger zu viel und die Schrift¬
steller zu wenig verdienten, ihr Entstehen. Aber ebensowenig wie
das Mißwollcn Lessings hat der Mißerfolg der Gelehrtenbuchhandlung dem
Buchhandel geschadet: der Stand steht heute noch so geachtet da wie vordem,


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[0092] Der deutsche Buchhandel und seine Beurteiler die in dem industriereichen Westdeutschland ein großes Hinterland haben, das dem Hamburger Handel erst durch den Mittellandkanal aufgeschlossen werden wird. Zu diesen Vorteilen, die die natürliche Lage dem Hamburger Hafen verleiht, kommt uoch die vorzügliche Entwicklung und Ausbildung seiner Hafenanlagen. Die preußische Negierung hat versucht, den Handel Monas, dessen Hafen dem Hamburger auf dem rechten Elbufer vorgelagert ist, durch allerlei Einrichtungen wie Anlegung eines Freibezirks zu befördern, das Übergewicht Hamburgs ist aber so groß, daß fast alle bedeutenden Altonaer Firmen, die im Export- und im Jmporthandel tätig sind oder damit zusammenhängen, im Laufe der Zeit ihren Sitz nach Hamburg verlegt haben. Außerdem sind der Ausdehnung des Altonaer Hafens durch die Anhöhen des rechten Elbufers natürliche Schranken gesetzt, während das gegenüberliegende flache Land im Hamburger Besitz ist und ohne Schwierigkeiten dem Hamburger Freihafen einverleibt werden kann, womit bei der fortwährenden Vergrößerung seiner Anlagen schon in absehbarer Zeit begonnen werden muß. Das Projekt der preußischen Negierung, einen unterelbischen Hafen, der der Nordsee näher als Hamburg liegt, zu bauen, ist ebenso aussichtslos, da der Cuxhavner Hafen auch diesen Bestrebungen ein Ende setzt. Auch der Nordostseekanal hat den Ostseestädten weniger Vorteile gebracht als dem Hamburger Hafen, der nunmehr eine bequeme und gefahrlose Ver¬ bindung mit Skandinavien und Rußland erhalten hat. Der Schwerpunkt des deutschen Ausfuhr- und Einfuhrhandels liegt nun einmal in Hamburg, wo die größten Exporteure und Importeure ansässig sind, die alle andern damit ver- bundnen Geschäftszweige nach sich ziehen. Infolgedessen haben auch die beiden Schleswig-holsteinischen Reedereien, die überseeische Linien unterhalten, den Haupt¬ sitz ihres Geschäfts nach Hamburg verlegen müssen. Auch die Anlegung des Hafens von Emden, der die Einfuhr und die Ausfuhr mit dem rheinisch-west¬ fälischen Industriegebiet vermitteln soll, wird Hamburg nicht allzuviel Schaden zufügen und nicht verhindern können, daß die im Rheinland und in Westfalen angefertigten Ausfuhrgüter und die dort verbrauchten Importartikel ihren Weg über Hamburg nehmen, sobald der Mittellandkanal fertig ist. Der deutsche Buchhandel und seine Beurteiler Eine Buchbesprechung R. L. Prag er von icht zum erstenmal geschieht es, daß der deutsche Buchhandel An¬ griffe erfährt. Schon von Lessing hat er sich Sottisen sagen lassen müssen, und die Gelehrtcnbuchhandlung verdankte der An¬ sicht der Schriftsteller, daß die Verleger zu viel und die Schrift¬ steller zu wenig verdienten, ihr Entstehen. Aber ebensowenig wie das Mißwollcn Lessings hat der Mißerfolg der Gelehrtenbuchhandlung dem Buchhandel geschadet: der Stand steht heute noch so geachtet da wie vordem,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/92>, abgerufen am 13.11.2024.