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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

reicht die Seminarbildung vollständig aus. Also brauchen die Lehrer die reichern
Kenntnisse, die die Universität vermittelt, nur für sich selbst. Hier kann man den
Bildungseifer der deutschen Lehrerschaft nicht genug loben; es ist geradezu be¬
wunderungswürdig, welche Opfer an Zeit und Geld ein großer Teil dieses Standes
alljährlich bringt, um einige geistige Anregung zu empfangen. Aber für diesen
Bildungsdrang ist schon in ausreichender Weise gesorgt und wird noch weiter ge¬
sorgt werden; die großen Städte veranstalten besondre Vorlesungen für ihre
Volksschullehrer (z. B. Breslau), und die Universitäten halten Ferienkurse ab (nach
dem Vorgange Greifswald, Jena, Marburg n. a.), die hauptsächlich von Lehrern
besucht werden, von der jetzt überall reichlich gebotnen Gelegenheit zum Hören allge¬
mein bildender Vorträge überhaupt zu schweigen. Wenn alles das den Bedürfnissen
der Lehrer nicht genügt, so können sie nur von dem Wunsche geleitet sein, aus
ihrem jetzigen Stande herauszukommen und in den der höhern Lehrer einzu¬
dringen. Daran hat die Allgemeinheit aber kein Interesse; wir brauchen ja be¬
sonders Volksschullehrer, noch viel mehr als wir haben, und wir brauchen schlichte
Männer, die sich in ihrem gewiß nicht leichten, aber doch auch nicht undankbaren
Berufe wohl fühlen und nicht immer nach dem Oberlehrerstaude schielen. Je
mehr Lehrer mau auf den Universitäten studieren läßt, desto mehr Unzufriedne
schafft man: darüber sollte man sich von vornherein klar sein. Und darum sage
ich: Kultusminister, bleibe hart, so schwer es anch bei einem Ansturm so großer
und agitatorisch gut geschulter Massen sein mag, mit deren Einfluß auf weite
Schichten der Bevölkerung gerechnet werden muß. Wir an den Universitäten
würden uns gegen den Zudrang mangelhaft vorbereiteter Elemente schon zu wehren
wissen; aber im Interesse unsrer Volksbildung muß ein Riegel vor die Tore unsrer
Universitäten vorgeschoben werden.


Der Weg zur wahren Freiheit.

Von Versailles nach Damaskus
überschreibt "ein Laie," der nicht genannt sein will, eine Reihe von Skizzen und
Charakterbildern aus der großen französischen Revolution und von aphoristischen
Betrachtungen darüber (Zürich, Schultheß Ä Co., 1903). Der Verfasser schreibt
im Sinne Carlyles und bedient sich einer originellen Sprache, deren neue Wort¬
bildungen nicht alle verständlich sind; er schmückt die Darstellung mit vielen Zitaten
aus Carlyles und andrer berühmter Männer Werken, aber auch mit manchem guten
Wort Vergessener oder Unbekannter, für dessen Aufbewahrung man ihm dankbar
ist. Professor G. Meyer von Kronen und Pfarrer A. Ritter haben die Schrift
für wichtig genug gehalten, sie in einem Geleitswort zu empfehlen. Unbekannte
Wahrheiten deckt sie ja nicht auf, aber ein konservativer und dabei wahrhaft liberaler
Mann wird sich an der packenden Form, in der ihm hier seine eignen Gedanken
begegnen, erbauen und erfreuen. Zum Beispiel: "Robespierre sagte zur Recht¬
fertigung seiner drastischen Maßregeln sehr treffend und richtig: Ohne Zweifel muß
Preßfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu gestatten, daß die
Gedankenfreiheit zur Vernichtung der Freiheit selbst benutzt werde. Peter von Arbues
sagte zur Rechtfertigung seiner Grausamkeit sehr richtig und treffend: Ohne Zweifel
muß Gedankenfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu ge¬
statten, daß die Gedankenfreiheit zur Vernichtung des wahren Glaubens benutzt
werde. Die Gesiunungsinquisition der Menge sagt zur Rechtfertigung ihrer Un¬
duldsamkeit sehr treffend und richtig: Ohne Zweifel muß Überzeugnngsfreiheit sein,
aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu gestatten, daß die Überzeugnngs¬
freiheit zum Umsturz unsrer Ansichten benutzt werde. Sehr schon, vollkommen
logisch! Aber -- was ist Freiheit? Bethlehem, Gethsemane, Golgatha! Keine
grausamen Zuchtregeln des Mietlings bringen Freiheit; nur Er macht frei; denn
freiwilliges, freudiges Vollzieh" seiner Gottesgebvte ans unerschütterlichem Vertrauen
zu Ihm ist Freiheit." Eine Probe seiner Charakteristiken: Das Advvkätlein
Robespierre, das harmlose Männchen, ist "ein Hofmarschnll von Kalb Seiner


Maßgebliches und Unmaßgebliches

reicht die Seminarbildung vollständig aus. Also brauchen die Lehrer die reichern
Kenntnisse, die die Universität vermittelt, nur für sich selbst. Hier kann man den
Bildungseifer der deutschen Lehrerschaft nicht genug loben; es ist geradezu be¬
wunderungswürdig, welche Opfer an Zeit und Geld ein großer Teil dieses Standes
alljährlich bringt, um einige geistige Anregung zu empfangen. Aber für diesen
Bildungsdrang ist schon in ausreichender Weise gesorgt und wird noch weiter ge¬
sorgt werden; die großen Städte veranstalten besondre Vorlesungen für ihre
Volksschullehrer (z. B. Breslau), und die Universitäten halten Ferienkurse ab (nach
dem Vorgange Greifswald, Jena, Marburg n. a.), die hauptsächlich von Lehrern
besucht werden, von der jetzt überall reichlich gebotnen Gelegenheit zum Hören allge¬
mein bildender Vorträge überhaupt zu schweigen. Wenn alles das den Bedürfnissen
der Lehrer nicht genügt, so können sie nur von dem Wunsche geleitet sein, aus
ihrem jetzigen Stande herauszukommen und in den der höhern Lehrer einzu¬
dringen. Daran hat die Allgemeinheit aber kein Interesse; wir brauchen ja be¬
sonders Volksschullehrer, noch viel mehr als wir haben, und wir brauchen schlichte
Männer, die sich in ihrem gewiß nicht leichten, aber doch auch nicht undankbaren
Berufe wohl fühlen und nicht immer nach dem Oberlehrerstaude schielen. Je
mehr Lehrer mau auf den Universitäten studieren läßt, desto mehr Unzufriedne
schafft man: darüber sollte man sich von vornherein klar sein. Und darum sage
ich: Kultusminister, bleibe hart, so schwer es anch bei einem Ansturm so großer
und agitatorisch gut geschulter Massen sein mag, mit deren Einfluß auf weite
Schichten der Bevölkerung gerechnet werden muß. Wir an den Universitäten
würden uns gegen den Zudrang mangelhaft vorbereiteter Elemente schon zu wehren
wissen; aber im Interesse unsrer Volksbildung muß ein Riegel vor die Tore unsrer
Universitäten vorgeschoben werden.


Der Weg zur wahren Freiheit.

Von Versailles nach Damaskus
überschreibt „ein Laie," der nicht genannt sein will, eine Reihe von Skizzen und
Charakterbildern aus der großen französischen Revolution und von aphoristischen
Betrachtungen darüber (Zürich, Schultheß Ä Co., 1903). Der Verfasser schreibt
im Sinne Carlyles und bedient sich einer originellen Sprache, deren neue Wort¬
bildungen nicht alle verständlich sind; er schmückt die Darstellung mit vielen Zitaten
aus Carlyles und andrer berühmter Männer Werken, aber auch mit manchem guten
Wort Vergessener oder Unbekannter, für dessen Aufbewahrung man ihm dankbar
ist. Professor G. Meyer von Kronen und Pfarrer A. Ritter haben die Schrift
für wichtig genug gehalten, sie in einem Geleitswort zu empfehlen. Unbekannte
Wahrheiten deckt sie ja nicht auf, aber ein konservativer und dabei wahrhaft liberaler
Mann wird sich an der packenden Form, in der ihm hier seine eignen Gedanken
begegnen, erbauen und erfreuen. Zum Beispiel: „Robespierre sagte zur Recht¬
fertigung seiner drastischen Maßregeln sehr treffend und richtig: Ohne Zweifel muß
Preßfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu gestatten, daß die
Gedankenfreiheit zur Vernichtung der Freiheit selbst benutzt werde. Peter von Arbues
sagte zur Rechtfertigung seiner Grausamkeit sehr richtig und treffend: Ohne Zweifel
muß Gedankenfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu ge¬
statten, daß die Gedankenfreiheit zur Vernichtung des wahren Glaubens benutzt
werde. Die Gesiunungsinquisition der Menge sagt zur Rechtfertigung ihrer Un¬
duldsamkeit sehr treffend und richtig: Ohne Zweifel muß Überzeugnngsfreiheit sein,
aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu gestatten, daß die Überzeugnngs¬
freiheit zum Umsturz unsrer Ansichten benutzt werde. Sehr schon, vollkommen
logisch! Aber — was ist Freiheit? Bethlehem, Gethsemane, Golgatha! Keine
grausamen Zuchtregeln des Mietlings bringen Freiheit; nur Er macht frei; denn
freiwilliges, freudiges Vollzieh« seiner Gottesgebvte ans unerschütterlichem Vertrauen
zu Ihm ist Freiheit." Eine Probe seiner Charakteristiken: Das Advvkätlein
Robespierre, das harmlose Männchen, ist „ein Hofmarschnll von Kalb Seiner


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[0791] Maßgebliches und Unmaßgebliches reicht die Seminarbildung vollständig aus. Also brauchen die Lehrer die reichern Kenntnisse, die die Universität vermittelt, nur für sich selbst. Hier kann man den Bildungseifer der deutschen Lehrerschaft nicht genug loben; es ist geradezu be¬ wunderungswürdig, welche Opfer an Zeit und Geld ein großer Teil dieses Standes alljährlich bringt, um einige geistige Anregung zu empfangen. Aber für diesen Bildungsdrang ist schon in ausreichender Weise gesorgt und wird noch weiter ge¬ sorgt werden; die großen Städte veranstalten besondre Vorlesungen für ihre Volksschullehrer (z. B. Breslau), und die Universitäten halten Ferienkurse ab (nach dem Vorgange Greifswald, Jena, Marburg n. a.), die hauptsächlich von Lehrern besucht werden, von der jetzt überall reichlich gebotnen Gelegenheit zum Hören allge¬ mein bildender Vorträge überhaupt zu schweigen. Wenn alles das den Bedürfnissen der Lehrer nicht genügt, so können sie nur von dem Wunsche geleitet sein, aus ihrem jetzigen Stande herauszukommen und in den der höhern Lehrer einzu¬ dringen. Daran hat die Allgemeinheit aber kein Interesse; wir brauchen ja be¬ sonders Volksschullehrer, noch viel mehr als wir haben, und wir brauchen schlichte Männer, die sich in ihrem gewiß nicht leichten, aber doch auch nicht undankbaren Berufe wohl fühlen und nicht immer nach dem Oberlehrerstaude schielen. Je mehr Lehrer mau auf den Universitäten studieren läßt, desto mehr Unzufriedne schafft man: darüber sollte man sich von vornherein klar sein. Und darum sage ich: Kultusminister, bleibe hart, so schwer es anch bei einem Ansturm so großer und agitatorisch gut geschulter Massen sein mag, mit deren Einfluß auf weite Schichten der Bevölkerung gerechnet werden muß. Wir an den Universitäten würden uns gegen den Zudrang mangelhaft vorbereiteter Elemente schon zu wehren wissen; aber im Interesse unsrer Volksbildung muß ein Riegel vor die Tore unsrer Universitäten vorgeschoben werden. Der Weg zur wahren Freiheit. Von Versailles nach Damaskus überschreibt „ein Laie," der nicht genannt sein will, eine Reihe von Skizzen und Charakterbildern aus der großen französischen Revolution und von aphoristischen Betrachtungen darüber (Zürich, Schultheß Ä Co., 1903). Der Verfasser schreibt im Sinne Carlyles und bedient sich einer originellen Sprache, deren neue Wort¬ bildungen nicht alle verständlich sind; er schmückt die Darstellung mit vielen Zitaten aus Carlyles und andrer berühmter Männer Werken, aber auch mit manchem guten Wort Vergessener oder Unbekannter, für dessen Aufbewahrung man ihm dankbar ist. Professor G. Meyer von Kronen und Pfarrer A. Ritter haben die Schrift für wichtig genug gehalten, sie in einem Geleitswort zu empfehlen. Unbekannte Wahrheiten deckt sie ja nicht auf, aber ein konservativer und dabei wahrhaft liberaler Mann wird sich an der packenden Form, in der ihm hier seine eignen Gedanken begegnen, erbauen und erfreuen. Zum Beispiel: „Robespierre sagte zur Recht¬ fertigung seiner drastischen Maßregeln sehr treffend und richtig: Ohne Zweifel muß Preßfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu gestatten, daß die Gedankenfreiheit zur Vernichtung der Freiheit selbst benutzt werde. Peter von Arbues sagte zur Rechtfertigung seiner Grausamkeit sehr richtig und treffend: Ohne Zweifel muß Gedankenfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu ge¬ statten, daß die Gedankenfreiheit zur Vernichtung des wahren Glaubens benutzt werde. Die Gesiunungsinquisition der Menge sagt zur Rechtfertigung ihrer Un¬ duldsamkeit sehr treffend und richtig: Ohne Zweifel muß Überzeugnngsfreiheit sein, aber ebenso ohne Zweifel ist es widersinnig, zu gestatten, daß die Überzeugnngs¬ freiheit zum Umsturz unsrer Ansichten benutzt werde. Sehr schon, vollkommen logisch! Aber — was ist Freiheit? Bethlehem, Gethsemane, Golgatha! Keine grausamen Zuchtregeln des Mietlings bringen Freiheit; nur Er macht frei; denn freiwilliges, freudiges Vollzieh« seiner Gottesgebvte ans unerschütterlichem Vertrauen zu Ihm ist Freiheit." Eine Probe seiner Charakteristiken: Das Advvkätlein Robespierre, das harmlose Männchen, ist „ein Hofmarschnll von Kalb Seiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/791>, abgerufen am 13.11.2024.