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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Deutschlands Stellung zu England und gewissen
deutschfeindlichen Treibereien
von einem vorurteilsfreien

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MWin der englischen Tagespresse ist die Times die Führerin des
deutschfeindlichen Chorus. In enger Verbindung mit ihr, wahr¬
scheinlich anch für ihre Rechnung verlegt, sind einige Monats-
!revuen, unter denen sich die National Ksviov durch ganz besondre
I Gehässigkeit gegen Deutschland auszeichnet. Ihre Verbindung
mit der Times erweist sie unter anderen daraus, daß sie als Einladung die
Ankündigung dieses Organs enthält, daß es zu der Einrichtung des festen
Abonnements übergehn wolle, wie es in Deutschland üblich ist. Ihr Heraus¬
geber ist L. I. Maxse, Sohn des letzten englischen Gouverneurs von Helgoland,
der einen ganzen Stab erprobter Gegner Deutschlands um sich gesammelt hat,
von Engländern unter andern Lord Blenncrhasset. den Gemahl einer deutschen
Dame und feingebildeten Schriftstellerin, gebornen Gräfin Leyden. Ferner
gehören deutschfeindliche Russen zu seinen Mitarbeitern, unter andern ein
Herr Wesfelitzky, der einst auf etwas wunderbare Weise aus Berlin ver¬
schwinden mußte. Ein Ausgleich der englisch-russischen Differenzen ist der
leitende Faden der politischen Haltung der National Ksvisv; vermutlich hat
man sich ein Ziel gesteckt, das der Beilegung der englisch-französischen Neben¬
buhlerschaft durch den sogenannten Marokkovertrag ziemlich ähnlich sähe.
Man empfahl den Engländern, Persien den Russen zu überlassen, dann
werde man einen zufriedengestellten Nachbar am Indischen Ozean haben und
sich des Besitzes Indiens in aller Ruhe erfreuen. Das ging nun allerdings
den Engländern über die Hutschnur. Im Parlament fand eine sehr erregte
Debatte über diesen Plan statt, und alle Redner erklärten sich lebhaft da¬
gegen. Seitdem hat vielmehr England in Asien seine Politik einer ausge-
sprochnen Abwehr russischer Machenschaften wieder aufgenommen. Der indische
Vizekönig hat den Persischen Meerbusen besucht und den "Vasallen," dem
Sultan von Maskat und dem Scheich von Kueit, einen Besuch abgestattet,
auch die persische Herrschaft am Ostufer mit Kanonenschüssen und Flciggen-
dippen gegrüßt. Die Gelegenheit der ostasiatischen Verwicklung wird benutzt,


Grenzboten II 1904 89


Deutschlands Stellung zu England und gewissen
deutschfeindlichen Treibereien
von einem vorurteilsfreien

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MWin der englischen Tagespresse ist die Times die Führerin des
deutschfeindlichen Chorus. In enger Verbindung mit ihr, wahr¬
scheinlich anch für ihre Rechnung verlegt, sind einige Monats-
!revuen, unter denen sich die National Ksviov durch ganz besondre
I Gehässigkeit gegen Deutschland auszeichnet. Ihre Verbindung
mit der Times erweist sie unter anderen daraus, daß sie als Einladung die
Ankündigung dieses Organs enthält, daß es zu der Einrichtung des festen
Abonnements übergehn wolle, wie es in Deutschland üblich ist. Ihr Heraus¬
geber ist L. I. Maxse, Sohn des letzten englischen Gouverneurs von Helgoland,
der einen ganzen Stab erprobter Gegner Deutschlands um sich gesammelt hat,
von Engländern unter andern Lord Blenncrhasset. den Gemahl einer deutschen
Dame und feingebildeten Schriftstellerin, gebornen Gräfin Leyden. Ferner
gehören deutschfeindliche Russen zu seinen Mitarbeitern, unter andern ein
Herr Wesfelitzky, der einst auf etwas wunderbare Weise aus Berlin ver¬
schwinden mußte. Ein Ausgleich der englisch-russischen Differenzen ist der
leitende Faden der politischen Haltung der National Ksvisv; vermutlich hat
man sich ein Ziel gesteckt, das der Beilegung der englisch-französischen Neben¬
buhlerschaft durch den sogenannten Marokkovertrag ziemlich ähnlich sähe.
Man empfahl den Engländern, Persien den Russen zu überlassen, dann
werde man einen zufriedengestellten Nachbar am Indischen Ozean haben und
sich des Besitzes Indiens in aller Ruhe erfreuen. Das ging nun allerdings
den Engländern über die Hutschnur. Im Parlament fand eine sehr erregte
Debatte über diesen Plan statt, und alle Redner erklärten sich lebhaft da¬
gegen. Seitdem hat vielmehr England in Asien seine Politik einer ausge-
sprochnen Abwehr russischer Machenschaften wieder aufgenommen. Der indische
Vizekönig hat den Persischen Meerbusen besucht und den „Vasallen," dem
Sultan von Maskat und dem Scheich von Kueit, einen Besuch abgestattet,
auch die persische Herrschaft am Ostufer mit Kanonenschüssen und Flciggen-
dippen gegrüßt. Die Gelegenheit der ostasiatischen Verwicklung wird benutzt,


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[0673] [Abbildung] Deutschlands Stellung zu England und gewissen deutschfeindlichen Treibereien von einem vorurteilsfreien M'^>i'> MWin der englischen Tagespresse ist die Times die Führerin des deutschfeindlichen Chorus. In enger Verbindung mit ihr, wahr¬ scheinlich anch für ihre Rechnung verlegt, sind einige Monats- !revuen, unter denen sich die National Ksviov durch ganz besondre I Gehässigkeit gegen Deutschland auszeichnet. Ihre Verbindung mit der Times erweist sie unter anderen daraus, daß sie als Einladung die Ankündigung dieses Organs enthält, daß es zu der Einrichtung des festen Abonnements übergehn wolle, wie es in Deutschland üblich ist. Ihr Heraus¬ geber ist L. I. Maxse, Sohn des letzten englischen Gouverneurs von Helgoland, der einen ganzen Stab erprobter Gegner Deutschlands um sich gesammelt hat, von Engländern unter andern Lord Blenncrhasset. den Gemahl einer deutschen Dame und feingebildeten Schriftstellerin, gebornen Gräfin Leyden. Ferner gehören deutschfeindliche Russen zu seinen Mitarbeitern, unter andern ein Herr Wesfelitzky, der einst auf etwas wunderbare Weise aus Berlin ver¬ schwinden mußte. Ein Ausgleich der englisch-russischen Differenzen ist der leitende Faden der politischen Haltung der National Ksvisv; vermutlich hat man sich ein Ziel gesteckt, das der Beilegung der englisch-französischen Neben¬ buhlerschaft durch den sogenannten Marokkovertrag ziemlich ähnlich sähe. Man empfahl den Engländern, Persien den Russen zu überlassen, dann werde man einen zufriedengestellten Nachbar am Indischen Ozean haben und sich des Besitzes Indiens in aller Ruhe erfreuen. Das ging nun allerdings den Engländern über die Hutschnur. Im Parlament fand eine sehr erregte Debatte über diesen Plan statt, und alle Redner erklärten sich lebhaft da¬ gegen. Seitdem hat vielmehr England in Asien seine Politik einer ausge- sprochnen Abwehr russischer Machenschaften wieder aufgenommen. Der indische Vizekönig hat den Persischen Meerbusen besucht und den „Vasallen," dem Sultan von Maskat und dem Scheich von Kueit, einen Besuch abgestattet, auch die persische Herrschaft am Ostufer mit Kanonenschüssen und Flciggen- dippen gegrüßt. Die Gelegenheit der ostasiatischen Verwicklung wird benutzt, Grenzboten II 1904 89

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/673>, abgerufen am 13.11.2024.