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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der Kreuzer München

ni dem Stapellauf des Kreuzers München hat ein ziemlich
reichlicher Wechsel von Telegrammen stattgefunden, woran der
Kaiser, der Regent von Bayern, Prinz Ludwig von Bayern,
die Delegierten der Stadt München, die Münchner Stadtver¬
tretung und der Staatssekretär der Marine beteiligt waren.
Jeder Stapellauf eines Linienschiffes oder eines Kreuzers hat bei uns die Be¬
deutung eines kleinen nationalen Festes, in wenig Wochen wird sich derselbe
Vorgang bei dem Ablauf des Linienschiffes Lothringen und eines Panzerkreuzers
in Hamburg wiederholen. An sich ist jeder Zuwachs, den die Flotte erfährt,
ein erfreuliches Ereignis. Die Bundesfürsten bekunden durch ihre Beteiligung
ihr Interesse für die Entwicklung der deutschen Marine, die Einladung sowohl
als die gewühlten Namen bringen hierfür deren Dank zum Ausdruck und ent¬
sprechen dem bundesfreundlichen Verhältnis der deutschen Fürsten und der freien
Städte zueinander sowie dein föderativem Charakter des Reiches. Auch ist es
durchaus angemessen und richtig, daß die Namen der deutschen Fürstenhäuser,
der deutscheu Städte, Stämme und Landschaften für die Namengebung verwandt
werden. Die Flotte auf dem Meere wird damit zu einem Sinnbild des Vater¬
lands, und in den einzelnen Landschaften und Städten bildet sich ein spezielles
Interesse für das nach ihnen benannte Schiff aus. Auch verschwindet damit
die Willkürlichkeit, die früher in der Namengebung üblich war. Die Panzer¬
kreuzer nach deutschen Heerführern, die kleinen Kreuzer nach deutschen Städten,
die Linienschiffe nächst der Kaiserklasse und den Fürstenhäusern nach den
Bundesstaaten und einzelnen deutscheu Landschaften zu benennen, ist ein sehr
guter Gedanke, auch der einzelne Matrose wird sich auf einem den Namen
seiner Heimat tragenden Schiffe mehr "zuhause" fühlen.

Telegraphische Begrüßungen bei einer solchen Schiffstaufe können in
unsrer Zeit, wo der Drahtverkehr bei allen festlichen Anlässen geradezu zum
Bedürfnis geworden ist, nicht weiter auffallen. Sie geben dem patriotischen
Empfinden Ausdruck und gestalten sich so zu einem immerhin nicht bedeutungs¬
losen Austausch von nationalen Kundgebungen zwischeu dem Kaiser und der
Marine auf der einen und den an der Schiffstaufe zunächst beteiligten Kreisen
auf der andern Seite -- jedesmal ein neues Zeugnis für die Fortdauer alter
Gesinnungen. Aber es kann selbstverständlich nicht fehlen, daß gerade dieser
Austausch von patriotischen Bezeuguugeu die Aufmerksamkeit des Auslandes in


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Der Kreuzer München

ni dem Stapellauf des Kreuzers München hat ein ziemlich
reichlicher Wechsel von Telegrammen stattgefunden, woran der
Kaiser, der Regent von Bayern, Prinz Ludwig von Bayern,
die Delegierten der Stadt München, die Münchner Stadtver¬
tretung und der Staatssekretär der Marine beteiligt waren.
Jeder Stapellauf eines Linienschiffes oder eines Kreuzers hat bei uns die Be¬
deutung eines kleinen nationalen Festes, in wenig Wochen wird sich derselbe
Vorgang bei dem Ablauf des Linienschiffes Lothringen und eines Panzerkreuzers
in Hamburg wiederholen. An sich ist jeder Zuwachs, den die Flotte erfährt,
ein erfreuliches Ereignis. Die Bundesfürsten bekunden durch ihre Beteiligung
ihr Interesse für die Entwicklung der deutschen Marine, die Einladung sowohl
als die gewühlten Namen bringen hierfür deren Dank zum Ausdruck und ent¬
sprechen dem bundesfreundlichen Verhältnis der deutschen Fürsten und der freien
Städte zueinander sowie dein föderativem Charakter des Reiches. Auch ist es
durchaus angemessen und richtig, daß die Namen der deutschen Fürstenhäuser,
der deutscheu Städte, Stämme und Landschaften für die Namengebung verwandt
werden. Die Flotte auf dem Meere wird damit zu einem Sinnbild des Vater¬
lands, und in den einzelnen Landschaften und Städten bildet sich ein spezielles
Interesse für das nach ihnen benannte Schiff aus. Auch verschwindet damit
die Willkürlichkeit, die früher in der Namengebung üblich war. Die Panzer¬
kreuzer nach deutschen Heerführern, die kleinen Kreuzer nach deutschen Städten,
die Linienschiffe nächst der Kaiserklasse und den Fürstenhäusern nach den
Bundesstaaten und einzelnen deutscheu Landschaften zu benennen, ist ein sehr
guter Gedanke, auch der einzelne Matrose wird sich auf einem den Namen
seiner Heimat tragenden Schiffe mehr „zuhause" fühlen.

Telegraphische Begrüßungen bei einer solchen Schiffstaufe können in
unsrer Zeit, wo der Drahtverkehr bei allen festlichen Anlässen geradezu zum
Bedürfnis geworden ist, nicht weiter auffallen. Sie geben dem patriotischen
Empfinden Ausdruck und gestalten sich so zu einem immerhin nicht bedeutungs¬
losen Austausch von nationalen Kundgebungen zwischeu dem Kaiser und der
Marine auf der einen und den an der Schiffstaufe zunächst beteiligten Kreisen
auf der andern Seite — jedesmal ein neues Zeugnis für die Fortdauer alter
Gesinnungen. Aber es kann selbstverständlich nicht fehlen, daß gerade dieser
Austausch von patriotischen Bezeuguugeu die Aufmerksamkeit des Auslandes in


Grenzbow, II I9N4 41
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/313>, abgerufen am 13.11.2024.