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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

Es ist eine eigentümliche lind für eine spätere Darstellung der Entwicklung
unsrer Reichsverhältnisse hochinteressante Erscheinung, daß sich die Anlässe häufen,
die zu einer Einmischung des Reichstags in innere Angelegenheiten Preußens und
seiner Laudespolitik führen. An solchen Einmischungen hat es ja auch ehedem
nicht gefehlt, und in der Presse ist erst vor kurzem daran erinnert worden, daß
am 1, Dezember 1885 eine Kaiserliche Botschaft an den damaligen Reichstag eine
solche Einmischung zurückwies, die in Form einer Jnterpellation zugunsten aus-
gcwiesuer russischer und österreichischer Polen versucht wurde. In der laufenden
Session des Reichstags hat zunächst die Ostmarkenznlage, die Ausweisung der
Herren Silberfarb und Maudelstcnnm, zuletzt die Stilllegung von Zechen im Ruhr¬
gebiet Anlaß geboten, die preußische Landespolitik und andre innere Angelegen¬
heiten Preußens vor das Forum des Reichstags zu ziehn. Bei der Ostmarken¬
zulage war es selbstverständlich nicht zu vermeiden, daß mit einer solchen Forderung
im Etat der Reichspostverwaltung auch die Begründung einer eingehenden Er¬
örterung preisgegeben werde" mußte. Die Nichtbewilliguug war jedoch bei der
heutigen Zusammensetzung des Reichstags vorauszusehen, und es wäre deshalb
vielleicht richtiger gewesen, dem Reichstag einen solchen Anlaß zu einer Kritik der
preußischen Pvlenpolitik nicht zu bieten. Sachlich ist die Versagung der Zulagen
unklug gewesen, denn die Postverwaltung wird sich auf andern, Wege und nament¬
lich durch häufigere Versetzung der Beamten helfen müssen. Das liegt nicht im
Interesse des Dienstes und ist obendrein ebenfalls mit Umzugskosten usw. ver¬
knüpft. Nun liegt ja allerdings für die Erörterung der mit der polnischen
Agitation verbundnen Fragen im Reichstage ein Präzedeuzfall schon aus der Zeit
des Norddeutschen Bundes vor, es ist eine der berühmtesten und glänzendsten
Reden Bismarcks, womit er um 18. März 1867 deu Protest der Polen gegen
die Aufnahme der ehemals polnischen Landesteile in den Norddeutschen Bund
zurückwies. Seitdem hat eine große Anzahl von Polendebatten im Reichstage
stattgefunden, der gesamte Kulturkampf hat zum wesentlichen Teil in den polnischen
Verhältnissen seinen Ausgang und seine engen Beziehungen gehabt. Die Aus¬
weisung russischer Untertanen aus Preußen ist sodann vor wenig Wochen
wiederum zum Gegenstand einer Debatte gemacht worden, wobei die Regierung
den Standpunkt von 1885 nicht aufrecht erhalten hat.

In der Debatte über die Lage im Ruhrrevier endlich, am 21. April, ist eine Be¬
rechtigung des Reichstags, dazu Stellung zu nehmen, von der Regierung bestritten, von
allen Parteien dagegen, sogar von den Konservativen, anerkannt worden; nur dem frei¬
sinnigen Abgeordneten Gothein war es vorbehalten, die Zuständigkeit des preußischen
Abgeordnetenhauses festzustellen und daran zu erinnern, daß nach der Entstehungs¬
geschichte der Reichsverfassung der Bergbau ausdrücklich vom Artikel 4 ausgenommen
ist. Als Hauptgrund für die Verhandlung im Reichstage führte er das Rede¬
bedürfnis der Sozialdemokratie an, das diese im preußischen Landtage ja erfreulicher¬
weise nicht befriedigen kaun. Bemerkenswert war in diesem Falle wie in allen
ähnlichen die Haltung des Zentrums. Für das Zentrum ist der Reichstag immer
kompetent, sobald es sich um Preuße" handelt; eine Einmischung des Reichstags
in bayrische und badische Verhältnisse würde dasselbe Zentrum lebhaft bekämpfen,
es sei denn, daß es sich für das Zentrum selbst um eine taktische Diversion zu¬
gunsten seiner bayrischen oder badischen Parteigenossen handelte. Bei einer genauern
Prüfung der Zentrnmsanträgc und der Beschlüsse der letzten Jahre kommt man
ohnehin sehr bald zu der Überzeugung, daß das Zentrum weit militärischer ge¬
worden ist, seitdem es im Reichstag eine beherrschende und ausschlaggebende Stellung
einnimmt. Es folgt damit allerdings einer unauffällig aber sich schier unaufhaltsam
vollziehenden Bewegung in dieser Richtung. Je mehr Reichsgesetze, desto unitarischer


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

Es ist eine eigentümliche lind für eine spätere Darstellung der Entwicklung
unsrer Reichsverhältnisse hochinteressante Erscheinung, daß sich die Anlässe häufen,
die zu einer Einmischung des Reichstags in innere Angelegenheiten Preußens und
seiner Laudespolitik führen. An solchen Einmischungen hat es ja auch ehedem
nicht gefehlt, und in der Presse ist erst vor kurzem daran erinnert worden, daß
am 1, Dezember 1885 eine Kaiserliche Botschaft an den damaligen Reichstag eine
solche Einmischung zurückwies, die in Form einer Jnterpellation zugunsten aus-
gcwiesuer russischer und österreichischer Polen versucht wurde. In der laufenden
Session des Reichstags hat zunächst die Ostmarkenznlage, die Ausweisung der
Herren Silberfarb und Maudelstcnnm, zuletzt die Stilllegung von Zechen im Ruhr¬
gebiet Anlaß geboten, die preußische Landespolitik und andre innere Angelegen¬
heiten Preußens vor das Forum des Reichstags zu ziehn. Bei der Ostmarken¬
zulage war es selbstverständlich nicht zu vermeiden, daß mit einer solchen Forderung
im Etat der Reichspostverwaltung auch die Begründung einer eingehenden Er¬
örterung preisgegeben werde» mußte. Die Nichtbewilliguug war jedoch bei der
heutigen Zusammensetzung des Reichstags vorauszusehen, und es wäre deshalb
vielleicht richtiger gewesen, dem Reichstag einen solchen Anlaß zu einer Kritik der
preußischen Pvlenpolitik nicht zu bieten. Sachlich ist die Versagung der Zulagen
unklug gewesen, denn die Postverwaltung wird sich auf andern, Wege und nament¬
lich durch häufigere Versetzung der Beamten helfen müssen. Das liegt nicht im
Interesse des Dienstes und ist obendrein ebenfalls mit Umzugskosten usw. ver¬
knüpft. Nun liegt ja allerdings für die Erörterung der mit der polnischen
Agitation verbundnen Fragen im Reichstage ein Präzedeuzfall schon aus der Zeit
des Norddeutschen Bundes vor, es ist eine der berühmtesten und glänzendsten
Reden Bismarcks, womit er um 18. März 1867 deu Protest der Polen gegen
die Aufnahme der ehemals polnischen Landesteile in den Norddeutschen Bund
zurückwies. Seitdem hat eine große Anzahl von Polendebatten im Reichstage
stattgefunden, der gesamte Kulturkampf hat zum wesentlichen Teil in den polnischen
Verhältnissen seinen Ausgang und seine engen Beziehungen gehabt. Die Aus¬
weisung russischer Untertanen aus Preußen ist sodann vor wenig Wochen
wiederum zum Gegenstand einer Debatte gemacht worden, wobei die Regierung
den Standpunkt von 1885 nicht aufrecht erhalten hat.

In der Debatte über die Lage im Ruhrrevier endlich, am 21. April, ist eine Be¬
rechtigung des Reichstags, dazu Stellung zu nehmen, von der Regierung bestritten, von
allen Parteien dagegen, sogar von den Konservativen, anerkannt worden; nur dem frei¬
sinnigen Abgeordneten Gothein war es vorbehalten, die Zuständigkeit des preußischen
Abgeordnetenhauses festzustellen und daran zu erinnern, daß nach der Entstehungs¬
geschichte der Reichsverfassung der Bergbau ausdrücklich vom Artikel 4 ausgenommen
ist. Als Hauptgrund für die Verhandlung im Reichstage führte er das Rede¬
bedürfnis der Sozialdemokratie an, das diese im preußischen Landtage ja erfreulicher¬
weise nicht befriedigen kaun. Bemerkenswert war in diesem Falle wie in allen
ähnlichen die Haltung des Zentrums. Für das Zentrum ist der Reichstag immer
kompetent, sobald es sich um Preuße» handelt; eine Einmischung des Reichstags
in bayrische und badische Verhältnisse würde dasselbe Zentrum lebhaft bekämpfen,
es sei denn, daß es sich für das Zentrum selbst um eine taktische Diversion zu¬
gunsten seiner bayrischen oder badischen Parteigenossen handelte. Bei einer genauern
Prüfung der Zentrnmsanträgc und der Beschlüsse der letzten Jahre kommt man
ohnehin sehr bald zu der Überzeugung, daß das Zentrum weit militärischer ge¬
worden ist, seitdem es im Reichstag eine beherrschende und ausschlaggebende Stellung
einnimmt. Es folgt damit allerdings einer unauffällig aber sich schier unaufhaltsam
vollziehenden Bewegung in dieser Richtung. Je mehr Reichsgesetze, desto unitarischer


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[0241] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel Es ist eine eigentümliche lind für eine spätere Darstellung der Entwicklung unsrer Reichsverhältnisse hochinteressante Erscheinung, daß sich die Anlässe häufen, die zu einer Einmischung des Reichstags in innere Angelegenheiten Preußens und seiner Laudespolitik führen. An solchen Einmischungen hat es ja auch ehedem nicht gefehlt, und in der Presse ist erst vor kurzem daran erinnert worden, daß am 1, Dezember 1885 eine Kaiserliche Botschaft an den damaligen Reichstag eine solche Einmischung zurückwies, die in Form einer Jnterpellation zugunsten aus- gcwiesuer russischer und österreichischer Polen versucht wurde. In der laufenden Session des Reichstags hat zunächst die Ostmarkenznlage, die Ausweisung der Herren Silberfarb und Maudelstcnnm, zuletzt die Stilllegung von Zechen im Ruhr¬ gebiet Anlaß geboten, die preußische Landespolitik und andre innere Angelegen¬ heiten Preußens vor das Forum des Reichstags zu ziehn. Bei der Ostmarken¬ zulage war es selbstverständlich nicht zu vermeiden, daß mit einer solchen Forderung im Etat der Reichspostverwaltung auch die Begründung einer eingehenden Er¬ örterung preisgegeben werde» mußte. Die Nichtbewilliguug war jedoch bei der heutigen Zusammensetzung des Reichstags vorauszusehen, und es wäre deshalb vielleicht richtiger gewesen, dem Reichstag einen solchen Anlaß zu einer Kritik der preußischen Pvlenpolitik nicht zu bieten. Sachlich ist die Versagung der Zulagen unklug gewesen, denn die Postverwaltung wird sich auf andern, Wege und nament¬ lich durch häufigere Versetzung der Beamten helfen müssen. Das liegt nicht im Interesse des Dienstes und ist obendrein ebenfalls mit Umzugskosten usw. ver¬ knüpft. Nun liegt ja allerdings für die Erörterung der mit der polnischen Agitation verbundnen Fragen im Reichstage ein Präzedeuzfall schon aus der Zeit des Norddeutschen Bundes vor, es ist eine der berühmtesten und glänzendsten Reden Bismarcks, womit er um 18. März 1867 deu Protest der Polen gegen die Aufnahme der ehemals polnischen Landesteile in den Norddeutschen Bund zurückwies. Seitdem hat eine große Anzahl von Polendebatten im Reichstage stattgefunden, der gesamte Kulturkampf hat zum wesentlichen Teil in den polnischen Verhältnissen seinen Ausgang und seine engen Beziehungen gehabt. Die Aus¬ weisung russischer Untertanen aus Preußen ist sodann vor wenig Wochen wiederum zum Gegenstand einer Debatte gemacht worden, wobei die Regierung den Standpunkt von 1885 nicht aufrecht erhalten hat. In der Debatte über die Lage im Ruhrrevier endlich, am 21. April, ist eine Be¬ rechtigung des Reichstags, dazu Stellung zu nehmen, von der Regierung bestritten, von allen Parteien dagegen, sogar von den Konservativen, anerkannt worden; nur dem frei¬ sinnigen Abgeordneten Gothein war es vorbehalten, die Zuständigkeit des preußischen Abgeordnetenhauses festzustellen und daran zu erinnern, daß nach der Entstehungs¬ geschichte der Reichsverfassung der Bergbau ausdrücklich vom Artikel 4 ausgenommen ist. Als Hauptgrund für die Verhandlung im Reichstage führte er das Rede¬ bedürfnis der Sozialdemokratie an, das diese im preußischen Landtage ja erfreulicher¬ weise nicht befriedigen kaun. Bemerkenswert war in diesem Falle wie in allen ähnlichen die Haltung des Zentrums. Für das Zentrum ist der Reichstag immer kompetent, sobald es sich um Preuße» handelt; eine Einmischung des Reichstags in bayrische und badische Verhältnisse würde dasselbe Zentrum lebhaft bekämpfen, es sei denn, daß es sich für das Zentrum selbst um eine taktische Diversion zu¬ gunsten seiner bayrischen oder badischen Parteigenossen handelte. Bei einer genauern Prüfung der Zentrnmsanträgc und der Beschlüsse der letzten Jahre kommt man ohnehin sehr bald zu der Überzeugung, daß das Zentrum weit militärischer ge¬ worden ist, seitdem es im Reichstag eine beherrschende und ausschlaggebende Stellung einnimmt. Es folgt damit allerdings einer unauffällig aber sich schier unaufhaltsam vollziehenden Bewegung in dieser Richtung. Je mehr Reichsgesetze, desto unitarischer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/241>, abgerufen am 13.11.2024.