Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

LiM8Ah mit dem Indikativ gesetzt; einmal gar der ^.eousg.t.ivnZ eum IirlüMvo, ob¬
wohl vorher inqM vorkam usw. usw. Es war haarsträubend.

Ich putzte meinen Junge" tüchtig herunter; als er aber weggeschlichen war,
schlug ich an meine Brust, setzte mich an den Schreibtisch und schrieb folgendes an
den Herrn Dr. Müller:

Hochgeehrter Herr Doktor! Mit großem Bedauern habe ich gesehen, daß
mein Sohn eine so liederliche Ferienarbeit geliefert hat. Zu meinem noch großer"
Schmerze aber muß ich bekennen, daß ich die Hauptschuld trage.

Denn warum habe ich meinen Sohn nicht veranlaßt, seine Ferienarbeit in
den ersten drei Tagen zu machen, als die Erinnerung an die lateinische Syntax
noch frisch und lebendig in seiner Seele war?

Oder, wenn dies nicht möglich war, warum habe ich in sträflicher Nachlässig¬
keit den stillschweigenden Paragraphen der Schulordnung übersehe", der es den
Eltern zur Pflicht macht, durch tagtägliches Repetieren den aussetzenden Unterricht
zu ersetzen und ihre Söhne in wissenschaftlicher Übung zu erhalten?

Oder, wenn dies nicht ging, warum habe ich die vielen Steine des Anstoßes
und Ärgernisses nicht auf geradem und ungeraden Wege weggeräumt, ehe ich
meinen Sohn die Arbeit einschreiben ließ?

Sie sehen, hochgeehrter Herr Doktor, ich bin mir meiner Schuld voll be¬
wußt, und ich bitte Sie nur, mir auf dieses mein reumütiges Bekenntnis hin
Ihre werte Verzeihung noch einmal gewähren zu wollen, mit der ich verbleibe


in unbegrenzter Hochachtung
Ihr
völlig zerknirschter Schülervnter.
Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm.

Im Anschluß an den
in Hest 37 enthaltnen Artikel möchten wir unsern Lesern sowie allen Freunden
des deutschen Wörterbuchs mitteilen, daß sich voraussichtlich die Germauistische Sektion
der demnächst in Halle lagerten Philolvgenversammluug mit der Frage eingehend
beschäftigen wird, wie eine raschere Förderung der Arbeit an dem natio¬
nalen Werke und damit seine Vollendung in absehbarer Zeit zu er¬
möglichen sind. Da mehrere Mitarbeiter des Wörterbuchs an deu Verhandlungen
teilnehmen werden, so besteht die Hoffnung, daß man in Halle einer befriedigenden
Lösung der Frage einen Schritt näher kommen wird.






Zur Beachtung
Mit dem nächsten Hefte beginnt diese Zeitschrift dos 4. Vierteljahr ihres ">-!. Jahr¬
ganges. Sie ist durch alle Buchhandlungen und Postanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen. Preis für das Vierteljahr ki Mark. Wir bitten, die Gestellung schleunig zu
erneuern.
Unsre Jeser machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß die Grenzbotrn
regelmäszig jeden Donnerstag rrfchrinen. Wenn Unregelmäßigkeiten in der Kieferung,
besonders beim Guartalwechsel, vorkomme", so bitten wir dringend, uns dies sofort
mitzuteilen, damit mir für Abhilfe sorgen Können.
Leipzig, im Keptember i"o:- Verlagshandlung


Maßgebliches und Unmaßgebliches

LiM8Ah mit dem Indikativ gesetzt; einmal gar der ^.eousg.t.ivnZ eum IirlüMvo, ob¬
wohl vorher inqM vorkam usw. usw. Es war haarsträubend.

Ich putzte meinen Junge» tüchtig herunter; als er aber weggeschlichen war,
schlug ich an meine Brust, setzte mich an den Schreibtisch und schrieb folgendes an
den Herrn Dr. Müller:

Hochgeehrter Herr Doktor! Mit großem Bedauern habe ich gesehen, daß
mein Sohn eine so liederliche Ferienarbeit geliefert hat. Zu meinem noch großer»
Schmerze aber muß ich bekennen, daß ich die Hauptschuld trage.

Denn warum habe ich meinen Sohn nicht veranlaßt, seine Ferienarbeit in
den ersten drei Tagen zu machen, als die Erinnerung an die lateinische Syntax
noch frisch und lebendig in seiner Seele war?

Oder, wenn dies nicht möglich war, warum habe ich in sträflicher Nachlässig¬
keit den stillschweigenden Paragraphen der Schulordnung übersehe«, der es den
Eltern zur Pflicht macht, durch tagtägliches Repetieren den aussetzenden Unterricht
zu ersetzen und ihre Söhne in wissenschaftlicher Übung zu erhalten?

Oder, wenn dies nicht ging, warum habe ich die vielen Steine des Anstoßes
und Ärgernisses nicht auf geradem und ungeraden Wege weggeräumt, ehe ich
meinen Sohn die Arbeit einschreiben ließ?

Sie sehen, hochgeehrter Herr Doktor, ich bin mir meiner Schuld voll be¬
wußt, und ich bitte Sie nur, mir auf dieses mein reumütiges Bekenntnis hin
Ihre werte Verzeihung noch einmal gewähren zu wollen, mit der ich verbleibe


in unbegrenzter Hochachtung
Ihr
völlig zerknirschter Schülervnter.
Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm.

Im Anschluß an den
in Hest 37 enthaltnen Artikel möchten wir unsern Lesern sowie allen Freunden
des deutschen Wörterbuchs mitteilen, daß sich voraussichtlich die Germauistische Sektion
der demnächst in Halle lagerten Philolvgenversammluug mit der Frage eingehend
beschäftigen wird, wie eine raschere Förderung der Arbeit an dem natio¬
nalen Werke und damit seine Vollendung in absehbarer Zeit zu er¬
möglichen sind. Da mehrere Mitarbeiter des Wörterbuchs an deu Verhandlungen
teilnehmen werden, so besteht die Hoffnung, daß man in Halle einer befriedigenden
Lösung der Frage einen Schritt näher kommen wird.






Zur Beachtung
Mit dem nächsten Hefte beginnt diese Zeitschrift dos 4. Vierteljahr ihres «>-!. Jahr¬
ganges. Sie ist durch alle Buchhandlungen und Postanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen. Preis für das Vierteljahr ki Mark. Wir bitten, die Gestellung schleunig zu
erneuern.
Unsre Jeser machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß die Grenzbotrn
regelmäszig jeden Donnerstag rrfchrinen. Wenn Unregelmäßigkeiten in der Kieferung,
besonders beim Guartalwechsel, vorkomme», so bitten wir dringend, uns dies sofort
mitzuteilen, damit mir für Abhilfe sorgen Können.
Leipzig, im Keptember i»o:- Verlagshandlung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0838" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/242058"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_3653" prev="#ID_3652"> LiM8Ah mit dem Indikativ gesetzt; einmal gar der ^.eousg.t.ivnZ eum IirlüMvo, ob¬<lb/>
wohl vorher inqM vorkam usw. usw.  Es war haarsträubend.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3654"> Ich putzte meinen Junge» tüchtig herunter; als er aber weggeschlichen war,<lb/>
schlug ich an meine Brust, setzte mich an den Schreibtisch und schrieb folgendes an<lb/>
den Herrn Dr. Müller:</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3655"> Hochgeehrter Herr Doktor! Mit großem Bedauern habe ich gesehen, daß<lb/>
mein Sohn eine so liederliche Ferienarbeit geliefert hat. Zu meinem noch großer»<lb/>
Schmerze aber muß ich bekennen, daß ich die Hauptschuld trage.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3656"> Denn warum habe ich meinen Sohn nicht veranlaßt, seine Ferienarbeit in<lb/>
den ersten drei Tagen zu machen, als die Erinnerung an die lateinische Syntax<lb/>
noch frisch und lebendig in seiner Seele war?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3657"> Oder, wenn dies nicht möglich war, warum habe ich in sträflicher Nachlässig¬<lb/>
keit den stillschweigenden Paragraphen der Schulordnung übersehe«, der es den<lb/>
Eltern zur Pflicht macht, durch tagtägliches Repetieren den aussetzenden Unterricht<lb/>
zu ersetzen und ihre Söhne in wissenschaftlicher Übung zu erhalten?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3658"> Oder, wenn dies nicht ging, warum habe ich die vielen Steine des Anstoßes<lb/>
und Ärgernisses nicht auf geradem und ungeraden Wege weggeräumt, ehe ich<lb/>
meinen Sohn die Arbeit einschreiben ließ?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3659"> Sie sehen, hochgeehrter Herr Doktor, ich bin mir meiner Schuld voll be¬<lb/>
wußt, und ich bitte Sie nur, mir auf dieses mein reumütiges Bekenntnis hin<lb/>
Ihre werte Verzeihung noch einmal gewähren zu wollen, mit der ich verbleibe</p><lb/>
            <note type="closer"> in unbegrenzter Hochachtung<lb/><note type="bibl"> Ihr<lb/>
völlig zerknirschter Schülervnter.</note></note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm.</head>
            <p xml:id="ID_3660"> Im Anschluß an den<lb/>
in Hest 37 enthaltnen Artikel möchten wir unsern Lesern sowie allen Freunden<lb/>
des deutschen Wörterbuchs mitteilen, daß sich voraussichtlich die Germauistische Sektion<lb/>
der demnächst in Halle lagerten Philolvgenversammluug mit der Frage eingehend<lb/>
beschäftigen wird, wie eine raschere Förderung der Arbeit an dem natio¬<lb/>
nalen Werke und damit seine Vollendung in absehbarer Zeit zu er¬<lb/>
möglichen sind. Da mehrere Mitarbeiter des Wörterbuchs an deu Verhandlungen<lb/>
teilnehmen werden, so besteht die Hoffnung, daß man in Halle einer befriedigenden<lb/>
Lösung der Frage einen Schritt näher kommen wird.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="advertisement">
                <p> Zur Beachtung<lb/>
Mit dem nächsten Hefte beginnt diese Zeitschrift dos 4. Vierteljahr ihres «&gt;-!. Jahr¬<lb/>
ganges. Sie ist durch alle Buchhandlungen und Postanstalten des In- und Auslandes zu<lb/>
beziehen. Preis für das Vierteljahr ki Mark. Wir bitten, die Gestellung schleunig zu<lb/>
erneuern.<lb/>
Unsre Jeser machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß die Grenzbotrn<lb/>
regelmäszig jeden Donnerstag rrfchrinen. Wenn Unregelmäßigkeiten in der Kieferung,<lb/>
besonders beim Guartalwechsel, vorkomme», so bitten wir dringend, uns dies sofort<lb/>
mitzuteilen, damit mir für Abhilfe sorgen Können.<lb/>
Leipzig, im Keptember i»o:- Verlagshandlung</p>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0838] Maßgebliches und Unmaßgebliches LiM8Ah mit dem Indikativ gesetzt; einmal gar der ^.eousg.t.ivnZ eum IirlüMvo, ob¬ wohl vorher inqM vorkam usw. usw. Es war haarsträubend. Ich putzte meinen Junge» tüchtig herunter; als er aber weggeschlichen war, schlug ich an meine Brust, setzte mich an den Schreibtisch und schrieb folgendes an den Herrn Dr. Müller: Hochgeehrter Herr Doktor! Mit großem Bedauern habe ich gesehen, daß mein Sohn eine so liederliche Ferienarbeit geliefert hat. Zu meinem noch großer» Schmerze aber muß ich bekennen, daß ich die Hauptschuld trage. Denn warum habe ich meinen Sohn nicht veranlaßt, seine Ferienarbeit in den ersten drei Tagen zu machen, als die Erinnerung an die lateinische Syntax noch frisch und lebendig in seiner Seele war? Oder, wenn dies nicht möglich war, warum habe ich in sträflicher Nachlässig¬ keit den stillschweigenden Paragraphen der Schulordnung übersehe«, der es den Eltern zur Pflicht macht, durch tagtägliches Repetieren den aussetzenden Unterricht zu ersetzen und ihre Söhne in wissenschaftlicher Übung zu erhalten? Oder, wenn dies nicht ging, warum habe ich die vielen Steine des Anstoßes und Ärgernisses nicht auf geradem und ungeraden Wege weggeräumt, ehe ich meinen Sohn die Arbeit einschreiben ließ? Sie sehen, hochgeehrter Herr Doktor, ich bin mir meiner Schuld voll be¬ wußt, und ich bitte Sie nur, mir auf dieses mein reumütiges Bekenntnis hin Ihre werte Verzeihung noch einmal gewähren zu wollen, mit der ich verbleibe in unbegrenzter Hochachtung Ihr völlig zerknirschter Schülervnter. Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm. Im Anschluß an den in Hest 37 enthaltnen Artikel möchten wir unsern Lesern sowie allen Freunden des deutschen Wörterbuchs mitteilen, daß sich voraussichtlich die Germauistische Sektion der demnächst in Halle lagerten Philolvgenversammluug mit der Frage eingehend beschäftigen wird, wie eine raschere Förderung der Arbeit an dem natio¬ nalen Werke und damit seine Vollendung in absehbarer Zeit zu er¬ möglichen sind. Da mehrere Mitarbeiter des Wörterbuchs an deu Verhandlungen teilnehmen werden, so besteht die Hoffnung, daß man in Halle einer befriedigenden Lösung der Frage einen Schritt näher kommen wird. Zur Beachtung Mit dem nächsten Hefte beginnt diese Zeitschrift dos 4. Vierteljahr ihres «>-!. Jahr¬ ganges. Sie ist durch alle Buchhandlungen und Postanstalten des In- und Auslandes zu beziehen. Preis für das Vierteljahr ki Mark. Wir bitten, die Gestellung schleunig zu erneuern. Unsre Jeser machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß die Grenzbotrn regelmäszig jeden Donnerstag rrfchrinen. Wenn Unregelmäßigkeiten in der Kieferung, besonders beim Guartalwechsel, vorkomme», so bitten wir dringend, uns dies sofort mitzuteilen, damit mir für Abhilfe sorgen Können. Leipzig, im Keptember i»o:- Verlagshandlung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/838
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/838>, abgerufen am 31.08.2024.