Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Fannlienfideikommisse
(Schluß)

cum man sich darüber einig ist. daß Fannlieufideikounnisse dem
Staate von Nutzen, der Entwicklung des Volkswohlstandes nicht
hinderlich und gerade in der Gegenwart, die einer Mobilmachung
aller staatserhaltenden Kräfte zur Abwehr bevorstehender Angriffe
gewidmet sein sollte, besonders wichtig sind -- eine Anschauung, der
nicht bloß von den Sozialdemokraten und den Anarchisten, sondern auch hier und
da von staatsfreundlichen Fortschrittlern widersprochen wird --. so ist damit
für einen diese Angelegenheit regelnden Gesetzentwurf nur die allgemeinste
Grundlage gewonnen, und die Schwierigkeiten aller Art. wie man eine gesunde
Entwicklung des schon Bestehenden herbeiführen und Gefährdungen des Volks¬
wohlstandes, die dem lähmenden Einfluß der toten Hand zuzuschreiben wären,
aus dem Wege gehen könne, stellen sich in Menge ein.

Dem Übelstande, daß die Errichtung jedes Familienfideikviumisses eine
Stiftung ist, die ein Mumienboot ans dem rasch dahingleitenden Strome des
Lebens zu verschiffen sucht und diesem Boote Kapitäne und Steuerleute, deren
Hände vielfach gebunden sind, mitgibt, ist schwer abzuhelfen, denn sowie man
die Hände des Kapitäns und des Steuermanns allzu frei macht, verliert der Staat
deu leitenden Einfluß. mit dein er darüber wachen zu müssen glaubt, daß durch
"lie Generationen, und solange das Fideikommiß in Kraft bleibt, den Absichten
des Stifters nachgekommen und dem Gefamtwohl oder dem Interesse der
übrigen Familienglieder nicht zuwidergehandelt werde. Der Entwurf und die
ihm beigegebne Begründungsschrift beweisen, mit welchem Ernste, mit welcher
Sachkenntnis und mit welchem weiten Blick diese Schriftstücke vorbereitet worden
sind: wahres entwicklungsfähiges Leben wird freilich auch durch diese,, Entwurf
den, Familienfideikommisse nicht eingeflößt werde,,, denn das mumienhaft
Unbewegliche liegt schon in seinem Begriff, aber wer beide Schriftstücke mit vor¬
urteilsfreiein Auge mustert, wird zugeben müssen, daß sie von einer durchans
unparteiischen und sachlichen Beurteilung der Verhältnisse ausgehn und im
Juteresse der Gesamtheit sowohl als der uächstbcteiligtc" Privatpersonen ver-
meidliche Übelstände nach Möglichkeit abstellen. Alis alle Einzelheiten des
Entwurfs einzugch" wird rein fachwissenschaftlichen Blättern eher möglich sein.


Grenzboten III 1903 97


Fannlienfideikommisse
(Schluß)

cum man sich darüber einig ist. daß Fannlieufideikounnisse dem
Staate von Nutzen, der Entwicklung des Volkswohlstandes nicht
hinderlich und gerade in der Gegenwart, die einer Mobilmachung
aller staatserhaltenden Kräfte zur Abwehr bevorstehender Angriffe
gewidmet sein sollte, besonders wichtig sind — eine Anschauung, der
nicht bloß von den Sozialdemokraten und den Anarchisten, sondern auch hier und
da von staatsfreundlichen Fortschrittlern widersprochen wird —. so ist damit
für einen diese Angelegenheit regelnden Gesetzentwurf nur die allgemeinste
Grundlage gewonnen, und die Schwierigkeiten aller Art. wie man eine gesunde
Entwicklung des schon Bestehenden herbeiführen und Gefährdungen des Volks¬
wohlstandes, die dem lähmenden Einfluß der toten Hand zuzuschreiben wären,
aus dem Wege gehen könne, stellen sich in Menge ein.

Dem Übelstande, daß die Errichtung jedes Familienfideikviumisses eine
Stiftung ist, die ein Mumienboot ans dem rasch dahingleitenden Strome des
Lebens zu verschiffen sucht und diesem Boote Kapitäne und Steuerleute, deren
Hände vielfach gebunden sind, mitgibt, ist schwer abzuhelfen, denn sowie man
die Hände des Kapitäns und des Steuermanns allzu frei macht, verliert der Staat
deu leitenden Einfluß. mit dein er darüber wachen zu müssen glaubt, daß durch
«lie Generationen, und solange das Fideikommiß in Kraft bleibt, den Absichten
des Stifters nachgekommen und dem Gefamtwohl oder dem Interesse der
übrigen Familienglieder nicht zuwidergehandelt werde. Der Entwurf und die
ihm beigegebne Begründungsschrift beweisen, mit welchem Ernste, mit welcher
Sachkenntnis und mit welchem weiten Blick diese Schriftstücke vorbereitet worden
sind: wahres entwicklungsfähiges Leben wird freilich auch durch diese,, Entwurf
den, Familienfideikommisse nicht eingeflößt werde,,, denn das mumienhaft
Unbewegliche liegt schon in seinem Begriff, aber wer beide Schriftstücke mit vor¬
urteilsfreiein Auge mustert, wird zugeben müssen, daß sie von einer durchans
unparteiischen und sachlichen Beurteilung der Verhältnisse ausgehn und im
Juteresse der Gesamtheit sowohl als der uächstbcteiligtc» Privatpersonen ver-
meidliche Übelstände nach Möglichkeit abstellen. Alis alle Einzelheiten des
Entwurfs einzugch» wird rein fachwissenschaftlichen Blättern eher möglich sein.


Grenzboten III 1903 97
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0777" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241997"/>
        <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341877_241213/figures/grenzboten_341877_241213_241997_000.jpg"/><lb/>
        <div n="1">
          <head> Fannlienfideikommisse<lb/>
(Schluß) </head><lb/>
          <p xml:id="ID_3321"> cum man sich darüber einig ist. daß Fannlieufideikounnisse dem<lb/>
Staate von Nutzen, der Entwicklung des Volkswohlstandes nicht<lb/>
hinderlich und gerade in der Gegenwart, die einer Mobilmachung<lb/>
aller staatserhaltenden Kräfte zur Abwehr bevorstehender Angriffe<lb/>
gewidmet sein sollte, besonders wichtig sind &#x2014; eine Anschauung, der<lb/>
nicht bloß von den Sozialdemokraten und den Anarchisten, sondern auch hier und<lb/>
da von staatsfreundlichen Fortschrittlern widersprochen wird &#x2014;. so ist damit<lb/>
für einen diese Angelegenheit regelnden Gesetzentwurf nur die allgemeinste<lb/>
Grundlage gewonnen, und die Schwierigkeiten aller Art. wie man eine gesunde<lb/>
Entwicklung des schon Bestehenden herbeiführen und Gefährdungen des Volks¬<lb/>
wohlstandes, die dem lähmenden Einfluß der toten Hand zuzuschreiben wären,<lb/>
aus dem Wege gehen könne, stellen sich in Menge ein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3322" next="#ID_3323"> Dem Übelstande, daß die Errichtung jedes Familienfideikviumisses eine<lb/>
Stiftung ist, die ein Mumienboot ans dem rasch dahingleitenden Strome des<lb/>
Lebens zu verschiffen sucht und diesem Boote Kapitäne und Steuerleute, deren<lb/>
Hände vielfach gebunden sind, mitgibt, ist schwer abzuhelfen, denn sowie man<lb/>
die Hände des Kapitäns und des Steuermanns allzu frei macht, verliert der Staat<lb/>
deu leitenden Einfluß. mit dein er darüber wachen zu müssen glaubt, daß durch<lb/>
«lie Generationen, und solange das Fideikommiß in Kraft bleibt, den Absichten<lb/>
des Stifters nachgekommen und dem Gefamtwohl oder dem Interesse der<lb/>
übrigen Familienglieder nicht zuwidergehandelt werde. Der Entwurf und die<lb/>
ihm beigegebne Begründungsschrift beweisen, mit welchem Ernste, mit welcher<lb/>
Sachkenntnis und mit welchem weiten Blick diese Schriftstücke vorbereitet worden<lb/>
sind: wahres entwicklungsfähiges Leben wird freilich auch durch diese,, Entwurf<lb/>
den, Familienfideikommisse nicht eingeflößt werde,,, denn das mumienhaft<lb/>
Unbewegliche liegt schon in seinem Begriff, aber wer beide Schriftstücke mit vor¬<lb/>
urteilsfreiein Auge mustert, wird zugeben müssen, daß sie von einer durchans<lb/>
unparteiischen und sachlichen Beurteilung der Verhältnisse ausgehn und im<lb/>
Juteresse der Gesamtheit sowohl als der uächstbcteiligtc» Privatpersonen ver-<lb/>
meidliche Übelstände nach Möglichkeit abstellen. Alis alle Einzelheiten des<lb/>
Entwurfs einzugch» wird rein fachwissenschaftlichen Blättern eher möglich sein.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1903 97</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0777] [Abbildung] Fannlienfideikommisse (Schluß) cum man sich darüber einig ist. daß Fannlieufideikounnisse dem Staate von Nutzen, der Entwicklung des Volkswohlstandes nicht hinderlich und gerade in der Gegenwart, die einer Mobilmachung aller staatserhaltenden Kräfte zur Abwehr bevorstehender Angriffe gewidmet sein sollte, besonders wichtig sind — eine Anschauung, der nicht bloß von den Sozialdemokraten und den Anarchisten, sondern auch hier und da von staatsfreundlichen Fortschrittlern widersprochen wird —. so ist damit für einen diese Angelegenheit regelnden Gesetzentwurf nur die allgemeinste Grundlage gewonnen, und die Schwierigkeiten aller Art. wie man eine gesunde Entwicklung des schon Bestehenden herbeiführen und Gefährdungen des Volks¬ wohlstandes, die dem lähmenden Einfluß der toten Hand zuzuschreiben wären, aus dem Wege gehen könne, stellen sich in Menge ein. Dem Übelstande, daß die Errichtung jedes Familienfideikviumisses eine Stiftung ist, die ein Mumienboot ans dem rasch dahingleitenden Strome des Lebens zu verschiffen sucht und diesem Boote Kapitäne und Steuerleute, deren Hände vielfach gebunden sind, mitgibt, ist schwer abzuhelfen, denn sowie man die Hände des Kapitäns und des Steuermanns allzu frei macht, verliert der Staat deu leitenden Einfluß. mit dein er darüber wachen zu müssen glaubt, daß durch «lie Generationen, und solange das Fideikommiß in Kraft bleibt, den Absichten des Stifters nachgekommen und dem Gefamtwohl oder dem Interesse der übrigen Familienglieder nicht zuwidergehandelt werde. Der Entwurf und die ihm beigegebne Begründungsschrift beweisen, mit welchem Ernste, mit welcher Sachkenntnis und mit welchem weiten Blick diese Schriftstücke vorbereitet worden sind: wahres entwicklungsfähiges Leben wird freilich auch durch diese,, Entwurf den, Familienfideikommisse nicht eingeflößt werde,,, denn das mumienhaft Unbewegliche liegt schon in seinem Begriff, aber wer beide Schriftstücke mit vor¬ urteilsfreiein Auge mustert, wird zugeben müssen, daß sie von einer durchans unparteiischen und sachlichen Beurteilung der Verhältnisse ausgehn und im Juteresse der Gesamtheit sowohl als der uächstbcteiligtc» Privatpersonen ver- meidliche Übelstände nach Möglichkeit abstellen. Alis alle Einzelheiten des Entwurfs einzugch» wird rein fachwissenschaftlichen Blättern eher möglich sein. Grenzboten III 1903 97

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/777
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/777>, abgerufen am 31.08.2024.