Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

irgend einen ungenannten Engländer und irgend einen Frankfurter Feuilletonisten
gegen Hoensbroech ins Feld geführt hätte. Aber nein, wir haben es, wie ich sehe,
nicht mit der Kellerschen Dichtung, sondern mit einer selbständigen Bearbeitung
der alten Legende zu tun, und zwar mit einer modernen Bearbeitung. Da ich
nun gern lernen möchte, wie man modern dichtet und schreibt, so habe ich mir die
Kellcrsche Erzählung noch einmal angesehen. Ich finde nun in der Tat einige
Änderungen. Bei Keller ist die Nonne nicht Pförtnerin, sondern verwaltet einen
andern Klosterdienst, das ist jedoch wohl ohne Belang, und ebensowenig hat es zu be¬
deuten, daß die Kellcrsche Nonne noch einige Jahre mehr außerhalb des Klosters
bleibt, wofür sie von Maria auch gebührenderweise getadelt wird: Dn bist ein
bißchen lang ausgeblieben, meine Tochter! Wichtig dagegen ist es, daß in der
neuen Bearbeitung die Nonne zur Dirne wird, und nachdem sie fünfzehn Jahre
ihr wildes Wesen getrieben hat, verblüht und verlebt den Weg in ihr Klosterheim
zurücksucht. An diesem Punkte muß das Kennzeichen der Moderne gesucht
werden. Es ist heute kaum noch möglich, etwas Fuukeluagelueues zu ersinnen, zu
viel ist schon gesungen und gedichtet worden, es ist alles schon dagewesen. Aber
eine unabsehbare Zahl von neuen Erfindungen bietet sich, wenn man alte schöne
Erzählungen und vertraute, ehrwürdige Gestalten in das Milieu der Dirucu-
welt oder einer ähnlichen Welt hineinstellt. Daß sich die Himmelskönigin, die Be¬
schirmerin aller weiblichen Tugenden, für eine Dirne aufopfert, fünfzehn Jahre für
sie dient, damit diese fünfzehn Jahre ungestraft ihrem Dirnenleben ncichgchn kann,
das ist ganz gewiß eine neue Blntenbildung der Legende, und es ist eine sehr
pikante Umbildung, auf die der alte Keller nicht verfallen ist. Zweifellos hatte
auch er den Schein: im Nacken; er läßt die Himmelskönigin ebenfalls die Rolle
der mildreichen und weitherzigen Schützerin eines nach irdischer Liebe hungernden
Weibes übernehmen, aber welch feine Wendung gibt er der Legende, und wie schön
läßt er sie ausklingen. Nicht eine liederliche Dirne, sondern eines braven Ritters
liebendes Weib und Mutter vou acht herrlichen Söhnen wird die entlaufne Nonne.
Und nicht als abgelebtes und verblühtes Weib sticht sie den Weg in die Kloster¬
mauern zurück, sondern strotzend von Leben und Liebe reißt sie sich schweren Herzens
von allem los, was ihr teuer ist, um die verlassene Pflicht wieder zu übernehmen
und ein doppelt schweres Opfer zu bringen. Die Jungfrau aber läßt sie zwar
eine lange Buße durchmachen, gibt dann aber die geprüfte und in ihrem innersten
Herzen geläuterte Frau ihrem Mann und ihre" Kinder" zurück. Das ist alles mit
schalkhaftem Humor geschrieben und klingt lieblich und harmonisch ans, es ist echt
deutsche Arbeit, aber modern ist es wohl nicht mehr. Man muß sich das für den
Fall merken, daß mau etwa einmal auf den Gedanken kommen sollte, eine Novelle
für die "Jetztzeit" zu schreiben.


Aus der Gefängnisseelsorge.

Stade, ein ehemaliger Gefängnisgeistlicher,
hat uns in zwei Büchern") einen wertvollen Einblick in das Gefängniswesen eröffnet.
Die Erinnerungen aus der Gefänguisseelsorge, die aus reicher Erfahrung geschrieben
sind, wird jeder Theologe, und natürlich vor allen jeder Gefängnisgeistliche, mit
lebhaftem Interesse lesen, aber anch andre als Thcologenkreise werden das Buch
sehr anregend und belehrend finden. Noch mehr gilt dies von dem zweiten Buche,
den Gefängnisbildern. Heute, wo die kriminalistischen Fragen leider immer mehr
um Wichtigkeit gewinnen, wird mancher gern ein Buch lesen, worin er über dieses
dunkle Kapitel aus dem Leben der menschlichen Gesellschaft klare und gründliche
Belehrung findet. Stade leistet uns diesen Dienst, er führt tief hinein in die Welt
der Verbrecher und in die Rcttnngsarbcit an den Verbrechern. Seine Bücher
tonnen empfohlen werden.





Aus der Gefüngnisseelsorge. -- Gefüngnisbildcv von Reinhold Stade.
Beide bei Dörffing und Franke, Leipzig, 1902.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

irgend einen ungenannten Engländer und irgend einen Frankfurter Feuilletonisten
gegen Hoensbroech ins Feld geführt hätte. Aber nein, wir haben es, wie ich sehe,
nicht mit der Kellerschen Dichtung, sondern mit einer selbständigen Bearbeitung
der alten Legende zu tun, und zwar mit einer modernen Bearbeitung. Da ich
nun gern lernen möchte, wie man modern dichtet und schreibt, so habe ich mir die
Kellcrsche Erzählung noch einmal angesehen. Ich finde nun in der Tat einige
Änderungen. Bei Keller ist die Nonne nicht Pförtnerin, sondern verwaltet einen
andern Klosterdienst, das ist jedoch wohl ohne Belang, und ebensowenig hat es zu be¬
deuten, daß die Kellcrsche Nonne noch einige Jahre mehr außerhalb des Klosters
bleibt, wofür sie von Maria auch gebührenderweise getadelt wird: Dn bist ein
bißchen lang ausgeblieben, meine Tochter! Wichtig dagegen ist es, daß in der
neuen Bearbeitung die Nonne zur Dirne wird, und nachdem sie fünfzehn Jahre
ihr wildes Wesen getrieben hat, verblüht und verlebt den Weg in ihr Klosterheim
zurücksucht. An diesem Punkte muß das Kennzeichen der Moderne gesucht
werden. Es ist heute kaum noch möglich, etwas Fuukeluagelueues zu ersinnen, zu
viel ist schon gesungen und gedichtet worden, es ist alles schon dagewesen. Aber
eine unabsehbare Zahl von neuen Erfindungen bietet sich, wenn man alte schöne
Erzählungen und vertraute, ehrwürdige Gestalten in das Milieu der Dirucu-
welt oder einer ähnlichen Welt hineinstellt. Daß sich die Himmelskönigin, die Be¬
schirmerin aller weiblichen Tugenden, für eine Dirne aufopfert, fünfzehn Jahre für
sie dient, damit diese fünfzehn Jahre ungestraft ihrem Dirnenleben ncichgchn kann,
das ist ganz gewiß eine neue Blntenbildung der Legende, und es ist eine sehr
pikante Umbildung, auf die der alte Keller nicht verfallen ist. Zweifellos hatte
auch er den Schein: im Nacken; er läßt die Himmelskönigin ebenfalls die Rolle
der mildreichen und weitherzigen Schützerin eines nach irdischer Liebe hungernden
Weibes übernehmen, aber welch feine Wendung gibt er der Legende, und wie schön
läßt er sie ausklingen. Nicht eine liederliche Dirne, sondern eines braven Ritters
liebendes Weib und Mutter vou acht herrlichen Söhnen wird die entlaufne Nonne.
Und nicht als abgelebtes und verblühtes Weib sticht sie den Weg in die Kloster¬
mauern zurück, sondern strotzend von Leben und Liebe reißt sie sich schweren Herzens
von allem los, was ihr teuer ist, um die verlassene Pflicht wieder zu übernehmen
und ein doppelt schweres Opfer zu bringen. Die Jungfrau aber läßt sie zwar
eine lange Buße durchmachen, gibt dann aber die geprüfte und in ihrem innersten
Herzen geläuterte Frau ihrem Mann und ihre» Kinder» zurück. Das ist alles mit
schalkhaftem Humor geschrieben und klingt lieblich und harmonisch ans, es ist echt
deutsche Arbeit, aber modern ist es wohl nicht mehr. Man muß sich das für den
Fall merken, daß mau etwa einmal auf den Gedanken kommen sollte, eine Novelle
für die „Jetztzeit" zu schreiben.


Aus der Gefängnisseelsorge.

Stade, ein ehemaliger Gefängnisgeistlicher,
hat uns in zwei Büchern") einen wertvollen Einblick in das Gefängniswesen eröffnet.
Die Erinnerungen aus der Gefänguisseelsorge, die aus reicher Erfahrung geschrieben
sind, wird jeder Theologe, und natürlich vor allen jeder Gefängnisgeistliche, mit
lebhaftem Interesse lesen, aber anch andre als Thcologenkreise werden das Buch
sehr anregend und belehrend finden. Noch mehr gilt dies von dem zweiten Buche,
den Gefängnisbildern. Heute, wo die kriminalistischen Fragen leider immer mehr
um Wichtigkeit gewinnen, wird mancher gern ein Buch lesen, worin er über dieses
dunkle Kapitel aus dem Leben der menschlichen Gesellschaft klare und gründliche
Belehrung findet. Stade leistet uns diesen Dienst, er führt tief hinein in die Welt
der Verbrecher und in die Rcttnngsarbcit an den Verbrechern. Seine Bücher
tonnen empfohlen werden.





Aus der Gefüngnisseelsorge. — Gefüngnisbildcv von Reinhold Stade.
Beide bei Dörffing und Franke, Leipzig, 1902.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0322" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241536"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1308" prev="#ID_1307"> irgend einen ungenannten Engländer und irgend einen Frankfurter Feuilletonisten<lb/>
gegen Hoensbroech ins Feld geführt hätte. Aber nein, wir haben es, wie ich sehe,<lb/>
nicht mit der Kellerschen Dichtung, sondern mit einer selbständigen Bearbeitung<lb/>
der alten Legende zu tun, und zwar mit einer modernen Bearbeitung. Da ich<lb/>
nun gern lernen möchte, wie man modern dichtet und schreibt, so habe ich mir die<lb/>
Kellcrsche Erzählung noch einmal angesehen. Ich finde nun in der Tat einige<lb/>
Änderungen. Bei Keller ist die Nonne nicht Pförtnerin, sondern verwaltet einen<lb/>
andern Klosterdienst, das ist jedoch wohl ohne Belang, und ebensowenig hat es zu be¬<lb/>
deuten, daß die Kellcrsche Nonne noch einige Jahre mehr außerhalb des Klosters<lb/>
bleibt, wofür sie von Maria auch gebührenderweise getadelt wird: Dn bist ein<lb/>
bißchen lang ausgeblieben, meine Tochter! Wichtig dagegen ist es, daß in der<lb/>
neuen Bearbeitung die Nonne zur Dirne wird, und nachdem sie fünfzehn Jahre<lb/>
ihr wildes Wesen getrieben hat, verblüht und verlebt den Weg in ihr Klosterheim<lb/>
zurücksucht. An diesem Punkte muß das Kennzeichen der Moderne gesucht<lb/>
werden. Es ist heute kaum noch möglich, etwas Fuukeluagelueues zu ersinnen, zu<lb/>
viel ist schon gesungen und gedichtet worden, es ist alles schon dagewesen. Aber<lb/>
eine unabsehbare Zahl von neuen Erfindungen bietet sich, wenn man alte schöne<lb/>
Erzählungen und vertraute, ehrwürdige Gestalten in das Milieu der Dirucu-<lb/>
welt oder einer ähnlichen Welt hineinstellt. Daß sich die Himmelskönigin, die Be¬<lb/>
schirmerin aller weiblichen Tugenden, für eine Dirne aufopfert, fünfzehn Jahre für<lb/>
sie dient, damit diese fünfzehn Jahre ungestraft ihrem Dirnenleben ncichgchn kann,<lb/>
das ist ganz gewiß eine neue Blntenbildung der Legende, und es ist eine sehr<lb/>
pikante Umbildung, auf die der alte Keller nicht verfallen ist. Zweifellos hatte<lb/>
auch er den Schein: im Nacken; er läßt die Himmelskönigin ebenfalls die Rolle<lb/>
der mildreichen und weitherzigen Schützerin eines nach irdischer Liebe hungernden<lb/>
Weibes übernehmen, aber welch feine Wendung gibt er der Legende, und wie schön<lb/>
läßt er sie ausklingen. Nicht eine liederliche Dirne, sondern eines braven Ritters<lb/>
liebendes Weib und Mutter vou acht herrlichen Söhnen wird die entlaufne Nonne.<lb/>
Und nicht als abgelebtes und verblühtes Weib sticht sie den Weg in die Kloster¬<lb/>
mauern zurück, sondern strotzend von Leben und Liebe reißt sie sich schweren Herzens<lb/>
von allem los, was ihr teuer ist, um die verlassene Pflicht wieder zu übernehmen<lb/>
und ein doppelt schweres Opfer zu bringen. Die Jungfrau aber läßt sie zwar<lb/>
eine lange Buße durchmachen, gibt dann aber die geprüfte und in ihrem innersten<lb/>
Herzen geläuterte Frau ihrem Mann und ihre» Kinder» zurück. Das ist alles mit<lb/>
schalkhaftem Humor geschrieben und klingt lieblich und harmonisch ans, es ist echt<lb/>
deutsche Arbeit, aber modern ist es wohl nicht mehr. Man muß sich das für den<lb/>
Fall merken, daß mau etwa einmal auf den Gedanken kommen sollte, eine Novelle<lb/>
für die &#x201E;Jetztzeit" zu schreiben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Aus der Gefängnisseelsorge.</head>
            <p xml:id="ID_1309"> Stade, ein ehemaliger Gefängnisgeistlicher,<lb/>
hat uns in zwei Büchern") einen wertvollen Einblick in das Gefängniswesen eröffnet.<lb/>
Die Erinnerungen aus der Gefänguisseelsorge, die aus reicher Erfahrung geschrieben<lb/>
sind, wird jeder Theologe, und natürlich vor allen jeder Gefängnisgeistliche, mit<lb/>
lebhaftem Interesse lesen, aber anch andre als Thcologenkreise werden das Buch<lb/>
sehr anregend und belehrend finden. Noch mehr gilt dies von dem zweiten Buche,<lb/>
den Gefängnisbildern. Heute, wo die kriminalistischen Fragen leider immer mehr<lb/>
um Wichtigkeit gewinnen, wird mancher gern ein Buch lesen, worin er über dieses<lb/>
dunkle Kapitel aus dem Leben der menschlichen Gesellschaft klare und gründliche<lb/>
Belehrung findet. Stade leistet uns diesen Dienst, er führt tief hinein in die Welt<lb/>
der Verbrecher und in die Rcttnngsarbcit an den Verbrechern. Seine Bücher<lb/>
tonnen empfohlen werden.</p><lb/>
            <note xml:id="FID_24" place="foot"> Aus der Gefüngnisseelsorge. &#x2014; Gefüngnisbildcv von Reinhold Stade.<lb/>
Beide bei Dörffing und Franke, Leipzig, 1902.</note><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0322] Maßgebliches und Unmaßgebliches irgend einen ungenannten Engländer und irgend einen Frankfurter Feuilletonisten gegen Hoensbroech ins Feld geführt hätte. Aber nein, wir haben es, wie ich sehe, nicht mit der Kellerschen Dichtung, sondern mit einer selbständigen Bearbeitung der alten Legende zu tun, und zwar mit einer modernen Bearbeitung. Da ich nun gern lernen möchte, wie man modern dichtet und schreibt, so habe ich mir die Kellcrsche Erzählung noch einmal angesehen. Ich finde nun in der Tat einige Änderungen. Bei Keller ist die Nonne nicht Pförtnerin, sondern verwaltet einen andern Klosterdienst, das ist jedoch wohl ohne Belang, und ebensowenig hat es zu be¬ deuten, daß die Kellcrsche Nonne noch einige Jahre mehr außerhalb des Klosters bleibt, wofür sie von Maria auch gebührenderweise getadelt wird: Dn bist ein bißchen lang ausgeblieben, meine Tochter! Wichtig dagegen ist es, daß in der neuen Bearbeitung die Nonne zur Dirne wird, und nachdem sie fünfzehn Jahre ihr wildes Wesen getrieben hat, verblüht und verlebt den Weg in ihr Klosterheim zurücksucht. An diesem Punkte muß das Kennzeichen der Moderne gesucht werden. Es ist heute kaum noch möglich, etwas Fuukeluagelueues zu ersinnen, zu viel ist schon gesungen und gedichtet worden, es ist alles schon dagewesen. Aber eine unabsehbare Zahl von neuen Erfindungen bietet sich, wenn man alte schöne Erzählungen und vertraute, ehrwürdige Gestalten in das Milieu der Dirucu- welt oder einer ähnlichen Welt hineinstellt. Daß sich die Himmelskönigin, die Be¬ schirmerin aller weiblichen Tugenden, für eine Dirne aufopfert, fünfzehn Jahre für sie dient, damit diese fünfzehn Jahre ungestraft ihrem Dirnenleben ncichgchn kann, das ist ganz gewiß eine neue Blntenbildung der Legende, und es ist eine sehr pikante Umbildung, auf die der alte Keller nicht verfallen ist. Zweifellos hatte auch er den Schein: im Nacken; er läßt die Himmelskönigin ebenfalls die Rolle der mildreichen und weitherzigen Schützerin eines nach irdischer Liebe hungernden Weibes übernehmen, aber welch feine Wendung gibt er der Legende, und wie schön läßt er sie ausklingen. Nicht eine liederliche Dirne, sondern eines braven Ritters liebendes Weib und Mutter vou acht herrlichen Söhnen wird die entlaufne Nonne. Und nicht als abgelebtes und verblühtes Weib sticht sie den Weg in die Kloster¬ mauern zurück, sondern strotzend von Leben und Liebe reißt sie sich schweren Herzens von allem los, was ihr teuer ist, um die verlassene Pflicht wieder zu übernehmen und ein doppelt schweres Opfer zu bringen. Die Jungfrau aber läßt sie zwar eine lange Buße durchmachen, gibt dann aber die geprüfte und in ihrem innersten Herzen geläuterte Frau ihrem Mann und ihre» Kinder» zurück. Das ist alles mit schalkhaftem Humor geschrieben und klingt lieblich und harmonisch ans, es ist echt deutsche Arbeit, aber modern ist es wohl nicht mehr. Man muß sich das für den Fall merken, daß mau etwa einmal auf den Gedanken kommen sollte, eine Novelle für die „Jetztzeit" zu schreiben. Aus der Gefängnisseelsorge. Stade, ein ehemaliger Gefängnisgeistlicher, hat uns in zwei Büchern") einen wertvollen Einblick in das Gefängniswesen eröffnet. Die Erinnerungen aus der Gefänguisseelsorge, die aus reicher Erfahrung geschrieben sind, wird jeder Theologe, und natürlich vor allen jeder Gefängnisgeistliche, mit lebhaftem Interesse lesen, aber anch andre als Thcologenkreise werden das Buch sehr anregend und belehrend finden. Noch mehr gilt dies von dem zweiten Buche, den Gefängnisbildern. Heute, wo die kriminalistischen Fragen leider immer mehr um Wichtigkeit gewinnen, wird mancher gern ein Buch lesen, worin er über dieses dunkle Kapitel aus dem Leben der menschlichen Gesellschaft klare und gründliche Belehrung findet. Stade leistet uns diesen Dienst, er führt tief hinein in die Welt der Verbrecher und in die Rcttnngsarbcit an den Verbrechern. Seine Bücher tonnen empfohlen werden. Aus der Gefüngnisseelsorge. — Gefüngnisbildcv von Reinhold Stade. Beide bei Dörffing und Franke, Leipzig, 1902.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/322
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/322>, abgerufen am 27.07.2024.