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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der Braut von Messina

persieae zeigen, daß er eine in sein Fach einschlagende wissenschaftliche Aufgabe
schriftlich lösen kann. Aber dazu sind Seminarttbungen da, und es scheint mir
vollkommen zu genügen, wenn die Zulassung zu den Universitätsprüfungen davon
abhängig gemacht wird, daß der Prüfung eine bestimmte Anzahl Seminararbeiten
vorlegt, die von dem Leiter des Seminars mindestens als "ausreichend" be¬
zeichnet worden sind.

Daß endlich der Leiter der Universitätsprüfnngen der zukünftigen Ver¬
waltungsbeamten nicht eil, Justiz-, sondern nur ein Verwaltungsbeamter sein
kann, bedarf keines Nachweises. Unter dieser Voraussetzung ist es nicht nur
unbedenklich, sondern geradezu erwünscht, daß als Prüfer ausschließlich Univer¬
sitätslehrer tätig sind.

(Schluß folgt)




Zur Geschichte der Vraut von Messina
Ein Gedenkblatt zur hundertjährigen Wiederkehr ihrer "Lntstehungszeit
^. Entstehungsgeschichte

lach der Beendigung des Don Carlos und mit der Übersiedlung
nach Weimar hatte sich Schiller andern Problemen zugewandt
als dramatischen: im Vordergrunde standen -- neben kleinern
dichterischen Arbeiten -- die Beschäftigung mit der Geschichte
kund als eine Frucht seines Sommeraufenthalts in Volkstüdt
und Rudolstadt das Studium antiker Dichter. Trotzdem hatte er die Ge¬
danken an ein Drama nicht ganz zurückgestellt; er war ja mit zwei dramatischen
Plänen nach Volkstädt gekommen: dem Menschenfeinde und einem "andern."
Es entsteht die Frage, welches Stück wir unter diesem "andern" zu verstehn
haben. Nun stellt Düntzer in seinen Erläuterungen zu den deutschen Klassikern
(Band 52) die Behauptung auf, daß es die Braut von Messina sei. Und die
Ausdrücke in den von ihm angeführten Briefsteller scheinen ihm Recht zu
geben. -- Nachdem Schiller um 26. Mai 1788 an Körner geschrieben hatte, daß
nnter den Arbeiten, mit denen er im Sommer zustande kommen möchte, auch
ein Theaterstück sei, daß es aber noch dahinstehe, "ob dieses der Menschenfeind
oder ein andres sein werde," das er, wie der Schwabe sage, an der Kunkel
habe, teilt er Körner in einem zweiten Briefe vom 12. Juni mit, daß er sich
für den Menschenfeind entschlossen habe. Doch schon bald steht wieder das
geheimnisvolle "andre" im Vordergrund, und, Schiller berichtet, daß dies ein
Stoff sei, den er seit einem halben Jahre im Kopfe habe, ein Stoff, der einer
griechischen Manier fähig sei, und den er auch in keiner andern ausarbeiten
Werde. In dieser griechischen Manier übte er sich zunächst durch die Über¬
setzung der Euripideischen Iphigenie von Antis. -- Besonders interessant er¬
scheint mir für unsre Frage ein Brief an Körner vom 25. Februar 1789,
worin er erklärt, sich für deu dramatischen Beruf entscheiden zu wollen, da er


Grenzboten I 1903 W
Zur Geschichte der Braut von Messina

persieae zeigen, daß er eine in sein Fach einschlagende wissenschaftliche Aufgabe
schriftlich lösen kann. Aber dazu sind Seminarttbungen da, und es scheint mir
vollkommen zu genügen, wenn die Zulassung zu den Universitätsprüfungen davon
abhängig gemacht wird, daß der Prüfung eine bestimmte Anzahl Seminararbeiten
vorlegt, die von dem Leiter des Seminars mindestens als „ausreichend" be¬
zeichnet worden sind.

Daß endlich der Leiter der Universitätsprüfnngen der zukünftigen Ver¬
waltungsbeamten nicht eil, Justiz-, sondern nur ein Verwaltungsbeamter sein
kann, bedarf keines Nachweises. Unter dieser Voraussetzung ist es nicht nur
unbedenklich, sondern geradezu erwünscht, daß als Prüfer ausschließlich Univer¬
sitätslehrer tätig sind.

(Schluß folgt)




Zur Geschichte der Vraut von Messina
Ein Gedenkblatt zur hundertjährigen Wiederkehr ihrer «Lntstehungszeit
^. Entstehungsgeschichte

lach der Beendigung des Don Carlos und mit der Übersiedlung
nach Weimar hatte sich Schiller andern Problemen zugewandt
als dramatischen: im Vordergrunde standen — neben kleinern
dichterischen Arbeiten — die Beschäftigung mit der Geschichte
kund als eine Frucht seines Sommeraufenthalts in Volkstüdt
und Rudolstadt das Studium antiker Dichter. Trotzdem hatte er die Ge¬
danken an ein Drama nicht ganz zurückgestellt; er war ja mit zwei dramatischen
Plänen nach Volkstädt gekommen: dem Menschenfeinde und einem „andern."
Es entsteht die Frage, welches Stück wir unter diesem „andern" zu verstehn
haben. Nun stellt Düntzer in seinen Erläuterungen zu den deutschen Klassikern
(Band 52) die Behauptung auf, daß es die Braut von Messina sei. Und die
Ausdrücke in den von ihm angeführten Briefsteller scheinen ihm Recht zu
geben. — Nachdem Schiller um 26. Mai 1788 an Körner geschrieben hatte, daß
nnter den Arbeiten, mit denen er im Sommer zustande kommen möchte, auch
ein Theaterstück sei, daß es aber noch dahinstehe, „ob dieses der Menschenfeind
oder ein andres sein werde," das er, wie der Schwabe sage, an der Kunkel
habe, teilt er Körner in einem zweiten Briefe vom 12. Juni mit, daß er sich
für den Menschenfeind entschlossen habe. Doch schon bald steht wieder das
geheimnisvolle „andre" im Vordergrund, und, Schiller berichtet, daß dies ein
Stoff sei, den er seit einem halben Jahre im Kopfe habe, ein Stoff, der einer
griechischen Manier fähig sei, und den er auch in keiner andern ausarbeiten
Werde. In dieser griechischen Manier übte er sich zunächst durch die Über¬
setzung der Euripideischen Iphigenie von Antis. — Besonders interessant er¬
scheint mir für unsre Frage ein Brief an Körner vom 25. Februar 1789,
worin er erklärt, sich für deu dramatischen Beruf entscheiden zu wollen, da er


Grenzboten I 1903 W
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[0221] Zur Geschichte der Braut von Messina persieae zeigen, daß er eine in sein Fach einschlagende wissenschaftliche Aufgabe schriftlich lösen kann. Aber dazu sind Seminarttbungen da, und es scheint mir vollkommen zu genügen, wenn die Zulassung zu den Universitätsprüfungen davon abhängig gemacht wird, daß der Prüfung eine bestimmte Anzahl Seminararbeiten vorlegt, die von dem Leiter des Seminars mindestens als „ausreichend" be¬ zeichnet worden sind. Daß endlich der Leiter der Universitätsprüfnngen der zukünftigen Ver¬ waltungsbeamten nicht eil, Justiz-, sondern nur ein Verwaltungsbeamter sein kann, bedarf keines Nachweises. Unter dieser Voraussetzung ist es nicht nur unbedenklich, sondern geradezu erwünscht, daß als Prüfer ausschließlich Univer¬ sitätslehrer tätig sind. (Schluß folgt) Zur Geschichte der Vraut von Messina Ein Gedenkblatt zur hundertjährigen Wiederkehr ihrer «Lntstehungszeit ^. Entstehungsgeschichte lach der Beendigung des Don Carlos und mit der Übersiedlung nach Weimar hatte sich Schiller andern Problemen zugewandt als dramatischen: im Vordergrunde standen — neben kleinern dichterischen Arbeiten — die Beschäftigung mit der Geschichte kund als eine Frucht seines Sommeraufenthalts in Volkstüdt und Rudolstadt das Studium antiker Dichter. Trotzdem hatte er die Ge¬ danken an ein Drama nicht ganz zurückgestellt; er war ja mit zwei dramatischen Plänen nach Volkstädt gekommen: dem Menschenfeinde und einem „andern." Es entsteht die Frage, welches Stück wir unter diesem „andern" zu verstehn haben. Nun stellt Düntzer in seinen Erläuterungen zu den deutschen Klassikern (Band 52) die Behauptung auf, daß es die Braut von Messina sei. Und die Ausdrücke in den von ihm angeführten Briefsteller scheinen ihm Recht zu geben. — Nachdem Schiller um 26. Mai 1788 an Körner geschrieben hatte, daß nnter den Arbeiten, mit denen er im Sommer zustande kommen möchte, auch ein Theaterstück sei, daß es aber noch dahinstehe, „ob dieses der Menschenfeind oder ein andres sein werde," das er, wie der Schwabe sage, an der Kunkel habe, teilt er Körner in einem zweiten Briefe vom 12. Juni mit, daß er sich für den Menschenfeind entschlossen habe. Doch schon bald steht wieder das geheimnisvolle „andre" im Vordergrund, und, Schiller berichtet, daß dies ein Stoff sei, den er seit einem halben Jahre im Kopfe habe, ein Stoff, der einer griechischen Manier fähig sei, und den er auch in keiner andern ausarbeiten Werde. In dieser griechischen Manier übte er sich zunächst durch die Über¬ setzung der Euripideischen Iphigenie von Antis. — Besonders interessant er¬ scheint mir für unsre Frage ein Brief an Körner vom 25. Februar 1789, worin er erklärt, sich für deu dramatischen Beruf entscheiden zu wollen, da er Grenzboten I 1903 W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/221>, abgerufen am 23.11.2024.