Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.Adel und Land in England daß die französische Republik in Tripolis "desinteressiert" sei -- ein Geschenk Endlich scheint mich die englische Presse diesen Angelegenheiten wieder Adel und Land in England Hugo Bartels von (Fortsetzung) n Deutschland haben sich die ritterbürtigeu Geschlechter zu eiuer Adel und Land in England daß die französische Republik in Tripolis „desinteressiert" sei — ein Geschenk Endlich scheint mich die englische Presse diesen Angelegenheiten wieder Adel und Land in England Hugo Bartels von (Fortsetzung) n Deutschland haben sich die ritterbürtigeu Geschlechter zu eiuer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0079" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/238867"/> <fw type="header" place="top"> Adel und Land in England</fw><lb/> <p xml:id="ID_286" prev="#ID_285"> daß die französische Republik in Tripolis „desinteressiert" sei — ein Geschenk<lb/> ans türkische Kosten! Offenbar bedenket das eine Kette von Fehlern auf eng¬<lb/> lischer und italienischer Seite, und Frankreich hat den Vorteil davon. Zwei<lb/> Mächte, die so an der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Mittelmeer<lb/> interessiert sind und jede für sich so wenig Aussicht haben, es zu erhalten,<lb/> hätten sich nicht eine Abkühlung ihrer alten Freundschaft erlauben dürfen. Sie<lb/> sind darauf angewiesen, mit vereinten Kräften der französisch-russischen Kom¬<lb/> bination ein Gegengewicht zu geben und zu verhindern, daß das Mittelmeer<lb/> em französisch-russischer See wird, den Frankreich im Westen, Rußland durch<lb/> die Operation eines Landheeres auf Suez im Osten schließt. Die letztgenannten<lb/> Machte werde» diesem Ziel wesentlich näher gekommen sein, wenn Frankreich<lb/> Marokko in seinen Besitz bringt. Darum liegt soviel daran, ob sich Spanien<lb/> dem französischen Vorgehn anbequemt oder nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_287"> Endlich scheint mich die englische Presse diesen Angelegenheiten wieder<lb/> mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Einzelne Blätter fangen doch an, den tief¬<lb/> gehenden Unterschied zu begreifen, der sich durch die Entfremdung mit Italien<lb/> vollzogen hat. um so nrgwöhuischer betrachten sie die Anzeichen einer Ver¬<lb/> ständigung zwischen Spanien und Frankreich über Marokko. Deutschlands<lb/> Interesse ist viel kleiner als das von England. Aber daß eine so wichtige<lb/> Position wie Tanger nicht in Frankreichs Hände übergehn kann, ohne große<lb/> Nachteile auf für Deutschland hervorzurufen, liegt doch an: Ende wohl auf<lb/> der Hand. Auch wir müssen dazu beitragen, daß Marokkos Unabhängigkeit<lb/><note type="byline"> ^ ^</note> erhalten bleibe. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Adel und Land in England<lb/><note type="byline"> Hugo Bartels</note> von (Fortsetzung)</head><lb/> <p xml:id="ID_288" next="#ID_289"> n Deutschland haben sich die ritterbürtigeu Geschlechter zu eiuer<lb/> nach außen abgeschlossenen und schon im Namen dnrch das<lb/> Wörtchen „von" gegen die übrige Menschheit abgegrenzten Kaste<lb/> entwickelt. In den meisten Fällen freilich enthält die Bezeich¬<lb/> nung einen Widerspruch, indem der Träger des Namens weder<lb/> "'e betreffende Ortschaft besitzt noch die geringste Aussicht hat, sie jemals<lb/> zu besitzen. Noch stärker wird der Widerspruch, wenn das Wörtchen „von"<lb/> >'es einem Namen wie Müller oder Schulze vorgesetzt findet, der über¬<lb/> haupt leine Ortschaft bezeichnet. Solcher Briefadel zeigt, daß in Deutschland<lb/> ^er ursprüngliche Sinn des Wortes Adel verwischt und verdunkelt worden<lb/> 'se- Als Begriffskern liegt ihm zu Grnnde das Vererbte, Angestammte; das<lb/> althochdeutsche uom'1 bedeutete Erbsitz. Voraussetzung des Adels war also er¬<lb/> erbter, angestammter Grundbesitz. Doch nur bei einem Teile des deutschen<lb/> "ldels trifft diese Voraussetzung noch zu? der allgemeine Begriff Adel bezieht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
Adel und Land in England
daß die französische Republik in Tripolis „desinteressiert" sei — ein Geschenk
ans türkische Kosten! Offenbar bedenket das eine Kette von Fehlern auf eng¬
lischer und italienischer Seite, und Frankreich hat den Vorteil davon. Zwei
Mächte, die so an der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Mittelmeer
interessiert sind und jede für sich so wenig Aussicht haben, es zu erhalten,
hätten sich nicht eine Abkühlung ihrer alten Freundschaft erlauben dürfen. Sie
sind darauf angewiesen, mit vereinten Kräften der französisch-russischen Kom¬
bination ein Gegengewicht zu geben und zu verhindern, daß das Mittelmeer
em französisch-russischer See wird, den Frankreich im Westen, Rußland durch
die Operation eines Landheeres auf Suez im Osten schließt. Die letztgenannten
Machte werde» diesem Ziel wesentlich näher gekommen sein, wenn Frankreich
Marokko in seinen Besitz bringt. Darum liegt soviel daran, ob sich Spanien
dem französischen Vorgehn anbequemt oder nicht.
Endlich scheint mich die englische Presse diesen Angelegenheiten wieder
mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Einzelne Blätter fangen doch an, den tief¬
gehenden Unterschied zu begreifen, der sich durch die Entfremdung mit Italien
vollzogen hat. um so nrgwöhuischer betrachten sie die Anzeichen einer Ver¬
ständigung zwischen Spanien und Frankreich über Marokko. Deutschlands
Interesse ist viel kleiner als das von England. Aber daß eine so wichtige
Position wie Tanger nicht in Frankreichs Hände übergehn kann, ohne große
Nachteile auf für Deutschland hervorzurufen, liegt doch an: Ende wohl auf
der Hand. Auch wir müssen dazu beitragen, daß Marokkos Unabhängigkeit
^ ^ erhalten bleibe.
Adel und Land in England
Hugo Bartels von (Fortsetzung)
n Deutschland haben sich die ritterbürtigeu Geschlechter zu eiuer
nach außen abgeschlossenen und schon im Namen dnrch das
Wörtchen „von" gegen die übrige Menschheit abgegrenzten Kaste
entwickelt. In den meisten Fällen freilich enthält die Bezeich¬
nung einen Widerspruch, indem der Träger des Namens weder
"'e betreffende Ortschaft besitzt noch die geringste Aussicht hat, sie jemals
zu besitzen. Noch stärker wird der Widerspruch, wenn das Wörtchen „von"
>'es einem Namen wie Müller oder Schulze vorgesetzt findet, der über¬
haupt leine Ortschaft bezeichnet. Solcher Briefadel zeigt, daß in Deutschland
^er ursprüngliche Sinn des Wortes Adel verwischt und verdunkelt worden
'se- Als Begriffskern liegt ihm zu Grnnde das Vererbte, Angestammte; das
althochdeutsche uom'1 bedeutete Erbsitz. Voraussetzung des Adels war also er¬
erbter, angestammter Grundbesitz. Doch nur bei einem Teile des deutschen
"ldels trifft diese Voraussetzung noch zu? der allgemeine Begriff Adel bezieht
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