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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Die Entwicklung und Bedeutung der deutschen Lebensversicherung

differenzieren oder aber, wenn ihre Stellung unentschieden bleibt, den Namen
6i rnuss führen."

Auch Schicksalsgöttinnen haben die Römer nicht gehabt. Ihre Fortuna
war ursprünglich eine ländliche Göttin des Erntesegens, bedeutete später den
blinden Zufall und spaltete sich in eine Unzahl von Fortuueu, sodaß zuletzt
jeder Tag seine eigne Fortuna hatte. .Kapellen und Altäre sind geweiht worden
der ?orwug, borg., Hortung, mala, Hortung, ckubig., ?orwua> brevis, ?orlmM
8eg.bills, I^ortrma obsövjusns, Fortuna rsspioisus, I'ort.v.ir" xriblioa, ?0rwini
private, Vortun^ barbatg.. Besonders berühmt wurde die Fortuna rsärix, der
man die Rückkehr des Augustus aus den: Partherfeldzuge 19 v. Chr. zu ver-
danken glaubte. Man errichtete ihr einen Altar und setzte einen Festtag, die
Augustalia, ein, der mit Spielen zu Ehren des Kaisers und der ?ortum"
rsänx begangen wurde. Die ?-iron, deren Namen man fälschlich von xar3
abgeleitet und die man deshalb mit der griechischen Moira identifiziert hat,
war nur eine Geburtsgöttin, das Fatum aber ist ein philosophischer Begriff
und der Religion fremd geblieben.

Dem Augustinus haben wir es bei einer frühern Gelegenheit übel ge-
nommen, daß er seine Darstellung der römischen Religion mit der Beschreibung
des Knies der uurömischen Göttermutter beginnt. Nach dein, was wir bei
Wisfowa lesen, scheinen wir dem großen Kirchenvater Unrecht gethan zu haben-
Die orientalischen Kulte hatten in der Kaiserzeit die Verehrung der alten
römischen Götter dermaßen in den Hintergrund gedrängt, daß der .Kampf des
Christentums gegen das Heidentum thatsächlich ein Kampf gegen den Isis-,
Cybcle- und Mithrnslnlt war. Daher kommt es, daß die Kirchenväter die
alten griechischen und römischen Götter nur sozusagen akademisch: "mit euhemc-
ristischer Ausdeutung und Überlegnein Spott," die sg-vrg, xsröArina, aber mit
Erbitterung bekämpfen. Daraus erklärt es sich wohl auch, daß Augustinus
mit dem anfing, was ihm als das praktisch wichtigste erschien; er hatte es
eben nicht so sehr mit der Religion des Numa als mit dem Heidentum seiner
Zeit zu thun.

(Schluß folgt)




Die Entwicklung und Bedeutung der deutschen
Lebensversicherung

me der größten wirtschaftlichen Errungenschaften der Kulturvölker
im verflossenen Jahrhundert ist die praktische Ausgestaltung und
die in ihrem Umfang einzig dastehende Entwicklung des ge¬
samten Versicherungswesens. Reichen auch die Anfänge dieser
Einrichtungen bis in das Mittelalter zurück, so hat sich doch
erst im neunzehnten Jahrhundert die Versicherung aus dem tastenden Experi¬
mentieren zu einer auf wissenschaftlicher Grundlage ruhenden Einrichtung ent-


Die Entwicklung und Bedeutung der deutschen Lebensversicherung

differenzieren oder aber, wenn ihre Stellung unentschieden bleibt, den Namen
6i rnuss führen."

Auch Schicksalsgöttinnen haben die Römer nicht gehabt. Ihre Fortuna
war ursprünglich eine ländliche Göttin des Erntesegens, bedeutete später den
blinden Zufall und spaltete sich in eine Unzahl von Fortuueu, sodaß zuletzt
jeder Tag seine eigne Fortuna hatte. .Kapellen und Altäre sind geweiht worden
der ?orwug, borg., Hortung, mala, Hortung, ckubig., ?orwua> brevis, ?orlmM
8eg.bills, I^ortrma obsövjusns, Fortuna rsspioisus, I'ort.v.ir» xriblioa, ?0rwini
private, Vortun^ barbatg.. Besonders berühmt wurde die Fortuna rsärix, der
man die Rückkehr des Augustus aus den: Partherfeldzuge 19 v. Chr. zu ver-
danken glaubte. Man errichtete ihr einen Altar und setzte einen Festtag, die
Augustalia, ein, der mit Spielen zu Ehren des Kaisers und der ?ortum»
rsänx begangen wurde. Die ?-iron, deren Namen man fälschlich von xar3
abgeleitet und die man deshalb mit der griechischen Moira identifiziert hat,
war nur eine Geburtsgöttin, das Fatum aber ist ein philosophischer Begriff
und der Religion fremd geblieben.

Dem Augustinus haben wir es bei einer frühern Gelegenheit übel ge-
nommen, daß er seine Darstellung der römischen Religion mit der Beschreibung
des Knies der uurömischen Göttermutter beginnt. Nach dein, was wir bei
Wisfowa lesen, scheinen wir dem großen Kirchenvater Unrecht gethan zu haben-
Die orientalischen Kulte hatten in der Kaiserzeit die Verehrung der alten
römischen Götter dermaßen in den Hintergrund gedrängt, daß der .Kampf des
Christentums gegen das Heidentum thatsächlich ein Kampf gegen den Isis-,
Cybcle- und Mithrnslnlt war. Daher kommt es, daß die Kirchenväter die
alten griechischen und römischen Götter nur sozusagen akademisch: „mit euhemc-
ristischer Ausdeutung und Überlegnein Spott," die sg-vrg, xsröArina, aber mit
Erbitterung bekämpfen. Daraus erklärt es sich wohl auch, daß Augustinus
mit dem anfing, was ihm als das praktisch wichtigste erschien; er hatte es
eben nicht so sehr mit der Religion des Numa als mit dem Heidentum seiner
Zeit zu thun.

(Schluß folgt)




Die Entwicklung und Bedeutung der deutschen
Lebensversicherung

me der größten wirtschaftlichen Errungenschaften der Kulturvölker
im verflossenen Jahrhundert ist die praktische Ausgestaltung und
die in ihrem Umfang einzig dastehende Entwicklung des ge¬
samten Versicherungswesens. Reichen auch die Anfänge dieser
Einrichtungen bis in das Mittelalter zurück, so hat sich doch
erst im neunzehnten Jahrhundert die Versicherung aus dem tastenden Experi¬
mentieren zu einer auf wissenschaftlicher Grundlage ruhenden Einrichtung ent-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/530>, abgerufen am 01.09.2024.