Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.He sunt Es sollte nicht sein. Von Karlsbad erhielt ich keine Nachricht mehr. Statt dessen kam am 31. Juli die Nachricht seines Todes. Der Brief Die Briefe Bosses, wie sie vor mir liegen, sind sämtlich, ebenso wie seine I- G. Ill LH.N.t MOir hadern nicht mit dein Schöpfer. Er hat uns manches ge¬ He sunt Es sollte nicht sein. Von Karlsbad erhielt ich keine Nachricht mehr. Statt dessen kam am 31. Juli die Nachricht seines Todes. Der Brief Die Briefe Bosses, wie sie vor mir liegen, sind sämtlich, ebenso wie seine I- G. Ill LH.N.t MOir hadern nicht mit dein Schöpfer. Er hat uns manches ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237377"/> <fw type="header" place="top"> He sunt</fw><lb/> <p xml:id="ID_443"> Es sollte nicht sein. Von Karlsbad erhielt ich keine Nachricht mehr.<lb/> Ende Juni war ich in Berlin und sprach in der Wohnung Bosses vor, um<lb/> zu erfahren, wie es ihm gehe. Ich erhielt die Nachricht, das; er gerade heim<lb/> gebracht worden sei, in schwer krankem Zustand. Am 11. Juli diktierte er<lb/> »och einen Brief an mich, der immer noch Hoffnung gab. Es war „ihm<lb/> dringend daran gelegen," daß ich endlich einmal zuverlässige Auskunft über<lb/> sein Befinde!? erhielte, da er mir für mein freundliches Interesse sehr dankbar<lb/> sei, und von allen seinen Korrespondenten ich und die Grenzboten ihm am<lb/> meisten am Herzen lägen. „Natürlich sind nun alle Arbeiten, die auf den<lb/> Abschluß des Memoireuwerks abzielten, auf kaum absehbare Zeit unterbrochen<lb/> worden. ... Es lag ihm daran, Sie hierüber wenigstens oberflächlich orientiert<lb/> zu wissen. Für den Fall seiner Genesung, auf die wir ja hoffen dürfen,<lb/> gedenkt er Ihnen demnächst einmal nähere Auskunft geben zu können. ..."</p><lb/> <p xml:id="ID_444"> Statt dessen kam am 31. Juli die Nachricht seines Todes. Der Brief<lb/> vom 11. Juli an mich war der letzte gewesen, den er diktiert hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_445"> Die Briefe Bosses, wie sie vor mir liegen, sind sämtlich, ebenso wie seine<lb/> Manuskripte, vom Anfang bis zum Ende mit derselben wundervollen, großen,<lb/> ruhigen und klaren Handschrift geschrieben, ein Zug wie der andre vom ersten<lb/> bis zum letzten Blatt. So, wie diese Schriftzüge, ruhig, groß und klar war<lb/> der Charakter des Mannes, der aus ihnen hervortritt. Auch das Leiden, das<lb/> ihn quälte, mehr wohl als man ahnte, die schweren Schicksalsschläge, die ihn<lb/> trafen, als sich sein Leben zum Ende neigte, konnten diese starke Seele nicht<lb/> beugen; das machte der klare, große und ruhige Christenglaube, der ihn be¬<lb/> seelte. Ich habe solche Stellen seiner Briefe, aus denen sein zartestes Em¬<lb/> pfinden hervorgeht, nicht mitzuteilen gewagt, wie vieles Vertrauliche, was er<lb/> mir über Personen, Verhältnisse und Geschehnisse schrieb — das verbot sich ja<lb/> von selbst. Aber ich glaube, aus dein, was ich hier mitteilen durfte, und was<lb/> ja uur sein Verhältnis zu den Grenzboten zeigt, geht hervor, was für ein<lb/> wundervoller Mann er war, und mit welchem Schmerz ich seinen Tod be¬<lb/> klagen mußte. Es war ein Freund; und wenn sich seine Augen geschlossen<lb/> haben, das Bewußtsein, daß mau einen solchen Freund gehabt hat, macht<lb/> Mut zum Weitergehn. Es weist auf die Höhen des Lebens, hier und dort.</p><lb/> <note type="byline"> I- G.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ill LH.N.t</head><lb/> <p xml:id="ID_446" next="#ID_447"> MOir hadern nicht mit dein Schöpfer. Er hat uns manches ge¬<lb/> schenkt, was uns erlaubt, unser Dasein in Freude und Friede<lb/> zu verbringen. Nur eins, die Fähigkeit fanatisch zu hassen, hat<lb/> er uns versagt. Das ist heutigentags, wo die Leute etwas<lb/> „scharf Gepfeffertes wollen, für den, der schreibt, und der es dem<lb/> Leser gern recht machen möchte, ein empfindlicher Mangel. Wer äße gern<lb/> Wassersuppe, wenn sie auch noch so sorgsam bereitet ist? Nun gar erst, wenn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
He sunt
Es sollte nicht sein. Von Karlsbad erhielt ich keine Nachricht mehr.
Ende Juni war ich in Berlin und sprach in der Wohnung Bosses vor, um
zu erfahren, wie es ihm gehe. Ich erhielt die Nachricht, das; er gerade heim
gebracht worden sei, in schwer krankem Zustand. Am 11. Juli diktierte er
»och einen Brief an mich, der immer noch Hoffnung gab. Es war „ihm
dringend daran gelegen," daß ich endlich einmal zuverlässige Auskunft über
sein Befinde!? erhielte, da er mir für mein freundliches Interesse sehr dankbar
sei, und von allen seinen Korrespondenten ich und die Grenzboten ihm am
meisten am Herzen lägen. „Natürlich sind nun alle Arbeiten, die auf den
Abschluß des Memoireuwerks abzielten, auf kaum absehbare Zeit unterbrochen
worden. ... Es lag ihm daran, Sie hierüber wenigstens oberflächlich orientiert
zu wissen. Für den Fall seiner Genesung, auf die wir ja hoffen dürfen,
gedenkt er Ihnen demnächst einmal nähere Auskunft geben zu können. ..."
Statt dessen kam am 31. Juli die Nachricht seines Todes. Der Brief
vom 11. Juli an mich war der letzte gewesen, den er diktiert hatte.
Die Briefe Bosses, wie sie vor mir liegen, sind sämtlich, ebenso wie seine
Manuskripte, vom Anfang bis zum Ende mit derselben wundervollen, großen,
ruhigen und klaren Handschrift geschrieben, ein Zug wie der andre vom ersten
bis zum letzten Blatt. So, wie diese Schriftzüge, ruhig, groß und klar war
der Charakter des Mannes, der aus ihnen hervortritt. Auch das Leiden, das
ihn quälte, mehr wohl als man ahnte, die schweren Schicksalsschläge, die ihn
trafen, als sich sein Leben zum Ende neigte, konnten diese starke Seele nicht
beugen; das machte der klare, große und ruhige Christenglaube, der ihn be¬
seelte. Ich habe solche Stellen seiner Briefe, aus denen sein zartestes Em¬
pfinden hervorgeht, nicht mitzuteilen gewagt, wie vieles Vertrauliche, was er
mir über Personen, Verhältnisse und Geschehnisse schrieb — das verbot sich ja
von selbst. Aber ich glaube, aus dein, was ich hier mitteilen durfte, und was
ja uur sein Verhältnis zu den Grenzboten zeigt, geht hervor, was für ein
wundervoller Mann er war, und mit welchem Schmerz ich seinen Tod be¬
klagen mußte. Es war ein Freund; und wenn sich seine Augen geschlossen
haben, das Bewußtsein, daß mau einen solchen Freund gehabt hat, macht
Mut zum Weitergehn. Es weist auf die Höhen des Lebens, hier und dort.
I- G.
Ill LH.N.t
MOir hadern nicht mit dein Schöpfer. Er hat uns manches ge¬
schenkt, was uns erlaubt, unser Dasein in Freude und Friede
zu verbringen. Nur eins, die Fähigkeit fanatisch zu hassen, hat
er uns versagt. Das ist heutigentags, wo die Leute etwas
„scharf Gepfeffertes wollen, für den, der schreibt, und der es dem
Leser gern recht machen möchte, ein empfindlicher Mangel. Wer äße gern
Wassersuppe, wenn sie auch noch so sorgsam bereitet ist? Nun gar erst, wenn
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |