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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Sächsische Volkskunde.

Die Dresdner Gehestiftung, deren längst an¬
erkannte Verdienste um geräuschlose Bildung unsers Lobes nicht mehr bedürfe",
veranstaltete nach dem Plane eines ihrer Dozenten, Robert Wuttke, im Winter
1398/99 eine Reihe von Vorträgen über Gegenstände des sächsischen Volkstunis;
sie wurden dann umgearbeitet und zu einem stattlichen Bande vereinigt, der nach
Jahresfrist unter dem Titel: Sächsische Volkskunde mit 270 Abbildungen usw,
herausgegeben von Robert Wuttke (Dresden, Schonfeld) erscheinen konnte und heute
schon eine zweite Auflage erlebt hat. Gewiß ein ungewöhnlicher Erfolg, wie er
nur einzutreten pflegt, wenn einem richtig erkannten Bedürfnis Geschick und schnelle
Energie entgegenkommen. In demselben Verlage ist jetzt eben auch ein kleines
Buch dieses Inhalts von einem Leipziger Lehrer, Paul Benudorf, erschienen,
das nur wenig Groschen kostet und in knapper Fassung übersichtlich und anschaulich
die sächsische Volkskunde als Lehrstoff in der Volksschule vorführt (mit 64 Ab¬
bildungen), Wir hoben es mit lebhaftem Vergnügen gelesen und empfehlen es,
nicht den Lehrern, die es ja selbst zu finden wissen werden, sondern allen den
andern Menschen, denen es nicht minder nützlich sein wird. Viele haben ja nicht
einmal eine Vorstellung davon, was man überhaupt in einem solchen Buche zu
suchen hat, und denken vielleicht: Der Bauer ist kein Spielzeug für mich, sondern
höchstens ein unangenehmer kleiner Agrarier, aber alles, was in der nivellierenden
Kultur unsrer großen Städte noch individuell geblieben ist an uns Menschen, das
hängt ja irgendwie mit den natürlichen Eigenschaften unsers Bolksstamms zusammen,
und der hat seine Wurzeln draußen auf dem Lande, Darum ist es gut, daß
unsre Gebildeten sich wieder um diese Dinge zu kümmern anfangen, um ihre Her¬
kunft und um die Vorzeit ihres Landes, und wenn sie ihr Volk wirklich kennen
lernen und sich z. B, nicht einbilden, daß wir Sachsen im hervorragenden Sinne
poetisch angelegte Menschen seien, was neulich ein übrigens recht kluger Manu uns
gegenüber standhaft behauptete, wenn sie ferner ans ihre Stammeseigentümlichkeiten
halten und das Verschiedne in den einzelnen deutschen Landen, worauf des Deutschen
Vielseitigkeit und ein Teil seiner Kraft beruht, erhalten und vom Reiche gewahrt
wissen "vollen, so hat das sein Recht, bis an die Grenze alles schädlichen politischen
Partikularismus natürlich, wofür man diese Pflege der Volkskunde am liebsten als
Ersatz ansehen, und wenn es ginge, auch noch als Gegenmittel oder Ventil an¬
bieten möchte. Benndvrfs Buch giebt den Stoff in zwei Hauptabteilungen
(Älteste Zustände und Volksleben), dort die älteste Geschichte, die Art der Besied¬
lung und das Städtewesen, hier Sitten und Gebräuche, Sagen, Volkslied und
Mundart, Wohnung und Trachten. Wir haben bei ihm auf bequeme Weise so viel
gelernt, daß wir uns zu einem Verbesserungsvorschlag für die sicher bald zu er¬
wartende zweite Auflage ermutigt fühlen. Die Anordnung der verschiedne" Be-
siedlnugsformeu würde an Übersichtlichkeit gewinnen, wenn der "Rundung"' Fig. 42
mit dem dazu gehörenden Text nach Seite 24 geschoben und dort vor das "Straßen¬
dorf" gesetzt, wenn ferner deutlich gesagt würde, daß das "Haufendorf" in Sachsen
äußerst selten, das "Reihendorf" dort wohl nur im Wald und im Gebirge vor¬
kommt, und daß Hohenhmde bei Tauchn Fig. 55 kein reines Straßendorf, sondern
eigentlich eine Verbindung von Rundung und Straßendorf darstellt. Sodann
haben wir das Gefühl, daß in einem Buche über Volkskunde die Sprache un¬
bedingt natürlich und so einfach wie möglich, auf den ersten Blick verständlich sein
müßte. Ein im Jnristenstil gebildetes Satzuugeheuer wie: "Damit entfiel aber
auch die eigentliche Veranlassung zur Gehöftebilduug, und mit dieser der Grund,
das Gebäude etwa nach der Tiefe rechtwinklig zur Straße zu stellen" muß ich
mir erst vou seinen hohen Stelzen herunterholen, platt auf die Erde legen und
Wort für Wort in schlichtes Deutsch umsetzen, ehe ich mir nur überhaupt irgend
etwas dabei denken kann. Der Verfasser hat zwar dieses Kunstwerk glücklicherweise



Sächsische Volkskunde.

Die Dresdner Gehestiftung, deren längst an¬
erkannte Verdienste um geräuschlose Bildung unsers Lobes nicht mehr bedürfe«,
veranstaltete nach dem Plane eines ihrer Dozenten, Robert Wuttke, im Winter
1398/99 eine Reihe von Vorträgen über Gegenstände des sächsischen Volkstunis;
sie wurden dann umgearbeitet und zu einem stattlichen Bande vereinigt, der nach
Jahresfrist unter dem Titel: Sächsische Volkskunde mit 270 Abbildungen usw,
herausgegeben von Robert Wuttke (Dresden, Schonfeld) erscheinen konnte und heute
schon eine zweite Auflage erlebt hat. Gewiß ein ungewöhnlicher Erfolg, wie er
nur einzutreten pflegt, wenn einem richtig erkannten Bedürfnis Geschick und schnelle
Energie entgegenkommen. In demselben Verlage ist jetzt eben auch ein kleines
Buch dieses Inhalts von einem Leipziger Lehrer, Paul Benudorf, erschienen,
das nur wenig Groschen kostet und in knapper Fassung übersichtlich und anschaulich
die sächsische Volkskunde als Lehrstoff in der Volksschule vorführt (mit 64 Ab¬
bildungen), Wir hoben es mit lebhaftem Vergnügen gelesen und empfehlen es,
nicht den Lehrern, die es ja selbst zu finden wissen werden, sondern allen den
andern Menschen, denen es nicht minder nützlich sein wird. Viele haben ja nicht
einmal eine Vorstellung davon, was man überhaupt in einem solchen Buche zu
suchen hat, und denken vielleicht: Der Bauer ist kein Spielzeug für mich, sondern
höchstens ein unangenehmer kleiner Agrarier, aber alles, was in der nivellierenden
Kultur unsrer großen Städte noch individuell geblieben ist an uns Menschen, das
hängt ja irgendwie mit den natürlichen Eigenschaften unsers Bolksstamms zusammen,
und der hat seine Wurzeln draußen auf dem Lande, Darum ist es gut, daß
unsre Gebildeten sich wieder um diese Dinge zu kümmern anfangen, um ihre Her¬
kunft und um die Vorzeit ihres Landes, und wenn sie ihr Volk wirklich kennen
lernen und sich z. B, nicht einbilden, daß wir Sachsen im hervorragenden Sinne
poetisch angelegte Menschen seien, was neulich ein übrigens recht kluger Manu uns
gegenüber standhaft behauptete, wenn sie ferner ans ihre Stammeseigentümlichkeiten
halten und das Verschiedne in den einzelnen deutschen Landen, worauf des Deutschen
Vielseitigkeit und ein Teil seiner Kraft beruht, erhalten und vom Reiche gewahrt
wissen »vollen, so hat das sein Recht, bis an die Grenze alles schädlichen politischen
Partikularismus natürlich, wofür man diese Pflege der Volkskunde am liebsten als
Ersatz ansehen, und wenn es ginge, auch noch als Gegenmittel oder Ventil an¬
bieten möchte. Benndvrfs Buch giebt den Stoff in zwei Hauptabteilungen
(Älteste Zustände und Volksleben), dort die älteste Geschichte, die Art der Besied¬
lung und das Städtewesen, hier Sitten und Gebräuche, Sagen, Volkslied und
Mundart, Wohnung und Trachten. Wir haben bei ihm auf bequeme Weise so viel
gelernt, daß wir uns zu einem Verbesserungsvorschlag für die sicher bald zu er¬
wartende zweite Auflage ermutigt fühlen. Die Anordnung der verschiedne» Be-
siedlnugsformeu würde an Übersichtlichkeit gewinnen, wenn der „Rundung"' Fig. 42
mit dem dazu gehörenden Text nach Seite 24 geschoben und dort vor das „Straßen¬
dorf" gesetzt, wenn ferner deutlich gesagt würde, daß das „Haufendorf" in Sachsen
äußerst selten, das „Reihendorf" dort wohl nur im Wald und im Gebirge vor¬
kommt, und daß Hohenhmde bei Tauchn Fig. 55 kein reines Straßendorf, sondern
eigentlich eine Verbindung von Rundung und Straßendorf darstellt. Sodann
haben wir das Gefühl, daß in einem Buche über Volkskunde die Sprache un¬
bedingt natürlich und so einfach wie möglich, auf den ersten Blick verständlich sein
müßte. Ein im Jnristenstil gebildetes Satzuugeheuer wie: „Damit entfiel aber
auch die eigentliche Veranlassung zur Gehöftebilduug, und mit dieser der Grund,
das Gebäude etwa nach der Tiefe rechtwinklig zur Straße zu stellen" muß ich
mir erst vou seinen hohen Stelzen herunterholen, platt auf die Erde legen und
Wort für Wort in schlichtes Deutsch umsetzen, ehe ich mir nur überhaupt irgend
etwas dabei denken kann. Der Verfasser hat zwar dieses Kunstwerk glücklicherweise


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[0574] Sächsische Volkskunde. Die Dresdner Gehestiftung, deren längst an¬ erkannte Verdienste um geräuschlose Bildung unsers Lobes nicht mehr bedürfe«, veranstaltete nach dem Plane eines ihrer Dozenten, Robert Wuttke, im Winter 1398/99 eine Reihe von Vorträgen über Gegenstände des sächsischen Volkstunis; sie wurden dann umgearbeitet und zu einem stattlichen Bande vereinigt, der nach Jahresfrist unter dem Titel: Sächsische Volkskunde mit 270 Abbildungen usw, herausgegeben von Robert Wuttke (Dresden, Schonfeld) erscheinen konnte und heute schon eine zweite Auflage erlebt hat. Gewiß ein ungewöhnlicher Erfolg, wie er nur einzutreten pflegt, wenn einem richtig erkannten Bedürfnis Geschick und schnelle Energie entgegenkommen. In demselben Verlage ist jetzt eben auch ein kleines Buch dieses Inhalts von einem Leipziger Lehrer, Paul Benudorf, erschienen, das nur wenig Groschen kostet und in knapper Fassung übersichtlich und anschaulich die sächsische Volkskunde als Lehrstoff in der Volksschule vorführt (mit 64 Ab¬ bildungen), Wir hoben es mit lebhaftem Vergnügen gelesen und empfehlen es, nicht den Lehrern, die es ja selbst zu finden wissen werden, sondern allen den andern Menschen, denen es nicht minder nützlich sein wird. Viele haben ja nicht einmal eine Vorstellung davon, was man überhaupt in einem solchen Buche zu suchen hat, und denken vielleicht: Der Bauer ist kein Spielzeug für mich, sondern höchstens ein unangenehmer kleiner Agrarier, aber alles, was in der nivellierenden Kultur unsrer großen Städte noch individuell geblieben ist an uns Menschen, das hängt ja irgendwie mit den natürlichen Eigenschaften unsers Bolksstamms zusammen, und der hat seine Wurzeln draußen auf dem Lande, Darum ist es gut, daß unsre Gebildeten sich wieder um diese Dinge zu kümmern anfangen, um ihre Her¬ kunft und um die Vorzeit ihres Landes, und wenn sie ihr Volk wirklich kennen lernen und sich z. B, nicht einbilden, daß wir Sachsen im hervorragenden Sinne poetisch angelegte Menschen seien, was neulich ein übrigens recht kluger Manu uns gegenüber standhaft behauptete, wenn sie ferner ans ihre Stammeseigentümlichkeiten halten und das Verschiedne in den einzelnen deutschen Landen, worauf des Deutschen Vielseitigkeit und ein Teil seiner Kraft beruht, erhalten und vom Reiche gewahrt wissen »vollen, so hat das sein Recht, bis an die Grenze alles schädlichen politischen Partikularismus natürlich, wofür man diese Pflege der Volkskunde am liebsten als Ersatz ansehen, und wenn es ginge, auch noch als Gegenmittel oder Ventil an¬ bieten möchte. Benndvrfs Buch giebt den Stoff in zwei Hauptabteilungen (Älteste Zustände und Volksleben), dort die älteste Geschichte, die Art der Besied¬ lung und das Städtewesen, hier Sitten und Gebräuche, Sagen, Volkslied und Mundart, Wohnung und Trachten. Wir haben bei ihm auf bequeme Weise so viel gelernt, daß wir uns zu einem Verbesserungsvorschlag für die sicher bald zu er¬ wartende zweite Auflage ermutigt fühlen. Die Anordnung der verschiedne» Be- siedlnugsformeu würde an Übersichtlichkeit gewinnen, wenn der „Rundung"' Fig. 42 mit dem dazu gehörenden Text nach Seite 24 geschoben und dort vor das „Straßen¬ dorf" gesetzt, wenn ferner deutlich gesagt würde, daß das „Haufendorf" in Sachsen äußerst selten, das „Reihendorf" dort wohl nur im Wald und im Gebirge vor¬ kommt, und daß Hohenhmde bei Tauchn Fig. 55 kein reines Straßendorf, sondern eigentlich eine Verbindung von Rundung und Straßendorf darstellt. Sodann haben wir das Gefühl, daß in einem Buche über Volkskunde die Sprache un¬ bedingt natürlich und so einfach wie möglich, auf den ersten Blick verständlich sein müßte. Ein im Jnristenstil gebildetes Satzuugeheuer wie: „Damit entfiel aber auch die eigentliche Veranlassung zur Gehöftebilduug, und mit dieser der Grund, das Gebäude etwa nach der Tiefe rechtwinklig zur Straße zu stellen" muß ich mir erst vou seinen hohen Stelzen herunterholen, platt auf die Erde legen und Wort für Wort in schlichtes Deutsch umsetzen, ehe ich mir nur überhaupt irgend etwas dabei denken kann. Der Verfasser hat zwar dieses Kunstwerk glücklicherweise

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/574>, abgerufen am 13.11.2024.