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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Der Kampf um den Zolltarif
3

IN Bundesrat sind, wie man hört, die Beratungen über den
Zolltarif in vollem Gange. Was sie bringen werden, ist ebenso
ein Buch rin sieben Siegeln, wie der Entwurf, mit dein sie es
zu thun daheim Fertig muß in kurzer Zeit etwas gebracht
werden, und es Ware nicht gerade befremdlich, wenn sich der
Bundesrat, da er nicht mehr viel an den Fundamenten andern kann, mit un¬
wesentlichen Ausputz und einem Notdach begnügt und dem Reichstag über¬
laßt, zu machen, was er will. Es soll und muß dann eben wieder ein¬
mal "anch so" gehn. Wir haben das bei so manchem Entwurf erlebt, freilich
immer zum Schaden der Suche, zum Schaden des Ansehens der Regierung
und zum Schaden der politischen Haltung deS Volks. In diesem Falle
würde der Schaden in jeder Beziehung besonders schwer sein. Seit dem
Bestehn des Reichs hat der Bundesrat kaum jemals vor einer Verantwort¬
licher" Aufgabe gestanden. Niemals durfte er weniger die Verantwortung
ans den Reichstag abwälzen. Wenn jetzt die Freunde der Väter und Paten
des Entwurfs wieder doppelt eifrig in der Presse die Reklametrommel rühren
für die Trefflichkeit des "Instruments," das sie dem Reiche zur Erlangung
günstiger Handelsbeziehungen zum Ausland beschert hätte", so wird sich
hoffentlich der Buudesrat dadurch am wenigste" verleiten lasse", die Sache
ans die leichte Achsel zu nehmen. I" de" beide" vora"gega"gnen Artikel"
ist vor allem die Streichung der Miuimalgetreidezvlle im H 1 des Zolltarif-
gesetzeutwurfs befürwortet worden. Es ist dabei die Unstichhaltigkeit der
Gründe, mit denen man für das Doppeltnrifsystem nach französischem Muster
Stimmung zu machen versucht hat, nachgewiesen, im besondern aber auf die
verhängnisvollen Konsequenzen aufmerksam gemacht worden, die der Bnndesrat
heraufbeschwören würde, wenn er den Gesetzentwurf mit dem Absatz 2 des !; 1
an deu Reichstag weiter gäbe. Dabei mußte natürlich die von links und rechts
in leichtverständlicher Absicht aufgestellte unwahre Behauptung widerlegt werden,
die verbündete" Regierungen hätten sich dnrch früher gegebne Z"sage" "ut der
Reichskanzler a"es "och d"res die Veröffentlichung des Entwurfs zur Auf


Grmzbott'n I V 1S0I ^1


Der Kampf um den Zolltarif
3

IN Bundesrat sind, wie man hört, die Beratungen über den
Zolltarif in vollem Gange. Was sie bringen werden, ist ebenso
ein Buch rin sieben Siegeln, wie der Entwurf, mit dein sie es
zu thun daheim Fertig muß in kurzer Zeit etwas gebracht
werden, und es Ware nicht gerade befremdlich, wenn sich der
Bundesrat, da er nicht mehr viel an den Fundamenten andern kann, mit un¬
wesentlichen Ausputz und einem Notdach begnügt und dem Reichstag über¬
laßt, zu machen, was er will. Es soll und muß dann eben wieder ein¬
mal „anch so" gehn. Wir haben das bei so manchem Entwurf erlebt, freilich
immer zum Schaden der Suche, zum Schaden des Ansehens der Regierung
und zum Schaden der politischen Haltung deS Volks. In diesem Falle
würde der Schaden in jeder Beziehung besonders schwer sein. Seit dem
Bestehn des Reichs hat der Bundesrat kaum jemals vor einer Verantwort¬
licher» Aufgabe gestanden. Niemals durfte er weniger die Verantwortung
ans den Reichstag abwälzen. Wenn jetzt die Freunde der Väter und Paten
des Entwurfs wieder doppelt eifrig in der Presse die Reklametrommel rühren
für die Trefflichkeit des „Instruments," das sie dem Reiche zur Erlangung
günstiger Handelsbeziehungen zum Ausland beschert hätte», so wird sich
hoffentlich der Buudesrat dadurch am wenigste» verleiten lasse», die Sache
ans die leichte Achsel zu nehmen. I» de» beide» vora»gega»gnen Artikel»
ist vor allem die Streichung der Miuimalgetreidezvlle im H 1 des Zolltarif-
gesetzeutwurfs befürwortet worden. Es ist dabei die Unstichhaltigkeit der
Gründe, mit denen man für das Doppeltnrifsystem nach französischem Muster
Stimmung zu machen versucht hat, nachgewiesen, im besondern aber auf die
verhängnisvollen Konsequenzen aufmerksam gemacht worden, die der Bnndesrat
heraufbeschwören würde, wenn er den Gesetzentwurf mit dem Absatz 2 des !; 1
an deu Reichstag weiter gäbe. Dabei mußte natürlich die von links und rechts
in leichtverständlicher Absicht aufgestellte unwahre Behauptung widerlegt werden,
die verbündete» Regierungen hätten sich dnrch früher gegebne Z»sage» »ut der
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[0169] [Abbildung] Der Kampf um den Zolltarif 3 IN Bundesrat sind, wie man hört, die Beratungen über den Zolltarif in vollem Gange. Was sie bringen werden, ist ebenso ein Buch rin sieben Siegeln, wie der Entwurf, mit dein sie es zu thun daheim Fertig muß in kurzer Zeit etwas gebracht werden, und es Ware nicht gerade befremdlich, wenn sich der Bundesrat, da er nicht mehr viel an den Fundamenten andern kann, mit un¬ wesentlichen Ausputz und einem Notdach begnügt und dem Reichstag über¬ laßt, zu machen, was er will. Es soll und muß dann eben wieder ein¬ mal „anch so" gehn. Wir haben das bei so manchem Entwurf erlebt, freilich immer zum Schaden der Suche, zum Schaden des Ansehens der Regierung und zum Schaden der politischen Haltung deS Volks. In diesem Falle würde der Schaden in jeder Beziehung besonders schwer sein. Seit dem Bestehn des Reichs hat der Bundesrat kaum jemals vor einer Verantwort¬ licher» Aufgabe gestanden. Niemals durfte er weniger die Verantwortung ans den Reichstag abwälzen. Wenn jetzt die Freunde der Väter und Paten des Entwurfs wieder doppelt eifrig in der Presse die Reklametrommel rühren für die Trefflichkeit des „Instruments," das sie dem Reiche zur Erlangung günstiger Handelsbeziehungen zum Ausland beschert hätte», so wird sich hoffentlich der Buudesrat dadurch am wenigste» verleiten lasse», die Sache ans die leichte Achsel zu nehmen. I» de» beide» vora»gega»gnen Artikel» ist vor allem die Streichung der Miuimalgetreidezvlle im H 1 des Zolltarif- gesetzeutwurfs befürwortet worden. Es ist dabei die Unstichhaltigkeit der Gründe, mit denen man für das Doppeltnrifsystem nach französischem Muster Stimmung zu machen versucht hat, nachgewiesen, im besondern aber auf die verhängnisvollen Konsequenzen aufmerksam gemacht worden, die der Bnndesrat heraufbeschwören würde, wenn er den Gesetzentwurf mit dem Absatz 2 des !; 1 an deu Reichstag weiter gäbe. Dabei mußte natürlich die von links und rechts in leichtverständlicher Absicht aufgestellte unwahre Behauptung widerlegt werden, die verbündete» Regierungen hätten sich dnrch früher gegebne Z»sage» »ut der Reichskanzler a»es »och d»res die Veröffentlichung des Entwurfs zur Auf Grmzbott'n I V 1S0I ^1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/169>, abgerufen am 13.11.2024.