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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Thomas Vabington Macaulay
^cur Rosettberg von

!eilen ist einem Manne die Glücksgöttin so hold gewesen, noch
seltner vielleicht so tren in ihrer Bestäiidigkeit wie dein Historiker
Thomas Babiugton Macaulay. Wer die beiden Bände seiner
IBriefe und Tagebücher ^I.jf<z and Ix'ttvrs of I^ort Navanl"^,
bis iwpbö^v lzlöoi'Fiz Otto 'IVsvöl^-rü, London, 1876) durch-
gelesen hat, wird die Empfindung haben, daß er das Leben eines Menschen
an seinem geistigen Auge hat vorüberziehn sehen, der an der Stelle stand,
wo er hingehörte, und bei dem äußere und innere Bedingungen zusammen¬
trafen, seine Kräfte zu starker und harmonischer Wirkung zu bringen, Maccmlah
war sich auch immer bewußt, daß er zu den Bevorzugten dieser Erde gehörte.
Von den vielen privaten Äußerungen, die das beweisen, will ich uur zwei
herausgreife". An seinem funfzigsten Geburtstag, dem 25. Oktober 1850,
schreibt er in sein Tagebuch: "Ich habe ein glückliches Leben geführt. Ich
weiß nicht, ob einer, den ich in der Nähe betrachtet habe, glücklicher gewesen
ist." Und sieben Jahre später, als ihn schon die Herzkrankheit ergriffen hatte,
die ihn am 28. Dezember 1859 dahinraffte, finden wir in seinem Tagebuch
die Worte: "Mein Geburtstag. 57. Ich habe ein nicht unangenehmes Jahr
verlebt. Meine Gesundheit ist nicht gut, doch mein Kopf ist klar, und mein
Herz ist warm. Ich erhalte viele Beweise von der guten Meinung der Welt. . . .
Und was für mein Glück weit wichtiger ist als Reichtum, Titel, sogar als der
Ruhm -- die Meinigen ser versteht darunter die Familie seiner Schwester;
er selbst war nicht verheiratet^ sind gesund und glücklich und zu mir gütig
und liebevoll."

1

Schon die Schule, die Zacharias Macaulay, der Vater des Historikers,
ein Freund von Wilberforce und mit diesem ein Führer im Kampf gegen den
Sklavenhandel, für seinen Sohn aufsuchte, erwies sich als die geeignete Stätte
für Thomas. Es war eine Privatschule, die ein Pfarrer in der Nähe von
Cambridge leitete. Wäre Thomas in Harrow oder Eton oder einer der andern
großen publio svbools gewesen, so hätte er sich, lebhaft wie er von Natur
war, dem Zuge, der auf diesen Schulen herrscht, nicht entzogen, und er hätte
auch wie seine Kameraden den Ehrgeiz gehabt, sich auf dem Spielplatz aus¬
zuzeichnen. Aber dort in Little Shelford konnte er sein sehnlicher fast




Thomas Vabington Macaulay
^cur Rosettberg von

!eilen ist einem Manne die Glücksgöttin so hold gewesen, noch
seltner vielleicht so tren in ihrer Bestäiidigkeit wie dein Historiker
Thomas Babiugton Macaulay. Wer die beiden Bände seiner
IBriefe und Tagebücher ^I.jf<z and Ix'ttvrs of I^ort Navanl»^,
bis iwpbö^v lzlöoi'Fiz Otto 'IVsvöl^-rü, London, 1876) durch-
gelesen hat, wird die Empfindung haben, daß er das Leben eines Menschen
an seinem geistigen Auge hat vorüberziehn sehen, der an der Stelle stand,
wo er hingehörte, und bei dem äußere und innere Bedingungen zusammen¬
trafen, seine Kräfte zu starker und harmonischer Wirkung zu bringen, Maccmlah
war sich auch immer bewußt, daß er zu den Bevorzugten dieser Erde gehörte.
Von den vielen privaten Äußerungen, die das beweisen, will ich uur zwei
herausgreife». An seinem funfzigsten Geburtstag, dem 25. Oktober 1850,
schreibt er in sein Tagebuch: „Ich habe ein glückliches Leben geführt. Ich
weiß nicht, ob einer, den ich in der Nähe betrachtet habe, glücklicher gewesen
ist." Und sieben Jahre später, als ihn schon die Herzkrankheit ergriffen hatte,
die ihn am 28. Dezember 1859 dahinraffte, finden wir in seinem Tagebuch
die Worte: „Mein Geburtstag. 57. Ich habe ein nicht unangenehmes Jahr
verlebt. Meine Gesundheit ist nicht gut, doch mein Kopf ist klar, und mein
Herz ist warm. Ich erhalte viele Beweise von der guten Meinung der Welt. . . .
Und was für mein Glück weit wichtiger ist als Reichtum, Titel, sogar als der
Ruhm — die Meinigen ser versteht darunter die Familie seiner Schwester;
er selbst war nicht verheiratet^ sind gesund und glücklich und zu mir gütig
und liebevoll."

1

Schon die Schule, die Zacharias Macaulay, der Vater des Historikers,
ein Freund von Wilberforce und mit diesem ein Führer im Kampf gegen den
Sklavenhandel, für seinen Sohn aufsuchte, erwies sich als die geeignete Stätte
für Thomas. Es war eine Privatschule, die ein Pfarrer in der Nähe von
Cambridge leitete. Wäre Thomas in Harrow oder Eton oder einer der andern
großen publio svbools gewesen, so hätte er sich, lebhaft wie er von Natur
war, dem Zuge, der auf diesen Schulen herrscht, nicht entzogen, und er hätte
auch wie seine Kameraden den Ehrgeiz gehabt, sich auf dem Spielplatz aus¬
zuzeichnen. Aber dort in Little Shelford konnte er sein sehnlicher fast


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/85>, abgerufen am 29.06.2024.