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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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August von Goethes Briefe aus Italien

Will ich schließen, Gott gebe Ihnen und den Ihrigen Gesundheit, ich bleibe
wie immer derselbe v. Goethe

Nachschrift. Soeben geht der König von Neapel hier ab und im Hafen
donnern von allen Kriegsschiffen, sowie von den Festungswerken die Kanonen,
Mail tun es eine See- und Landschlacht neuen, die ich von meinem Fenster
sehe v. G. > O wärt ihr alle hier.!! -- Eckermann grüßt Tausend mal.


7

La Spezzia d. 9. Aug. 30.


Werthe Freundin

Meinen Unfall werden Sie wohl nun erfahren haben, es war viel zu er¬
jagen, ganz allein in einem fremden Lande, des Gebrauchs des Arms beraubt,
"ngewnrgt um den ganzen Körper in 30 Ellen Bandage, da galts Gedult.
Doch nun ist es bald überstanden, noch 7 Tage in diesem Zustande, dann
bin ich wieder frey und in 9 Tagen gehe ich so Gott Null nach Rom ab,
wo ich anfangs September eintreffen werde. Laßen Sie sich doch von Carien
meinen Verbannunysort auf der Landcharte zeigen, es ist ohngefähr 200 Meilen
von Ihnen. Ich hoffe, Sie erhalten mein Tagebuch? Schirm Sie doch ein
Par Zeilen für mich um meinen Vater, er wird sie gern in seine nächste Sen¬
dung nach Rom beischließen. In den letzten Tagen des Juli und den 3. August
b gerade meine schlimmste Zeit hier:) dachte ich recht an unsere frohe Parthie nach
Ilmenau und Erfnrth. Schmidt hat recht ich habe in 4 Monaten kaum
einmal herzlich gelacht. Mein Stilbchen habe ich mir recht wöhnlich arangirt.
Sterling (-ein junger Engländer der lange in Weimar und tagt in unserem
Hanse war:) ist nun 8 Tage bei mir, welches mir sehr wohl thut, wir wohnen
"eben einander und haben die Thüren immer offen, es ist ein sert. Mensch
(:der Sohn des englischen Consuls in Genna:). Wie geht es Ihnen allen?
Grüßen Sie Gille herzlich, sowie Nanny, Carien, Marie und Mela, auch .Herrn
Obercanlmerherrn bitte ich mich uuterthünigst zu empfehlen. Wie gern unter¬
hielt ich mich noch schriftl. mit Ihnen, wenn diß Blättchen nicht so klein wäre,
aber nehmen Sie alle auch dieß Wenige als sicheres Zeichen daß mir Ihr
Haus in stecken Andenken ruht und kein Tag vergeht, wo ich Ihrer nicht ge¬
dächte. Wie immer der Alte


v. Goethe.

Von Rom ein Mehreres.


8

Neapel, Mittwoch den 22 September 1830.
(:auf meinem Balkon im Angesicht des Vesuvs:)

Gitters Brief erhielt ich hier, wie war ich erfreut! so herzlich, Theil
nehmend und lieb, ich kann Ihnen gar nicht sagen wie glücklich ich war.
Danken Sie Ihm herzlich und bitten Ihn noch eine Morgen Stunde an mich
M wenden. Mein Tagebuch wird Ihnen sagen wie ich lebe und bin, immer
der Alte aber sehr thätig im Sehen, Lernen und Empfinden. Es ist keine
Kleinigkeit hier zu seyn. Mail muß sich sehr zusammennehmen, sonst geht man


August von Goethes Briefe aus Italien

Will ich schließen, Gott gebe Ihnen und den Ihrigen Gesundheit, ich bleibe
wie immer derselbe v. Goethe

Nachschrift. Soeben geht der König von Neapel hier ab und im Hafen
donnern von allen Kriegsschiffen, sowie von den Festungswerken die Kanonen,
Mail tun es eine See- und Landschlacht neuen, die ich von meinem Fenster
sehe v. G. > O wärt ihr alle hier.!! — Eckermann grüßt Tausend mal.


7

La Spezzia d. 9. Aug. 30.


Werthe Freundin

Meinen Unfall werden Sie wohl nun erfahren haben, es war viel zu er¬
jagen, ganz allein in einem fremden Lande, des Gebrauchs des Arms beraubt,
«ngewnrgt um den ganzen Körper in 30 Ellen Bandage, da galts Gedult.
Doch nun ist es bald überstanden, noch 7 Tage in diesem Zustande, dann
bin ich wieder frey und in 9 Tagen gehe ich so Gott Null nach Rom ab,
wo ich anfangs September eintreffen werde. Laßen Sie sich doch von Carien
meinen Verbannunysort auf der Landcharte zeigen, es ist ohngefähr 200 Meilen
von Ihnen. Ich hoffe, Sie erhalten mein Tagebuch? Schirm Sie doch ein
Par Zeilen für mich um meinen Vater, er wird sie gern in seine nächste Sen¬
dung nach Rom beischließen. In den letzten Tagen des Juli und den 3. August
b gerade meine schlimmste Zeit hier:) dachte ich recht an unsere frohe Parthie nach
Ilmenau und Erfnrth. Schmidt hat recht ich habe in 4 Monaten kaum
einmal herzlich gelacht. Mein Stilbchen habe ich mir recht wöhnlich arangirt.
Sterling (-ein junger Engländer der lange in Weimar und tagt in unserem
Hanse war:) ist nun 8 Tage bei mir, welches mir sehr wohl thut, wir wohnen
"eben einander und haben die Thüren immer offen, es ist ein sert. Mensch
(:der Sohn des englischen Consuls in Genna:). Wie geht es Ihnen allen?
Grüßen Sie Gille herzlich, sowie Nanny, Carien, Marie und Mela, auch .Herrn
Obercanlmerherrn bitte ich mich uuterthünigst zu empfehlen. Wie gern unter¬
hielt ich mich noch schriftl. mit Ihnen, wenn diß Blättchen nicht so klein wäre,
aber nehmen Sie alle auch dieß Wenige als sicheres Zeichen daß mir Ihr
Haus in stecken Andenken ruht und kein Tag vergeht, wo ich Ihrer nicht ge¬
dächte. Wie immer der Alte


v. Goethe.

Von Rom ein Mehreres.


8

Neapel, Mittwoch den 22 September 1830.
(:auf meinem Balkon im Angesicht des Vesuvs:)

Gitters Brief erhielt ich hier, wie war ich erfreut! so herzlich, Theil
nehmend und lieb, ich kann Ihnen gar nicht sagen wie glücklich ich war.
Danken Sie Ihm herzlich und bitten Ihn noch eine Morgen Stunde an mich
M wenden. Mein Tagebuch wird Ihnen sagen wie ich lebe und bin, immer
der Alte aber sehr thätig im Sehen, Lernen und Empfinden. Es ist keine
Kleinigkeit hier zu seyn. Mail muß sich sehr zusammennehmen, sonst geht man


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[0205] August von Goethes Briefe aus Italien Will ich schließen, Gott gebe Ihnen und den Ihrigen Gesundheit, ich bleibe wie immer derselbe v. Goethe Nachschrift. Soeben geht der König von Neapel hier ab und im Hafen donnern von allen Kriegsschiffen, sowie von den Festungswerken die Kanonen, Mail tun es eine See- und Landschlacht neuen, die ich von meinem Fenster sehe v. G. > O wärt ihr alle hier.!! — Eckermann grüßt Tausend mal. 7 La Spezzia d. 9. Aug. 30. Werthe Freundin Meinen Unfall werden Sie wohl nun erfahren haben, es war viel zu er¬ jagen, ganz allein in einem fremden Lande, des Gebrauchs des Arms beraubt, «ngewnrgt um den ganzen Körper in 30 Ellen Bandage, da galts Gedult. Doch nun ist es bald überstanden, noch 7 Tage in diesem Zustande, dann bin ich wieder frey und in 9 Tagen gehe ich so Gott Null nach Rom ab, wo ich anfangs September eintreffen werde. Laßen Sie sich doch von Carien meinen Verbannunysort auf der Landcharte zeigen, es ist ohngefähr 200 Meilen von Ihnen. Ich hoffe, Sie erhalten mein Tagebuch? Schirm Sie doch ein Par Zeilen für mich um meinen Vater, er wird sie gern in seine nächste Sen¬ dung nach Rom beischließen. In den letzten Tagen des Juli und den 3. August b gerade meine schlimmste Zeit hier:) dachte ich recht an unsere frohe Parthie nach Ilmenau und Erfnrth. Schmidt hat recht ich habe in 4 Monaten kaum einmal herzlich gelacht. Mein Stilbchen habe ich mir recht wöhnlich arangirt. Sterling (-ein junger Engländer der lange in Weimar und tagt in unserem Hanse war:) ist nun 8 Tage bei mir, welches mir sehr wohl thut, wir wohnen "eben einander und haben die Thüren immer offen, es ist ein sert. Mensch (:der Sohn des englischen Consuls in Genna:). Wie geht es Ihnen allen? Grüßen Sie Gille herzlich, sowie Nanny, Carien, Marie und Mela, auch .Herrn Obercanlmerherrn bitte ich mich uuterthünigst zu empfehlen. Wie gern unter¬ hielt ich mich noch schriftl. mit Ihnen, wenn diß Blättchen nicht so klein wäre, aber nehmen Sie alle auch dieß Wenige als sicheres Zeichen daß mir Ihr Haus in stecken Andenken ruht und kein Tag vergeht, wo ich Ihrer nicht ge¬ dächte. Wie immer der Alte v. Goethe. Von Rom ein Mehreres. 8 Neapel, Mittwoch den 22 September 1830. (:auf meinem Balkon im Angesicht des Vesuvs:) Gitters Brief erhielt ich hier, wie war ich erfreut! so herzlich, Theil nehmend und lieb, ich kann Ihnen gar nicht sagen wie glücklich ich war. Danken Sie Ihm herzlich und bitten Ihn noch eine Morgen Stunde an mich M wenden. Mein Tagebuch wird Ihnen sagen wie ich lebe und bin, immer der Alte aber sehr thätig im Sehen, Lernen und Empfinden. Es ist keine Kleinigkeit hier zu seyn. Mail muß sich sehr zusammennehmen, sonst geht man

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/205>, abgerufen am 05.12.2024.