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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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August von Goethes Briefe aus Italien

Das Theater in Carlsruhe wird in ohngefähr 6 Wochen wieder eröffnet,
bis dahin ließen sich dielleicht Schritte thun. Noch etwas muß ich Ihnen dach
mittheilen, nämlich die Schüsseln, welche wir heute in einer kleinen Landstad
Buhl beim Mittagessen hatten: 1, Suppe, 2, Rindfleisch mit Senf und grüner
Gresse (Kresse), 3. Spinat mit Ehern, 4. Weiße Rüben mit Codices, 5. Spargel
mit Snuee und Servaltwurst, 6 Olmet. LoutM, 7. Jungen Hasen mit Wein
gestoft, 8 Forellen, 9 Kalbsbraten mit Snllat 10 zum Desert Mandeln, Bisquit
und Confect. 11 Butter und Käse 12 Kasse, für dieses alles sehr reichlich nur
für mich und Eckermann allein aufgetragene Essen nebst einem Nösel recht
guten Wein zahlte die Person 15 Gr. 8 H Diß müßte man unseren Wirthe"
unter den Fuß geben. Hirbei bat noch die Wirthin heute so vorlieb zu nehmen.
Verzeihen Sie, daß ich Sie mit diesem langweile, lassen Sie den meinigen
wissen, daß Sie von hier ans Nachricht von mir haben und daß ich mich recht
wohl befinde. Grüßen Sie Gille, Nemus, Carl, Marie u. Mclanie und
denken Sie zuweilen an Ihren


treuen alten Freund v. Goethe.

N. S. wollen Sie mir einmal ein Paar Zeilen widmen, so schicken Sie
sie nnr zu meiner Fran.


4

Mailand den 13 Mas, Abends 11 Uhr.


Guten Abend

So wäre ich denn nun 150 Meilen von Ihnen entfernt! welcher Zwischen-
rnnm! Seit meinem letzten Brief bin ich ummterbrochen bis hierher sortgereißt,
wo ich den 10, d. M, Abends angekommen. Mailand ist eine himlische Stadt
und ich wünschte, daß ich sie mit den Leipziger Reisegefährten durchwandern
könnte. Mit meiner Gesundheit geht es viel besser beinah ganz gut. Der
Aufenthalt wird mir hier durch deu Unglücksfnll verbittert, den die Myliußische
Familie erlitten, sie haben den einzigen Sohn verloren, er starb zu Trieft, wo
er mit seinen Eltern und Braut war um sich trauen zu lassen an einer Unter¬
leibs-Entzündung hat sich aber noch sterbend trauen lassen. Myliußeus sind
daher gar nicht hierher gekommen, sondern gleich nach ihrem Landgut am I^sso
in^ortZ (mAKg'lors) 6 Stunden von hier gegangen. Ihren Gruß habe ich daher
schriftl. abgetragen. Ich werde noch einige Zeit hier verweilen um einige
Parthien in der Nähe zu machen, auch später wenn ich von Venedig zurück¬
komme wieder hier ansprechen, ehe ich nach Neapel und Rom gehe, welches
etwa in 6--8 Wochen geschehen kann. Lassen Sie anch etwas von sich und
den Ihrigen hören. Grüßen Sie Gille, Nemus, Carl, Marie, Melanie und
der alte v. G. Schmidts.


5

Mailand den 1 Iris 1830.

Dieser Brief wird wohl spät in Ihre Hände kommen, da er mit einer
Sendung theils durch Frachtfnhrc, theils durch Post nach Weimar gelangen
wird. Dn ich hoffe, daß meine Tagebücher Ihnen nach meinem Wunsche mit-


August von Goethes Briefe aus Italien

Das Theater in Carlsruhe wird in ohngefähr 6 Wochen wieder eröffnet,
bis dahin ließen sich dielleicht Schritte thun. Noch etwas muß ich Ihnen dach
mittheilen, nämlich die Schüsseln, welche wir heute in einer kleinen Landstad
Buhl beim Mittagessen hatten: 1, Suppe, 2, Rindfleisch mit Senf und grüner
Gresse (Kresse), 3. Spinat mit Ehern, 4. Weiße Rüben mit Codices, 5. Spargel
mit Snuee und Servaltwurst, 6 Olmet. LoutM, 7. Jungen Hasen mit Wein
gestoft, 8 Forellen, 9 Kalbsbraten mit Snllat 10 zum Desert Mandeln, Bisquit
und Confect. 11 Butter und Käse 12 Kasse, für dieses alles sehr reichlich nur
für mich und Eckermann allein aufgetragene Essen nebst einem Nösel recht
guten Wein zahlte die Person 15 Gr. 8 H Diß müßte man unseren Wirthe»
unter den Fuß geben. Hirbei bat noch die Wirthin heute so vorlieb zu nehmen.
Verzeihen Sie, daß ich Sie mit diesem langweile, lassen Sie den meinigen
wissen, daß Sie von hier ans Nachricht von mir haben und daß ich mich recht
wohl befinde. Grüßen Sie Gille, Nemus, Carl, Marie u. Mclanie und
denken Sie zuweilen an Ihren


treuen alten Freund v. Goethe.

N. S. wollen Sie mir einmal ein Paar Zeilen widmen, so schicken Sie
sie nnr zu meiner Fran.


4

Mailand den 13 Mas, Abends 11 Uhr.


Guten Abend

So wäre ich denn nun 150 Meilen von Ihnen entfernt! welcher Zwischen-
rnnm! Seit meinem letzten Brief bin ich ummterbrochen bis hierher sortgereißt,
wo ich den 10, d. M, Abends angekommen. Mailand ist eine himlische Stadt
und ich wünschte, daß ich sie mit den Leipziger Reisegefährten durchwandern
könnte. Mit meiner Gesundheit geht es viel besser beinah ganz gut. Der
Aufenthalt wird mir hier durch deu Unglücksfnll verbittert, den die Myliußische
Familie erlitten, sie haben den einzigen Sohn verloren, er starb zu Trieft, wo
er mit seinen Eltern und Braut war um sich trauen zu lassen an einer Unter¬
leibs-Entzündung hat sich aber noch sterbend trauen lassen. Myliußeus sind
daher gar nicht hierher gekommen, sondern gleich nach ihrem Landgut am I^sso
in^ortZ (mAKg'lors) 6 Stunden von hier gegangen. Ihren Gruß habe ich daher
schriftl. abgetragen. Ich werde noch einige Zeit hier verweilen um einige
Parthien in der Nähe zu machen, auch später wenn ich von Venedig zurück¬
komme wieder hier ansprechen, ehe ich nach Neapel und Rom gehe, welches
etwa in 6—8 Wochen geschehen kann. Lassen Sie anch etwas von sich und
den Ihrigen hören. Grüßen Sie Gille, Nemus, Carl, Marie, Melanie und
der alte v. G. Schmidts.


5

Mailand den 1 Iris 1830.

Dieser Brief wird wohl spät in Ihre Hände kommen, da er mit einer
Sendung theils durch Frachtfnhrc, theils durch Post nach Weimar gelangen
wird. Dn ich hoffe, daß meine Tagebücher Ihnen nach meinem Wunsche mit-


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[0202] August von Goethes Briefe aus Italien Das Theater in Carlsruhe wird in ohngefähr 6 Wochen wieder eröffnet, bis dahin ließen sich dielleicht Schritte thun. Noch etwas muß ich Ihnen dach mittheilen, nämlich die Schüsseln, welche wir heute in einer kleinen Landstad Buhl beim Mittagessen hatten: 1, Suppe, 2, Rindfleisch mit Senf und grüner Gresse (Kresse), 3. Spinat mit Ehern, 4. Weiße Rüben mit Codices, 5. Spargel mit Snuee und Servaltwurst, 6 Olmet. LoutM, 7. Jungen Hasen mit Wein gestoft, 8 Forellen, 9 Kalbsbraten mit Snllat 10 zum Desert Mandeln, Bisquit und Confect. 11 Butter und Käse 12 Kasse, für dieses alles sehr reichlich nur für mich und Eckermann allein aufgetragene Essen nebst einem Nösel recht guten Wein zahlte die Person 15 Gr. 8 H Diß müßte man unseren Wirthe» unter den Fuß geben. Hirbei bat noch die Wirthin heute so vorlieb zu nehmen. Verzeihen Sie, daß ich Sie mit diesem langweile, lassen Sie den meinigen wissen, daß Sie von hier ans Nachricht von mir haben und daß ich mich recht wohl befinde. Grüßen Sie Gille, Nemus, Carl, Marie u. Mclanie und denken Sie zuweilen an Ihren treuen alten Freund v. Goethe. N. S. wollen Sie mir einmal ein Paar Zeilen widmen, so schicken Sie sie nnr zu meiner Fran. 4 Mailand den 13 Mas, Abends 11 Uhr. Guten Abend So wäre ich denn nun 150 Meilen von Ihnen entfernt! welcher Zwischen- rnnm! Seit meinem letzten Brief bin ich ummterbrochen bis hierher sortgereißt, wo ich den 10, d. M, Abends angekommen. Mailand ist eine himlische Stadt und ich wünschte, daß ich sie mit den Leipziger Reisegefährten durchwandern könnte. Mit meiner Gesundheit geht es viel besser beinah ganz gut. Der Aufenthalt wird mir hier durch deu Unglücksfnll verbittert, den die Myliußische Familie erlitten, sie haben den einzigen Sohn verloren, er starb zu Trieft, wo er mit seinen Eltern und Braut war um sich trauen zu lassen an einer Unter¬ leibs-Entzündung hat sich aber noch sterbend trauen lassen. Myliußeus sind daher gar nicht hierher gekommen, sondern gleich nach ihrem Landgut am I^sso in^ortZ (mAKg'lors) 6 Stunden von hier gegangen. Ihren Gruß habe ich daher schriftl. abgetragen. Ich werde noch einige Zeit hier verweilen um einige Parthien in der Nähe zu machen, auch später wenn ich von Venedig zurück¬ komme wieder hier ansprechen, ehe ich nach Neapel und Rom gehe, welches etwa in 6—8 Wochen geschehen kann. Lassen Sie anch etwas von sich und den Ihrigen hören. Grüßen Sie Gille, Nemus, Carl, Marie, Melanie und der alte v. G. Schmidts. 5 Mailand den 1 Iris 1830. Dieser Brief wird wohl spät in Ihre Hände kommen, da er mit einer Sendung theils durch Frachtfnhrc, theils durch Post nach Weimar gelangen wird. Dn ich hoffe, daß meine Tagebücher Ihnen nach meinem Wunsche mit-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/202>, abgerufen am 05.12.2024.