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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufteilung Afrikas

Im Jahre 1883 finden wir in Afrika als größern französischen Besitz
nur Algier und Tunis, ferner einige kleine Küswikolonien am Senegal, in
Gabun. England besitzt Kapland bis zum Oranje und einige Kleinigkeiten an
der Guineaküste. Portugal glaubt, Angola und Mozambique sein eigen nennen
zu können, sonst ist Afrika frei. Es bot ja nicht wie die andern Kontinente
offne Thore, seine Küstenlandschaften und Randgebirge hinderten die Kolonial¬
mächte, die Schütze im Innern des Landes zu sehn. Es ging dem dunkeln
Erdteil so wie dem Manne, dessen Wert erst spät erkannt wird, weil seine
Schale rauh ist. Was der Wert des Erdteils nicht vermochte, das brachte
der Neid zu stände. Als Deutschland nach dem übrig gebliebner Reserve¬
kontinent seine Hand ausstreckte, da griffen schnell Italien, Frankreich, Eng¬
land zu. Das Jahr 1884 ist der Anfang vom Ende afrikanischer Unberührt¬
heit. Das Flaggenhissen wurde die am meisten geübte Beschäftigung in Afrika,
nicht allein der Deutschen, die mit gutem Beispiel vorangegangen waren, aber
leider bald erlahmten, sondern auch der Engländer und der Franzosen. Geteilter
Schmerz ist halber Schmerz. Keinem von den drei Bewerbern ist ungemischte
und vollkommne Freude zu teil geworden. Alle drei erstrebten transkontinentale
Kolonialreiche, England im Osten ein nord-südliches, um die Vorbnrgen sür Indien,
Kapland und Ägypten, zu vereinen, Frankreich ein ost-westliches im Norden,
vom Senegal zum Nil, und Deutschland ein ost-westliches im Süden zwischen
Sansibar und Sudan, sowie Südwestafrika. Nach den jüngsten englisch-fran¬
zösischen Abmachungen über das Hinterland von Tripolis sind die Grenzen
zwischen den einzelnen Interessensphären ziemlich abgesteckt, sodaß für Flaggen-
hisser keine Gelegenheit zur Bethätigung mehr vorhanden ist. Von jetzt ab
wird die Geschichte Afrikas in Europa gemacht.

Sehen wir, wie sich die einzelnen Mächte ihren Besitz gesichert haben.

^. Die Aufteilung Südafrikas

Als am 7. August 1884 die deutsche Flagge in der Lüderitzbucht stieg,
besaß England in Südafrika nur Kapland bis zum Oranje und die Walsisch¬
bai. Es hatte Kapland 1806 endgiltig den Franzosen, die es seit 1793 be¬
saßen, abgenommen. Aus eignem Antriebe hat England dort jahrzehntelang
nichts zur Ausbreitung seiner Herrschaft gethan. Es überließ das Hinterland
den auswandernden Buren zur Eroberung. Die Buren gründeten drei Re¬
publiken: Natal, Oranjefreistaat und Transvaal unter hartnäckigsten Kämpfen
mit den Eingebornen. England ließ sie unbehelligt. Im Jahre 1843 aber
besetzten die Engländer ans Anlaß von Streitigkeiten, die ihre Verbündeten,
die Griqua, ein Mischvolk von Hottentotten und Buren, mit den Buren hatten,
ohne weiteres Natal und einige Jahre später auch den Oranjefreistaat. Beide
Gebiete vereinigten sie unter dem Namen Omnje-River-Sovereignith mit Kap¬
land. Transvaal blieb frei. Die in Natal ansässigen Buren wanderten aus,


Die Aufteilung Afrikas

Im Jahre 1883 finden wir in Afrika als größern französischen Besitz
nur Algier und Tunis, ferner einige kleine Küswikolonien am Senegal, in
Gabun. England besitzt Kapland bis zum Oranje und einige Kleinigkeiten an
der Guineaküste. Portugal glaubt, Angola und Mozambique sein eigen nennen
zu können, sonst ist Afrika frei. Es bot ja nicht wie die andern Kontinente
offne Thore, seine Küstenlandschaften und Randgebirge hinderten die Kolonial¬
mächte, die Schütze im Innern des Landes zu sehn. Es ging dem dunkeln
Erdteil so wie dem Manne, dessen Wert erst spät erkannt wird, weil seine
Schale rauh ist. Was der Wert des Erdteils nicht vermochte, das brachte
der Neid zu stände. Als Deutschland nach dem übrig gebliebner Reserve¬
kontinent seine Hand ausstreckte, da griffen schnell Italien, Frankreich, Eng¬
land zu. Das Jahr 1884 ist der Anfang vom Ende afrikanischer Unberührt¬
heit. Das Flaggenhissen wurde die am meisten geübte Beschäftigung in Afrika,
nicht allein der Deutschen, die mit gutem Beispiel vorangegangen waren, aber
leider bald erlahmten, sondern auch der Engländer und der Franzosen. Geteilter
Schmerz ist halber Schmerz. Keinem von den drei Bewerbern ist ungemischte
und vollkommne Freude zu teil geworden. Alle drei erstrebten transkontinentale
Kolonialreiche, England im Osten ein nord-südliches, um die Vorbnrgen sür Indien,
Kapland und Ägypten, zu vereinen, Frankreich ein ost-westliches im Norden,
vom Senegal zum Nil, und Deutschland ein ost-westliches im Süden zwischen
Sansibar und Sudan, sowie Südwestafrika. Nach den jüngsten englisch-fran¬
zösischen Abmachungen über das Hinterland von Tripolis sind die Grenzen
zwischen den einzelnen Interessensphären ziemlich abgesteckt, sodaß für Flaggen-
hisser keine Gelegenheit zur Bethätigung mehr vorhanden ist. Von jetzt ab
wird die Geschichte Afrikas in Europa gemacht.

Sehen wir, wie sich die einzelnen Mächte ihren Besitz gesichert haben.

^. Die Aufteilung Südafrikas

Als am 7. August 1884 die deutsche Flagge in der Lüderitzbucht stieg,
besaß England in Südafrika nur Kapland bis zum Oranje und die Walsisch¬
bai. Es hatte Kapland 1806 endgiltig den Franzosen, die es seit 1793 be¬
saßen, abgenommen. Aus eignem Antriebe hat England dort jahrzehntelang
nichts zur Ausbreitung seiner Herrschaft gethan. Es überließ das Hinterland
den auswandernden Buren zur Eroberung. Die Buren gründeten drei Re¬
publiken: Natal, Oranjefreistaat und Transvaal unter hartnäckigsten Kämpfen
mit den Eingebornen. England ließ sie unbehelligt. Im Jahre 1843 aber
besetzten die Engländer ans Anlaß von Streitigkeiten, die ihre Verbündeten,
die Griqua, ein Mischvolk von Hottentotten und Buren, mit den Buren hatten,
ohne weiteres Natal und einige Jahre später auch den Oranjefreistaat. Beide
Gebiete vereinigten sie unter dem Namen Omnje-River-Sovereignith mit Kap¬
land. Transvaal blieb frei. Die in Natal ansässigen Buren wanderten aus,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/67>, abgerufen am 15.01.2025.