Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Hein, der mit allen Zeichen des Schreckens getuschelt hat: Still dach, still, tut Wir ahnten beide nicht, wie bald die Wünsche meines Freundes in Erfüllung Die Sterbenacht seiner Mutter wurde zum festen Markstein in dem Gedächtnis (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Preußenhaß. Es wäre vielleicht gut und zu wünschen, daß sich jemand, Maßgebliches und Unmaßgebliches Hein, der mit allen Zeichen des Schreckens getuschelt hat: Still dach, still, tut Wir ahnten beide nicht, wie bald die Wünsche meines Freundes in Erfüllung Die Sterbenacht seiner Mutter wurde zum festen Markstein in dem Gedächtnis (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Preußenhaß. Es wäre vielleicht gut und zu wünschen, daß sich jemand, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0334" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230764"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_14" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1114"> Hein, der mit allen Zeichen des Schreckens getuschelt hat: Still dach, still, tut<lb/> komm Lud hörn!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1115"> Wir ahnten beide nicht, wie bald die Wünsche meines Freundes in Erfüllung<lb/> gehn sollten. Hein mußte sie aber mit dem Leben seiner Mutter bezahlen. Frau<lb/> Wieb wurde bald nach meinem Weggang krank, es war ein schleichendes, hoffnungs¬<lb/> loses Leiden,' endlich erlöste sie der Friedensengel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1116"> Die Sterbenacht seiner Mutter wurde zum festen Markstein in dem Gedächtnis<lb/> unsers Hein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1117"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Preußenhaß.</head> <p xml:id="ID_1118" next="#ID_1119"> Es wäre vielleicht gut und zu wünschen, daß sich jemand,<lb/> der das Zeug dazu hat, einmal der Aufgabe unterzöge, eine Geschichte des Preußen¬<lb/> hasses zu schreiben, seiner Entstehung, seiner Blütezeit und seines beginnenden Verfalls.<lb/> Auch außerhalb Preußens bricht sich allmählich immer mehr die Einsicht Bahn, daß<lb/> Deutschland seine Rettung vor dem Untergänge, seine Wiederherstellung und schließlich<lb/> seine Einheit und Selbständigkeit dem preußischen Staate zu danken hat; daß anch<lb/> von allen deutschen Staaten dieser allein dazu befähigt war, und zwar durch die<lb/> Arbeitsamkeit und Sparsamkeit, die strenge Pflichttreue, die Rechtschaffenheit und<lb/> Wahrheitsliebe, deu nüchternen, gesunden Verstand und die hohe, selbstbewußte<lb/> Willenskraft, also durch Eigenschaften, die in diesem Staate auferzogen worden<lb/> sind. Es ist vornehmlich das Fürstengeschlecht der Hohenzollern, dein diese Eigen¬<lb/> schaften innewohnen, und das sie dem Staate eingeprägt und anerzogen hat. Und<lb/> doch ist kein Staat so gehaßt worden wie Preußen, gehaßt und verachtet sogar,<lb/> denn der Haß liebt es, die Miene der Verachtung anzunehmen. Heine bespricht<lb/> einmal die ganz richtige Beobachtung, die er in einem Irrenhause gemacht hat,<lb/> wie nämlich die Irren sich untereinander mißtrauen und hassen, jeder vor dem<lb/> andern warnt, und wie sie nur einig sind in dem Haß gegen einen,, und daß dieser<lb/> eine kein andrer ist als der Jrrenarzt, der sie heilen und zur Vernunft bringen<lb/> will. Könnte man nicht vom preußischen Staate sagen, daß er die Rolle des<lb/> Irrenarztes gespielt habe in dem großen deutschen Tollhause? Und dieser Haß<lb/> lebte und lebt leider noch jetzt in verschiednen Formen und Graden in allen west¬<lb/> lichen und südlichen Ländern, einschließlich der preußischen Rheinlande, der 1366<lb/> einverleibten Länder, auch in Mecklenburg und in den freien Reichsstädten. Dieser<lb/> Haß hat zum Gegenstande nicht nur deu preußischen Staat als solchen und sein</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0334]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Hein, der mit allen Zeichen des Schreckens getuschelt hat: Still dach, still, tut
komm Lud hörn!
Wir ahnten beide nicht, wie bald die Wünsche meines Freundes in Erfüllung
gehn sollten. Hein mußte sie aber mit dem Leben seiner Mutter bezahlen. Frau
Wieb wurde bald nach meinem Weggang krank, es war ein schleichendes, hoffnungs¬
loses Leiden,' endlich erlöste sie der Friedensengel.
Die Sterbenacht seiner Mutter wurde zum festen Markstein in dem Gedächtnis
unsers Hein.
(Fortsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Preußenhaß. Es wäre vielleicht gut und zu wünschen, daß sich jemand,
der das Zeug dazu hat, einmal der Aufgabe unterzöge, eine Geschichte des Preußen¬
hasses zu schreiben, seiner Entstehung, seiner Blütezeit und seines beginnenden Verfalls.
Auch außerhalb Preußens bricht sich allmählich immer mehr die Einsicht Bahn, daß
Deutschland seine Rettung vor dem Untergänge, seine Wiederherstellung und schließlich
seine Einheit und Selbständigkeit dem preußischen Staate zu danken hat; daß anch
von allen deutschen Staaten dieser allein dazu befähigt war, und zwar durch die
Arbeitsamkeit und Sparsamkeit, die strenge Pflichttreue, die Rechtschaffenheit und
Wahrheitsliebe, deu nüchternen, gesunden Verstand und die hohe, selbstbewußte
Willenskraft, also durch Eigenschaften, die in diesem Staate auferzogen worden
sind. Es ist vornehmlich das Fürstengeschlecht der Hohenzollern, dein diese Eigen¬
schaften innewohnen, und das sie dem Staate eingeprägt und anerzogen hat. Und
doch ist kein Staat so gehaßt worden wie Preußen, gehaßt und verachtet sogar,
denn der Haß liebt es, die Miene der Verachtung anzunehmen. Heine bespricht
einmal die ganz richtige Beobachtung, die er in einem Irrenhause gemacht hat,
wie nämlich die Irren sich untereinander mißtrauen und hassen, jeder vor dem
andern warnt, und wie sie nur einig sind in dem Haß gegen einen,, und daß dieser
eine kein andrer ist als der Jrrenarzt, der sie heilen und zur Vernunft bringen
will. Könnte man nicht vom preußischen Staate sagen, daß er die Rolle des
Irrenarztes gespielt habe in dem großen deutschen Tollhause? Und dieser Haß
lebte und lebt leider noch jetzt in verschiednen Formen und Graden in allen west¬
lichen und südlichen Ländern, einschließlich der preußischen Rheinlande, der 1366
einverleibten Länder, auch in Mecklenburg und in den freien Reichsstädten. Dieser
Haß hat zum Gegenstande nicht nur deu preußischen Staat als solchen und sein
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