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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiter¬
rentengüter

an hat den Rentengutsgesetzen vom 27. Juni 1890 und 7. Juli
1891 vielfach vorgeworfen, daß sie wenig geeignet seien, länd¬
liche Arbeiter seßhaft zu machen. In der Begründung des ersten
Gesetzes wird die Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter zwar als
rins der angestrebten Ziele hingestellt, aber dieses Gesetz konnte
das angegebne Ziel nicht erreichen, weil sich der Kauf von Grundstücken gegen
eine dauernde Rente überhaupt nicht einzubürgern vermochte. Auch das Gesetz
vom 7. Juli 1891 kann die Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter in größeren
Maßstabe nicht erreichen, weil die Rentenbank nur bei Grundstücken von
"Mittlerin" und "kleinerm" Umfange Beihilfe zu leisten hat und die finanzielle
Unterstützung bei der Gründung reiner Arbeitsstellen, d. h. ländlicher Gehöfte
mit etwas Gartenland, nicht übernimmt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es zu empfehlen ist, solche eigentlichen
Arbeiterstellen überhaupt zu gründen. Daß sie nicht in größerer Zahl vereint
als Kolonien eingerichtet werden dürfen, darüber sind alle Sozialpolitiker ein¬
verstanden, und auch die Gründung einer geringern, auf den Bedarf eines
Ritterguts berechneten Anzahl von Stellen hat wegen der Schwierigkeiten, die
aus der Regelung der Schul- und Armenlasten erwachsen, mancherlei Bedenken
gegen sich. Auch ist es sehr fraglich, ob sich jetzt noch Bewerber um eigentliche
Arbeiterstellen finden werden. Und es ist endlich die Besorgnis nicht ganz
grundlos, daß, wenn sie sich gefunden haben sollten, eine so beschränkte Heim¬
stätte nicht imstande wäre, den ErWerber festzuhalten. Jedenfalls ist aber
den unter dem Arbeitermangel so sehr leidenden Grundbesitzern anzuraten,
von der Gesetzgebung, falls sie sich überhaupt mit dem Gegenstande befassen'


Grenzbaten IV 1808 8


Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiter¬
rentengüter

an hat den Rentengutsgesetzen vom 27. Juni 1890 und 7. Juli
1891 vielfach vorgeworfen, daß sie wenig geeignet seien, länd¬
liche Arbeiter seßhaft zu machen. In der Begründung des ersten
Gesetzes wird die Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter zwar als
rins der angestrebten Ziele hingestellt, aber dieses Gesetz konnte
das angegebne Ziel nicht erreichen, weil sich der Kauf von Grundstücken gegen
eine dauernde Rente überhaupt nicht einzubürgern vermochte. Auch das Gesetz
vom 7. Juli 1891 kann die Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter in größeren
Maßstabe nicht erreichen, weil die Rentenbank nur bei Grundstücken von
„Mittlerin" und „kleinerm" Umfange Beihilfe zu leisten hat und die finanzielle
Unterstützung bei der Gründung reiner Arbeitsstellen, d. h. ländlicher Gehöfte
mit etwas Gartenland, nicht übernimmt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob es zu empfehlen ist, solche eigentlichen
Arbeiterstellen überhaupt zu gründen. Daß sie nicht in größerer Zahl vereint
als Kolonien eingerichtet werden dürfen, darüber sind alle Sozialpolitiker ein¬
verstanden, und auch die Gründung einer geringern, auf den Bedarf eines
Ritterguts berechneten Anzahl von Stellen hat wegen der Schwierigkeiten, die
aus der Regelung der Schul- und Armenlasten erwachsen, mancherlei Bedenken
gegen sich. Auch ist es sehr fraglich, ob sich jetzt noch Bewerber um eigentliche
Arbeiterstellen finden werden. Und es ist endlich die Besorgnis nicht ganz
grundlos, daß, wenn sie sich gefunden haben sollten, eine so beschränkte Heim¬
stätte nicht imstande wäre, den ErWerber festzuhalten. Jedenfalls ist aber
den unter dem Arbeitermangel so sehr leidenden Grundbesitzern anzuraten,
von der Gesetzgebung, falls sie sich überhaupt mit dem Gegenstande befassen'


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[0069] [Abbildung] Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiter¬ rentengüter an hat den Rentengutsgesetzen vom 27. Juni 1890 und 7. Juli 1891 vielfach vorgeworfen, daß sie wenig geeignet seien, länd¬ liche Arbeiter seßhaft zu machen. In der Begründung des ersten Gesetzes wird die Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter zwar als rins der angestrebten Ziele hingestellt, aber dieses Gesetz konnte das angegebne Ziel nicht erreichen, weil sich der Kauf von Grundstücken gegen eine dauernde Rente überhaupt nicht einzubürgern vermochte. Auch das Gesetz vom 7. Juli 1891 kann die Seßhaftmachung ländlicher Arbeiter in größeren Maßstabe nicht erreichen, weil die Rentenbank nur bei Grundstücken von „Mittlerin" und „kleinerm" Umfange Beihilfe zu leisten hat und die finanzielle Unterstützung bei der Gründung reiner Arbeitsstellen, d. h. ländlicher Gehöfte mit etwas Gartenland, nicht übernimmt. Es kann dahingestellt bleiben, ob es zu empfehlen ist, solche eigentlichen Arbeiterstellen überhaupt zu gründen. Daß sie nicht in größerer Zahl vereint als Kolonien eingerichtet werden dürfen, darüber sind alle Sozialpolitiker ein¬ verstanden, und auch die Gründung einer geringern, auf den Bedarf eines Ritterguts berechneten Anzahl von Stellen hat wegen der Schwierigkeiten, die aus der Regelung der Schul- und Armenlasten erwachsen, mancherlei Bedenken gegen sich. Auch ist es sehr fraglich, ob sich jetzt noch Bewerber um eigentliche Arbeiterstellen finden werden. Und es ist endlich die Besorgnis nicht ganz grundlos, daß, wenn sie sich gefunden haben sollten, eine so beschränkte Heim¬ stätte nicht imstande wäre, den ErWerber festzuhalten. Jedenfalls ist aber den unter dem Arbeitermangel so sehr leidenden Grundbesitzern anzuraten, von der Gesetzgebung, falls sie sich überhaupt mit dem Gegenstande befassen' Grenzbaten IV 1808 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/69>, abgerufen am 12.12.2024.