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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Kirchenpolitik und Zentrum
i

in jedem Sommer von der ultramontanen Partei eine große
abgehalten wird, sind Nur in Deutschland allmählich
^W^^U j so gewohnt geworden, das; fast jedem von uns, der sich mit den
öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt, an dem Soinmerprogramm
fehlen würde, wenn die Versammlung einmal ausfiele.
So nimmt denn in den Zeitungen, auch in denen, die den Ultramontanismus
bekämpfen, die Berichterstattung über die diesjährige Versammlung in Krefeld
einen beträchtlichen Raum ein. Kaum in einer Zeitung wird es unerwähnt
geblieben sein, daß dem Begründer des Deutschen Reichs einige renommistisch-
gnüdige Worte gegönnt worden sind, aber auch über die Huldigungstelegramme
an Kaiser und Papst -- oder, wie die "katholische" Reihenfolge lautet: an
Papst und Kaiser --, über die Nebenversammlungen und Kommerse, über die
Resolutionen, ja sogar über die Reden wird mehr oder weniger ausführlich
berichtet. Kurz, die "Generalversammlung der Katholiken Deutschlands," wie
die Zusammenkunft von den Veranstaltern genannt wird und sich selbst nennt,
ist zu einer Haupt- und Staatsaktion geworden. Als solche wird sie von
Freund und Feind anerkannt, mit jedem Jahre mehr, obgleich der innere Wert
ihrer Leistungen mit jedem Jahre sinkt. Für dieses abfällige Urteil stützen
wir uns nicht nur auf unsre eignen Eindrücke, sondern auch auf die Meinung
angesehener Katholiken, z. B. des Spektators der Allgemeinen Zeitung.

Wie kann es auch anders sein, da nach der Natur der Sache Haupt- und
Staatsaktionen zwar mehr vorstellen, unter Umständen auch mehr wirken als die
Aktionen weniger Personen, aber von diesen dadurch überragt werden, daß die
Wenigen mehr Geist, mehr Eifer und Selbstthätigkeit einzuwerfen Pflegen? Den,


Grenzboten IV 1M8 22


Kirchenpolitik und Zentrum
i

in jedem Sommer von der ultramontanen Partei eine große
abgehalten wird, sind Nur in Deutschland allmählich
^W^^U j so gewohnt geworden, das; fast jedem von uns, der sich mit den
öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt, an dem Soinmerprogramm
fehlen würde, wenn die Versammlung einmal ausfiele.
So nimmt denn in den Zeitungen, auch in denen, die den Ultramontanismus
bekämpfen, die Berichterstattung über die diesjährige Versammlung in Krefeld
einen beträchtlichen Raum ein. Kaum in einer Zeitung wird es unerwähnt
geblieben sein, daß dem Begründer des Deutschen Reichs einige renommistisch-
gnüdige Worte gegönnt worden sind, aber auch über die Huldigungstelegramme
an Kaiser und Papst — oder, wie die „katholische" Reihenfolge lautet: an
Papst und Kaiser —, über die Nebenversammlungen und Kommerse, über die
Resolutionen, ja sogar über die Reden wird mehr oder weniger ausführlich
berichtet. Kurz, die „Generalversammlung der Katholiken Deutschlands," wie
die Zusammenkunft von den Veranstaltern genannt wird und sich selbst nennt,
ist zu einer Haupt- und Staatsaktion geworden. Als solche wird sie von
Freund und Feind anerkannt, mit jedem Jahre mehr, obgleich der innere Wert
ihrer Leistungen mit jedem Jahre sinkt. Für dieses abfällige Urteil stützen
wir uns nicht nur auf unsre eignen Eindrücke, sondern auch auf die Meinung
angesehener Katholiken, z. B. des Spektators der Allgemeinen Zeitung.

Wie kann es auch anders sein, da nach der Natur der Sache Haupt- und
Staatsaktionen zwar mehr vorstellen, unter Umständen auch mehr wirken als die
Aktionen weniger Personen, aber von diesen dadurch überragt werden, daß die
Wenigen mehr Geist, mehr Eifer und Selbstthätigkeit einzuwerfen Pflegen? Den,


Grenzboten IV 1M8 22
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[0180] [Abbildung] Kirchenpolitik und Zentrum i in jedem Sommer von der ultramontanen Partei eine große abgehalten wird, sind Nur in Deutschland allmählich ^W^^U j so gewohnt geworden, das; fast jedem von uns, der sich mit den öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt, an dem Soinmerprogramm fehlen würde, wenn die Versammlung einmal ausfiele. So nimmt denn in den Zeitungen, auch in denen, die den Ultramontanismus bekämpfen, die Berichterstattung über die diesjährige Versammlung in Krefeld einen beträchtlichen Raum ein. Kaum in einer Zeitung wird es unerwähnt geblieben sein, daß dem Begründer des Deutschen Reichs einige renommistisch- gnüdige Worte gegönnt worden sind, aber auch über die Huldigungstelegramme an Kaiser und Papst — oder, wie die „katholische" Reihenfolge lautet: an Papst und Kaiser —, über die Nebenversammlungen und Kommerse, über die Resolutionen, ja sogar über die Reden wird mehr oder weniger ausführlich berichtet. Kurz, die „Generalversammlung der Katholiken Deutschlands," wie die Zusammenkunft von den Veranstaltern genannt wird und sich selbst nennt, ist zu einer Haupt- und Staatsaktion geworden. Als solche wird sie von Freund und Feind anerkannt, mit jedem Jahre mehr, obgleich der innere Wert ihrer Leistungen mit jedem Jahre sinkt. Für dieses abfällige Urteil stützen wir uns nicht nur auf unsre eignen Eindrücke, sondern auch auf die Meinung angesehener Katholiken, z. B. des Spektators der Allgemeinen Zeitung. Wie kann es auch anders sein, da nach der Natur der Sache Haupt- und Staatsaktionen zwar mehr vorstellen, unter Umständen auch mehr wirken als die Aktionen weniger Personen, aber von diesen dadurch überragt werden, daß die Wenigen mehr Geist, mehr Eifer und Selbstthätigkeit einzuwerfen Pflegen? Den, Grenzboten IV 1M8 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/180>, abgerufen am 12.12.2024.