Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches -- denn das wäre für die Minderbemittelten ein Abschied vom Mutterlande Zum erstenmale, seitdem die Germanen in der Geschichte aufgetreten sind, Maßgebliches und Unmaßgebliches Zur Landarbeiterfrage. In dem ersten Artikel über Nietzsche ist S, 180 Maßgebliches und Unmaßgebliches — denn das wäre für die Minderbemittelten ein Abschied vom Mutterlande Zum erstenmale, seitdem die Germanen in der Geschichte aufgetreten sind, Maßgebliches und Unmaßgebliches Zur Landarbeiterfrage. In dem ersten Artikel über Nietzsche ist S, 180 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228146"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1393" prev="#ID_1392"> — denn das wäre für die Minderbemittelten ein Abschied vom Mutterlande<lb/> auf Nimmerwiedersehen —, sondern in der Nähe, sodaß die unmittelbare Ver¬<lb/> bindung mit dein Mutterlands gewahrt bliebe und dieses selbst im Falle<lb/> der Not alle seine Kinder rufen könnte. Das entvölkerte Kleinasien und Syrien<lb/> sind solche Länder, wie geschaffen zu einem andern Vaterlande für uns Ger¬<lb/> manen. Wenn England Ägypten besetzen konnte, warum sollen wir nicht jene<lb/> Länder, die im Mittelalter so manche» Tropfen deutschen Blutes getrunken<lb/> haben, bei der künftigen Aufteilung der Türkei von vornherein beanspruchen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1394"> Zum erstenmale, seitdem die Germanen in der Geschichte aufgetreten sind,<lb/> ist eine wirkliche Einheit ihrer Stämme geschaffen; das ganze Mittelalter hin¬<lb/> durch fehlte die zeutralisirende Macht, die ihre Kräfte zur segensvollen Ver¬<lb/> einigung zu zwingen imstande war. Und trotzdem hat auch die zersplitterte<lb/> Kraft des Germanentums die ganze Zeit hindurch Probe abgelegt von seiner<lb/> Existenzfähigkeit, von seiner Unverwüstlichkeit. Jetzt aber — endlich! — sind<lb/> die Stämme dauernd geeint unter einem gesunden Herrscherhause, das durch<lb/> die Jahrhunderte mit treuster Arbeit, in Freud und Leid, unermüdlich, geholfen<lb/> hat am Werke der Neugeburt des Germanentums, das in sich durch seine<lb/> Vollsaftigkeit, durch sein Werden und Wachsen ein Sinnbild der Gesamtnation<lb/> geworden ist. Sei uns das Herrschergeschlecht nicht nur ein Sinnbild, sondern<lb/> auch ein Vorbild in der Bethätigung unsers Nationalcharakters! Das Wort,<lb/> daß am deutschen Wesen die Welt gesunden soll, ist nicht nur geistig zu ver¬<lb/> stehen, sondern auch realpolitisch. Nur Deutschland vermag eine slawische<lb/> Weltherrschaft zu verhindern, uur ein Großgermanien in der Zukunft das<lb/> politische Gleichgewicht der Welt herzustellen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Zur Landarbeiterfrage.</head> <p xml:id="ID_1395" next="#ID_1396"> In dem ersten Artikel über Nietzsche ist S, 180<lb/> noch einmal der verhängnisvolle Widerspruch erwähnt worden, der im heutigen Lohn¬<lb/> arbeiter steckt. Die aus diesem Widerspruch entspringenden Fragen werden in<lb/> diesem Augenblick auf einem Gebiete brennend, an das man bei dem Streit um<lb/> den Sozialismus in den siebziger Jahren gar nicht gedacht hat. Die Klagen<lb/> über den Arbeitermangel ans den ostelbischen Landgütern, die am 29. Januar Herr<lb/> Szmnla im preußischen Abgeordnetenhnnse vorgetragen hat, und die Mitte März<lb/> in mehreren Landwirtschaftskammcrn, namentlich in der schlesischen und ostpreußischen,<lb/> erörtert worden sind, mögen ja gleich allen agrarischen Klagen sehr übertrieben<lb/> sein, aber daß selbst nach Abzug aller Übertreibungen noch eine ernste Gefahr für<lb/> die Landwirtschaft dieser Provinzen übrig bleibt, scheint nicht bezweifelt werden zu<lb/> können. Halt man die Reden und Berichte über diesen Gegenstand zusammen, so<lb/> kommt ungefähr das heraus, was ich über die Ursachen der Entvölkerung des<lb/> Landes in „Weder Kommnmsmus noch Kapitalismus" von S. 335 ab gesagt habe,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
— denn das wäre für die Minderbemittelten ein Abschied vom Mutterlande
auf Nimmerwiedersehen —, sondern in der Nähe, sodaß die unmittelbare Ver¬
bindung mit dein Mutterlands gewahrt bliebe und dieses selbst im Falle
der Not alle seine Kinder rufen könnte. Das entvölkerte Kleinasien und Syrien
sind solche Länder, wie geschaffen zu einem andern Vaterlande für uns Ger¬
manen. Wenn England Ägypten besetzen konnte, warum sollen wir nicht jene
Länder, die im Mittelalter so manche» Tropfen deutschen Blutes getrunken
haben, bei der künftigen Aufteilung der Türkei von vornherein beanspruchen?
Zum erstenmale, seitdem die Germanen in der Geschichte aufgetreten sind,
ist eine wirkliche Einheit ihrer Stämme geschaffen; das ganze Mittelalter hin¬
durch fehlte die zeutralisirende Macht, die ihre Kräfte zur segensvollen Ver¬
einigung zu zwingen imstande war. Und trotzdem hat auch die zersplitterte
Kraft des Germanentums die ganze Zeit hindurch Probe abgelegt von seiner
Existenzfähigkeit, von seiner Unverwüstlichkeit. Jetzt aber — endlich! — sind
die Stämme dauernd geeint unter einem gesunden Herrscherhause, das durch
die Jahrhunderte mit treuster Arbeit, in Freud und Leid, unermüdlich, geholfen
hat am Werke der Neugeburt des Germanentums, das in sich durch seine
Vollsaftigkeit, durch sein Werden und Wachsen ein Sinnbild der Gesamtnation
geworden ist. Sei uns das Herrschergeschlecht nicht nur ein Sinnbild, sondern
auch ein Vorbild in der Bethätigung unsers Nationalcharakters! Das Wort,
daß am deutschen Wesen die Welt gesunden soll, ist nicht nur geistig zu ver¬
stehen, sondern auch realpolitisch. Nur Deutschland vermag eine slawische
Weltherrschaft zu verhindern, uur ein Großgermanien in der Zukunft das
politische Gleichgewicht der Welt herzustellen.
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Zur Landarbeiterfrage. In dem ersten Artikel über Nietzsche ist S, 180
noch einmal der verhängnisvolle Widerspruch erwähnt worden, der im heutigen Lohn¬
arbeiter steckt. Die aus diesem Widerspruch entspringenden Fragen werden in
diesem Augenblick auf einem Gebiete brennend, an das man bei dem Streit um
den Sozialismus in den siebziger Jahren gar nicht gedacht hat. Die Klagen
über den Arbeitermangel ans den ostelbischen Landgütern, die am 29. Januar Herr
Szmnla im preußischen Abgeordnetenhnnse vorgetragen hat, und die Mitte März
in mehreren Landwirtschaftskammcrn, namentlich in der schlesischen und ostpreußischen,
erörtert worden sind, mögen ja gleich allen agrarischen Klagen sehr übertrieben
sein, aber daß selbst nach Abzug aller Übertreibungen noch eine ernste Gefahr für
die Landwirtschaft dieser Provinzen übrig bleibt, scheint nicht bezweifelt werden zu
können. Halt man die Reden und Berichte über diesen Gegenstand zusammen, so
kommt ungefähr das heraus, was ich über die Ursachen der Entvölkerung des
Landes in „Weder Kommnmsmus noch Kapitalismus" von S. 335 ab gesagt habe,
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