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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Südwestdeutsche Wanderungen

geboren zu melden." Jetzt, am 2. September, schon mit einem Fuß im Reise-
wagen, der ihn nach Italien führen sollte, bat Goethe in jener Nachschrift den
Herzog: "Noch ein Wort. Ich habe den Geheimen Assistenzrat Schmidt bei
meiner Reise wie gewöhnlich gebeten, sich der Kriegskommissions-Sachen an¬
zunehmen, er pflegt aber alsdann nur pressante Sachen abzuthun und läßt
die übrigen liegen. Wollten Sie ihn wohl veranlassen, daß er die kurrenten,
wie sie einkommen, sämtlich expedirt, ich habe ihm ohnedies geschrieben, daß
ich Sie um verlängerten Urlaub gebeten."

Dies war oder wurde das Ende von Goethes Kriegsministerschaft. Als
er im Juni 1788 von seinem Römerzug nach Weimar zurückkehrte, nachdem
er in Italien sich selbst und zwar als Künstler wiedergefunden hatte, lagen
die Geschäfte der Kriegskommission längst in andern Händen. In den wunder¬
lichen Gestirnen über dem Dasein des Dichters aber stand es geschrieben, daß
er erst nach Jahren, nachdem er die militärischen Angelegenheiten des kleinen
weimarischen Staates geleitet hatte, durch seine Teilnahme am Lager von
Reichenbach in Schlesien (1790). am Champagnefeldzug (1792) und an der
Belagerung von Mainz (1793) das große und mächtige Leben des Krieges
aus eigner Anschauung kennen lernen sollte.




^üdwestdeutsche Wanderungen
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oweit den Rhein Gebirge einfassen, wenden sie seinem Thale ihre
schönste Seite zu. Der Unterschied ist nicht immer so schneidend
wie im Westerwald oder in der Eifel, wo man aus dem mittel¬
rheinischen Paradies so oft nur zu einer öden, armen, mit dünnen
Schülwäldern bestandnen Hochfläche emporsteigt. Aber auch in
^dem durch seinen Waldreichtum an sich so anziehenden Odenwald,
der noch immer hochstämmige Eichen nährt wie zu der Zeit, da Siegfried am
Siegfriedsbrnnnen, den man bei Fürth i. O. zeigt, erschlagen wurde, gliedert
sich die rheinwärts gekehrte Seite, die Bergstraße, als bewegtere und lieblichere
Landschaft ab. Ihr kommt es zu gute, daß durch die Einschnitte ihres be¬
wegten, Profils höhere Waldberge ernst in die hochkultivirte Landschaft herüber¬
schauen. Vom Schwarzwald löst sich aber der Streifen der Vorberge wie ein
Saum von Gärten los, bereichert in der Breisacher Gegend durch das eigen¬
tümliche Vulkangebirge des Kaiserstuhls, der sich in langen Wellenhügeln zu
flachen Kegeln aufbaut. Das dunkle Gestein schaut an wenigen Stellen aus
dem üppigen Knltnrkleid hervor, das vorwiegend aus Neben zusammengesetzt
ist. Der bübische Weinbau erreicht hier einen seiner Höhepunkte. Im Auslande


Südwestdeutsche Wanderungen

geboren zu melden." Jetzt, am 2. September, schon mit einem Fuß im Reise-
wagen, der ihn nach Italien führen sollte, bat Goethe in jener Nachschrift den
Herzog: „Noch ein Wort. Ich habe den Geheimen Assistenzrat Schmidt bei
meiner Reise wie gewöhnlich gebeten, sich der Kriegskommissions-Sachen an¬
zunehmen, er pflegt aber alsdann nur pressante Sachen abzuthun und läßt
die übrigen liegen. Wollten Sie ihn wohl veranlassen, daß er die kurrenten,
wie sie einkommen, sämtlich expedirt, ich habe ihm ohnedies geschrieben, daß
ich Sie um verlängerten Urlaub gebeten."

Dies war oder wurde das Ende von Goethes Kriegsministerschaft. Als
er im Juni 1788 von seinem Römerzug nach Weimar zurückkehrte, nachdem
er in Italien sich selbst und zwar als Künstler wiedergefunden hatte, lagen
die Geschäfte der Kriegskommission längst in andern Händen. In den wunder¬
lichen Gestirnen über dem Dasein des Dichters aber stand es geschrieben, daß
er erst nach Jahren, nachdem er die militärischen Angelegenheiten des kleinen
weimarischen Staates geleitet hatte, durch seine Teilnahme am Lager von
Reichenbach in Schlesien (1790). am Champagnefeldzug (1792) und an der
Belagerung von Mainz (1793) das große und mächtige Leben des Krieges
aus eigner Anschauung kennen lernen sollte.




^üdwestdeutsche Wanderungen
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oweit den Rhein Gebirge einfassen, wenden sie seinem Thale ihre
schönste Seite zu. Der Unterschied ist nicht immer so schneidend
wie im Westerwald oder in der Eifel, wo man aus dem mittel¬
rheinischen Paradies so oft nur zu einer öden, armen, mit dünnen
Schülwäldern bestandnen Hochfläche emporsteigt. Aber auch in
^dem durch seinen Waldreichtum an sich so anziehenden Odenwald,
der noch immer hochstämmige Eichen nährt wie zu der Zeit, da Siegfried am
Siegfriedsbrnnnen, den man bei Fürth i. O. zeigt, erschlagen wurde, gliedert
sich die rheinwärts gekehrte Seite, die Bergstraße, als bewegtere und lieblichere
Landschaft ab. Ihr kommt es zu gute, daß durch die Einschnitte ihres be¬
wegten, Profils höhere Waldberge ernst in die hochkultivirte Landschaft herüber¬
schauen. Vom Schwarzwald löst sich aber der Streifen der Vorberge wie ein
Saum von Gärten los, bereichert in der Breisacher Gegend durch das eigen¬
tümliche Vulkangebirge des Kaiserstuhls, der sich in langen Wellenhügeln zu
flachen Kegeln aufbaut. Das dunkle Gestein schaut an wenigen Stellen aus
dem üppigen Knltnrkleid hervor, das vorwiegend aus Neben zusammengesetzt
ist. Der bübische Weinbau erreicht hier einen seiner Höhepunkte. Im Auslande


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[0396] Südwestdeutsche Wanderungen geboren zu melden." Jetzt, am 2. September, schon mit einem Fuß im Reise- wagen, der ihn nach Italien führen sollte, bat Goethe in jener Nachschrift den Herzog: „Noch ein Wort. Ich habe den Geheimen Assistenzrat Schmidt bei meiner Reise wie gewöhnlich gebeten, sich der Kriegskommissions-Sachen an¬ zunehmen, er pflegt aber alsdann nur pressante Sachen abzuthun und läßt die übrigen liegen. Wollten Sie ihn wohl veranlassen, daß er die kurrenten, wie sie einkommen, sämtlich expedirt, ich habe ihm ohnedies geschrieben, daß ich Sie um verlängerten Urlaub gebeten." Dies war oder wurde das Ende von Goethes Kriegsministerschaft. Als er im Juni 1788 von seinem Römerzug nach Weimar zurückkehrte, nachdem er in Italien sich selbst und zwar als Künstler wiedergefunden hatte, lagen die Geschäfte der Kriegskommission längst in andern Händen. In den wunder¬ lichen Gestirnen über dem Dasein des Dichters aber stand es geschrieben, daß er erst nach Jahren, nachdem er die militärischen Angelegenheiten des kleinen weimarischen Staates geleitet hatte, durch seine Teilnahme am Lager von Reichenbach in Schlesien (1790). am Champagnefeldzug (1792) und an der Belagerung von Mainz (1793) das große und mächtige Leben des Krieges aus eigner Anschauung kennen lernen sollte. ^üdwestdeutsche Wanderungen 2 oweit den Rhein Gebirge einfassen, wenden sie seinem Thale ihre schönste Seite zu. Der Unterschied ist nicht immer so schneidend wie im Westerwald oder in der Eifel, wo man aus dem mittel¬ rheinischen Paradies so oft nur zu einer öden, armen, mit dünnen Schülwäldern bestandnen Hochfläche emporsteigt. Aber auch in ^dem durch seinen Waldreichtum an sich so anziehenden Odenwald, der noch immer hochstämmige Eichen nährt wie zu der Zeit, da Siegfried am Siegfriedsbrnnnen, den man bei Fürth i. O. zeigt, erschlagen wurde, gliedert sich die rheinwärts gekehrte Seite, die Bergstraße, als bewegtere und lieblichere Landschaft ab. Ihr kommt es zu gute, daß durch die Einschnitte ihres be¬ wegten, Profils höhere Waldberge ernst in die hochkultivirte Landschaft herüber¬ schauen. Vom Schwarzwald löst sich aber der Streifen der Vorberge wie ein Saum von Gärten los, bereichert in der Breisacher Gegend durch das eigen¬ tümliche Vulkangebirge des Kaiserstuhls, der sich in langen Wellenhügeln zu flachen Kegeln aufbaut. Das dunkle Gestein schaut an wenigen Stellen aus dem üppigen Knltnrkleid hervor, das vorwiegend aus Neben zusammengesetzt ist. Der bübische Weinbau erreicht hier einen seiner Höhepunkte. Im Auslande

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/396>, abgerufen am 26.12.2024.