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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Schäden der preußischen Verwaltung

zusammengesetzt war und fürs erste nur durch ein negatives Band, das der
Abneigung gegen Homerule, zusammengehalten war.

Chamberlain wäre jedenfalls in einem solchen Kabinett an der unrechten
Stelle gewesen. Innerhalb eines Monats wäre es durch sein eigenwilliges
Gebahren gesprengt worden. Er war besser draußen, und von der Freiheit,
Zensur zu üben und den Cato zu spielen, machte er den ausgiebigsten Gebrauch,
nicht sehr zur Befriedigung der Bundesgenossen, die wohl manchmal zum
Himmel um Schutz vor dem neuen Freunde seufzten.

(Schluß folgt)




Schäden der preußischen Verwaltung

in 7. Dezember 1741 ließ sich König Friedrich II. im Rathause
zu Breslau von den schlesischen Ständen huldigen, und schon
am Tage darauf eröffnete er den Vertretern der Stände, daß
er gedenke, binnen Jahr und Tag eine neue Klassifikation aller
Güter und alles Einkommens zustande zu bringen und darauf
die Kontribution zu bestimmen, sodaß jeder Ort wisse, was und wieviel er
jedesmal zu entrichten habe. Unverzüglich wurde unter Münchows Leitung
die Herstellung des neuen Katasters begonnen, schon im Februar 1742 fand
im Kreise Schwiebus versuchsweise eine Veranlagung statt, kurz darauf im
Kreise Frankenstein, Mitte Dezember 1742 war man mit siebenthalbhundert,
Ende Februar 1743 mit mehr als zweitausend Dörfern, im ganzen mit zwei¬
undzwanzig Kreisen fertig, und in elf andern ging man eifrig vorwärts. Ende
Mai konnte Münchow dem Könige melden, daß in dem gesamten Nieder¬
schlesien das Werk beendet sei. Sofort wurde die Thätigkeit in Oberschlesien
und Glatz fortgesetzt, die inzwischen erworben worden waren. Schon im
August war man mit sechshundert Dörfern fertig; die vollendete Klassifikcitions--
tadelte von Oberschlesien konnte im Oktober, die von der Grafschaft Glatz am
1. November überreicht werden.

Ob die preußische Verwaltung eine solche Aufgabe in so kurzer Zeit auch
heute noch bewältigen würde? Wir fürchten, daß die Frage verneint werden
muß. Im Sommer 1897 ist dieselbe Provinz Schlesien schwer durch Über¬
schwemmungen heimgesucht worden, und allgemein war die Klage, daß der
Verwaltnngsapparat versagt habe. Ebenso war es im Jahre 1889 bei dem


Schäden der preußischen Verwaltung

zusammengesetzt war und fürs erste nur durch ein negatives Band, das der
Abneigung gegen Homerule, zusammengehalten war.

Chamberlain wäre jedenfalls in einem solchen Kabinett an der unrechten
Stelle gewesen. Innerhalb eines Monats wäre es durch sein eigenwilliges
Gebahren gesprengt worden. Er war besser draußen, und von der Freiheit,
Zensur zu üben und den Cato zu spielen, machte er den ausgiebigsten Gebrauch,
nicht sehr zur Befriedigung der Bundesgenossen, die wohl manchmal zum
Himmel um Schutz vor dem neuen Freunde seufzten.

(Schluß folgt)




Schäden der preußischen Verwaltung

in 7. Dezember 1741 ließ sich König Friedrich II. im Rathause
zu Breslau von den schlesischen Ständen huldigen, und schon
am Tage darauf eröffnete er den Vertretern der Stände, daß
er gedenke, binnen Jahr und Tag eine neue Klassifikation aller
Güter und alles Einkommens zustande zu bringen und darauf
die Kontribution zu bestimmen, sodaß jeder Ort wisse, was und wieviel er
jedesmal zu entrichten habe. Unverzüglich wurde unter Münchows Leitung
die Herstellung des neuen Katasters begonnen, schon im Februar 1742 fand
im Kreise Schwiebus versuchsweise eine Veranlagung statt, kurz darauf im
Kreise Frankenstein, Mitte Dezember 1742 war man mit siebenthalbhundert,
Ende Februar 1743 mit mehr als zweitausend Dörfern, im ganzen mit zwei¬
undzwanzig Kreisen fertig, und in elf andern ging man eifrig vorwärts. Ende
Mai konnte Münchow dem Könige melden, daß in dem gesamten Nieder¬
schlesien das Werk beendet sei. Sofort wurde die Thätigkeit in Oberschlesien
und Glatz fortgesetzt, die inzwischen erworben worden waren. Schon im
August war man mit sechshundert Dörfern fertig; die vollendete Klassifikcitions--
tadelte von Oberschlesien konnte im Oktober, die von der Grafschaft Glatz am
1. November überreicht werden.

Ob die preußische Verwaltung eine solche Aufgabe in so kurzer Zeit auch
heute noch bewältigen würde? Wir fürchten, daß die Frage verneint werden
muß. Im Sommer 1897 ist dieselbe Provinz Schlesien schwer durch Über¬
schwemmungen heimgesucht worden, und allgemein war die Klage, daß der
Verwaltnngsapparat versagt habe. Ebenso war es im Jahre 1889 bei dem


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[0172] Schäden der preußischen Verwaltung zusammengesetzt war und fürs erste nur durch ein negatives Band, das der Abneigung gegen Homerule, zusammengehalten war. Chamberlain wäre jedenfalls in einem solchen Kabinett an der unrechten Stelle gewesen. Innerhalb eines Monats wäre es durch sein eigenwilliges Gebahren gesprengt worden. Er war besser draußen, und von der Freiheit, Zensur zu üben und den Cato zu spielen, machte er den ausgiebigsten Gebrauch, nicht sehr zur Befriedigung der Bundesgenossen, die wohl manchmal zum Himmel um Schutz vor dem neuen Freunde seufzten. (Schluß folgt) Schäden der preußischen Verwaltung in 7. Dezember 1741 ließ sich König Friedrich II. im Rathause zu Breslau von den schlesischen Ständen huldigen, und schon am Tage darauf eröffnete er den Vertretern der Stände, daß er gedenke, binnen Jahr und Tag eine neue Klassifikation aller Güter und alles Einkommens zustande zu bringen und darauf die Kontribution zu bestimmen, sodaß jeder Ort wisse, was und wieviel er jedesmal zu entrichten habe. Unverzüglich wurde unter Münchows Leitung die Herstellung des neuen Katasters begonnen, schon im Februar 1742 fand im Kreise Schwiebus versuchsweise eine Veranlagung statt, kurz darauf im Kreise Frankenstein, Mitte Dezember 1742 war man mit siebenthalbhundert, Ende Februar 1743 mit mehr als zweitausend Dörfern, im ganzen mit zwei¬ undzwanzig Kreisen fertig, und in elf andern ging man eifrig vorwärts. Ende Mai konnte Münchow dem Könige melden, daß in dem gesamten Nieder¬ schlesien das Werk beendet sei. Sofort wurde die Thätigkeit in Oberschlesien und Glatz fortgesetzt, die inzwischen erworben worden waren. Schon im August war man mit sechshundert Dörfern fertig; die vollendete Klassifikcitions-- tadelte von Oberschlesien konnte im Oktober, die von der Grafschaft Glatz am 1. November überreicht werden. Ob die preußische Verwaltung eine solche Aufgabe in so kurzer Zeit auch heute noch bewältigen würde? Wir fürchten, daß die Frage verneint werden muß. Im Sommer 1897 ist dieselbe Provinz Schlesien schwer durch Über¬ schwemmungen heimgesucht worden, und allgemein war die Klage, daß der Verwaltnngsapparat versagt habe. Ebenso war es im Jahre 1889 bei dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/172>, abgerufen am 26.12.2024.