Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Uninaßgebliche- billige, in Sachsen längst schon bestehende Amtsbezeichnung vor einigen Jahren Nach alledem dürste selbst eine feindseligere Kritik zugestehen, daß die Gründe Seemannslatein. Jetzt, wo unser aller Gedanken soviel unsrer Flotte Um¬ *) In Sachsen, dem Lande der Schulen, ist übrigens die Stellung der Philologen in jeder
Beziehung viel trostloser als in Preußen, Die sächsischen Gehalte z, B, reichen selbst nach der vom Landtage beschlossenen Aufbesserung gar nicht um die preußischen heran. Wahrend in Preußen die' akademisch gebildeten Oberlehrer an allen höhern Schulen gleichstehen, werden in Sachsen die Philologen um den Nealanstnltcn geradezu stiefmütterlich behandelt. Man kann sächsischen Philologen keinen bessern Rat geben, als sich jetzt den preußischen Schulbehörden zur Verfügung zu stellen. Maßgebliches und Uninaßgebliche- billige, in Sachsen längst schon bestehende Amtsbezeichnung vor einigen Jahren Nach alledem dürste selbst eine feindseligere Kritik zugestehen, daß die Gründe Seemannslatein. Jetzt, wo unser aller Gedanken soviel unsrer Flotte Um¬ *) In Sachsen, dem Lande der Schulen, ist übrigens die Stellung der Philologen in jeder
Beziehung viel trostloser als in Preußen, Die sächsischen Gehalte z, B, reichen selbst nach der vom Landtage beschlossenen Aufbesserung gar nicht um die preußischen heran. Wahrend in Preußen die' akademisch gebildeten Oberlehrer an allen höhern Schulen gleichstehen, werden in Sachsen die Philologen um den Nealanstnltcn geradezu stiefmütterlich behandelt. Man kann sächsischen Philologen keinen bessern Rat geben, als sich jetzt den preußischen Schulbehörden zur Verfügung zu stellen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0671" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227573"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Uninaßgebliche-</fw><lb/> <p xml:id="ID_2404" prev="#ID_2403"> billige, in Sachsen längst schon bestehende Amtsbezeichnung vor einigen Jahren<lb/> mit vieler Mühe endlich abgerungen worden war, schleunigst wieder dadurch ent¬<lb/> wertet, daß sie mit dem Oberlehrer in Dutzenden von Fallen auch seminaristisch<lb/> vorgebildete Persönlichkeiten geschmückt hat: möge sie doch auch bewährten Nevier-<lb/> förstern einmal den Titel Oberförster und ältern Amtsgerichtssekretären den Amts¬<lb/> richter verleihen! Überdies hat jene ziemlich rücksichtslose Weitherzigkeit praktisch<lb/> die wenig angenehme Folge, daß viele, die aus der Volksschnlpädagogik in bessern<lb/> Stellen emporgewachsen sind, besonders die nicht mit Unrecht oft so beliebten<lb/> Gyinnasialelementarlehrcr, sich jetzt ohne lauten Widerspruch auch Oberlehrer nennen<lb/> lassen, ja diesen Titel namentlich in fremdem Verhältnissen einfach schon bean¬<lb/> spruchen. Dn ist denn der Oberlehrertitel nicht ohne Grund für manche Akade¬<lb/> miker schon „kaum gegrüßt, gemieden," und mau beginnt allmählich wieder den<lb/> alten, zweifellosen Doktor vorzuziehen. Diese Neigung dürfte sich in Zukunft<lb/> wohl noch verstärken, dn der Oberlehrertitel nun auch offiziell (dies ist der letzte<lb/> Punkt des neuen Erlasses) allen an den staatlichen Bcmgewerk-, Maschinenbau- und<lb/> sonstigen Fachschulen angestellten Lehrern verliehen worden ist, sofern sie eine volle<lb/> akademische Bildung besitzen, d. h. ein mindestens dreijähriges Studium an einer<lb/> Universität, technischen Hochschule, Kunstakademie oder Kunstgewerbeschnle nachweisen<lb/> können. Von einem Examen, einem Seminar- und Probejahr ist keine Rede, ob¬<lb/> gleich diese von dem eigentlichen Oberlehrer geforderten Nachweise gerade den<lb/> Staatsoberlehrer ausmachen sollen. Immerhin kann man sich diese Kollegenschast<lb/> "och viel eher gefallen lassen als die der seminaristisch gebildeten „Oberlehrer,"<lb/> die an einer nicht geringen Zahl besonders von Realschulen oft mehrere wirkliche<lb/> Oberlehrerstellen natürlich mit diesem Titel und der entsprechenden Überhebung<lb/> einnehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2405"> Nach alledem dürste selbst eine feindseligere Kritik zugestehen, daß die Gründe<lb/> zur Unzufriedenheit bei den akademisch gebildeten Oberlehrern neuerdings wieder<lb/> ganz bedeutend vermehrt worden sind. Einem objektiven Zuschauer aber muß dieser<lb/> hartnäckige Streit zwischen der Regierung und den Philologen, der an Dauer und<lb/> Uncnischiedenheit jetzt schon den trojanischen Krieg in Schatten stellt, ein höchst<lb/> ergötzlicher Froschmnusckrieg dünken. Auch wir wollen uns dem Hnnior der<lb/> Thatsachen uicht ganz verschließen: vielleicht rührt auch die Regierung dieser neue<lb/> ..Gesichtspunkt."</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Seemannslatein.</head> <p xml:id="ID_2406" next="#ID_2407"> Jetzt, wo unser aller Gedanken soviel unsrer Flotte Um¬<lb/> gewandt sind, machen wir gern aufmerksam auf ein kleines Heft mit spaßhaft vor-<lb/> gctragnen Geschichten von dem Mariuepfarrer ni. D. Heims (Berlin, Fontane<lb/> ». Komp.). „Was haben Sie mit meinem Mann gemacht, er ist ja ganz betrunken,"<lb/> schrie ihm die Frau Obersteuermann zornschnaubend entgegen. Aber da war<lb/> Krüger zu seiner vollen Größe herangewachsen und hatte würdig geantwortet:<lb/> „Frau Michels, er ist nicht betrunken von das, was ich getrunken hab; er ist</p><lb/> <note xml:id="FID_78" place="foot"> *) In Sachsen, dem Lande der Schulen, ist übrigens die Stellung der Philologen in jeder<lb/> Beziehung viel trostloser als in Preußen, Die sächsischen Gehalte z, B, reichen selbst nach der<lb/> vom Landtage beschlossenen Aufbesserung gar nicht um die preußischen heran. Wahrend in<lb/> Preußen die' akademisch gebildeten Oberlehrer an allen höhern Schulen gleichstehen, werden in<lb/> Sachsen die Philologen um den Nealanstnltcn geradezu stiefmütterlich behandelt. Man kann<lb/> sächsischen Philologen keinen bessern Rat geben, als sich jetzt den preußischen Schulbehörden zur<lb/> Verfügung zu stellen.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0671]
Maßgebliches und Uninaßgebliche-
billige, in Sachsen längst schon bestehende Amtsbezeichnung vor einigen Jahren
mit vieler Mühe endlich abgerungen worden war, schleunigst wieder dadurch ent¬
wertet, daß sie mit dem Oberlehrer in Dutzenden von Fallen auch seminaristisch
vorgebildete Persönlichkeiten geschmückt hat: möge sie doch auch bewährten Nevier-
förstern einmal den Titel Oberförster und ältern Amtsgerichtssekretären den Amts¬
richter verleihen! Überdies hat jene ziemlich rücksichtslose Weitherzigkeit praktisch
die wenig angenehme Folge, daß viele, die aus der Volksschnlpädagogik in bessern
Stellen emporgewachsen sind, besonders die nicht mit Unrecht oft so beliebten
Gyinnasialelementarlehrcr, sich jetzt ohne lauten Widerspruch auch Oberlehrer nennen
lassen, ja diesen Titel namentlich in fremdem Verhältnissen einfach schon bean¬
spruchen. Dn ist denn der Oberlehrertitel nicht ohne Grund für manche Akade¬
miker schon „kaum gegrüßt, gemieden," und mau beginnt allmählich wieder den
alten, zweifellosen Doktor vorzuziehen. Diese Neigung dürfte sich in Zukunft
wohl noch verstärken, dn der Oberlehrertitel nun auch offiziell (dies ist der letzte
Punkt des neuen Erlasses) allen an den staatlichen Bcmgewerk-, Maschinenbau- und
sonstigen Fachschulen angestellten Lehrern verliehen worden ist, sofern sie eine volle
akademische Bildung besitzen, d. h. ein mindestens dreijähriges Studium an einer
Universität, technischen Hochschule, Kunstakademie oder Kunstgewerbeschnle nachweisen
können. Von einem Examen, einem Seminar- und Probejahr ist keine Rede, ob¬
gleich diese von dem eigentlichen Oberlehrer geforderten Nachweise gerade den
Staatsoberlehrer ausmachen sollen. Immerhin kann man sich diese Kollegenschast
"och viel eher gefallen lassen als die der seminaristisch gebildeten „Oberlehrer,"
die an einer nicht geringen Zahl besonders von Realschulen oft mehrere wirkliche
Oberlehrerstellen natürlich mit diesem Titel und der entsprechenden Überhebung
einnehmen.
Nach alledem dürste selbst eine feindseligere Kritik zugestehen, daß die Gründe
zur Unzufriedenheit bei den akademisch gebildeten Oberlehrern neuerdings wieder
ganz bedeutend vermehrt worden sind. Einem objektiven Zuschauer aber muß dieser
hartnäckige Streit zwischen der Regierung und den Philologen, der an Dauer und
Uncnischiedenheit jetzt schon den trojanischen Krieg in Schatten stellt, ein höchst
ergötzlicher Froschmnusckrieg dünken. Auch wir wollen uns dem Hnnior der
Thatsachen uicht ganz verschließen: vielleicht rührt auch die Regierung dieser neue
..Gesichtspunkt."
Seemannslatein. Jetzt, wo unser aller Gedanken soviel unsrer Flotte Um¬
gewandt sind, machen wir gern aufmerksam auf ein kleines Heft mit spaßhaft vor-
gctragnen Geschichten von dem Mariuepfarrer ni. D. Heims (Berlin, Fontane
». Komp.). „Was haben Sie mit meinem Mann gemacht, er ist ja ganz betrunken,"
schrie ihm die Frau Obersteuermann zornschnaubend entgegen. Aber da war
Krüger zu seiner vollen Größe herangewachsen und hatte würdig geantwortet:
„Frau Michels, er ist nicht betrunken von das, was ich getrunken hab; er ist
*) In Sachsen, dem Lande der Schulen, ist übrigens die Stellung der Philologen in jeder
Beziehung viel trostloser als in Preußen, Die sächsischen Gehalte z, B, reichen selbst nach der
vom Landtage beschlossenen Aufbesserung gar nicht um die preußischen heran. Wahrend in
Preußen die' akademisch gebildeten Oberlehrer an allen höhern Schulen gleichstehen, werden in
Sachsen die Philologen um den Nealanstnltcn geradezu stiefmütterlich behandelt. Man kann
sächsischen Philologen keinen bessern Rat geben, als sich jetzt den preußischen Schulbehörden zur
Verfügung zu stellen.
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