Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Gin sozialpolitischer Rückblick in die deutsche Geschichte cum man der in den Zeitungen zu Tage tretenden öffentlichen So sehr die "Männer der Praxis" sich auch selber für sachverständig *) .Bgl. Röscher, Politik (18V2). Grenzboten I 1398<>,'>
Gin sozialpolitischer Rückblick in die deutsche Geschichte cum man der in den Zeitungen zu Tage tretenden öffentlichen So sehr die „Männer der Praxis" sich auch selber für sachverständig *) .Bgl. Röscher, Politik (18V2). Grenzboten I 1398<>,'>
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Gin sozialpolitischer Rückblick in die deutsche Geschichte
cum man der in den Zeitungen zu Tage tretenden öffentlichen
Meinung Glauben schenken wollte, so müßte man annehmen,
daß die Bestrebungen des Sozialismus und Kommunismus
durchaus neu seien und allein dem neunzehnten Jahrhundert
angehörten. Aber in den Zeitungen kommen meist nur die
Stimmen der Anhänger und Gegner zu Worte, die fast ausnahmslos durch
ihre Interessen geleitet werden. Auf beiden Seiten ist man nur zu sehr geneigt,
das eigne Interesse für das Interesse des Volkes zu halten, obwohl Fürst
Bismarck oft genug den Mißbrauch gegeißelt hat, den die Parteien mit dem
Worte Volk getrieben haben. Es sind nicht nur die Sozialdemokraten, sondern
ebenso die sogenannten staatserhaltenden Parteien, die in gleicher Weise schuldig
find. „Einer jeden am Staatsruder sitzenden Partei scheint der Angriff auf
ihre Macht nicht bloß ihr eignes Interesse, sondern zugleich das allgemeine
Interesse des Rechts, der Sitte, des Vaterlandes zu bedrohen — die Priester¬
aristokratie glaubt sogar den Herrgott selber verteidigen und rächen zu müssen."*)
So sehr die „Männer der Praxis" sich auch selber für sachverständig
halten mögen, so überlegen sie auf nicht Sachverständige herabzusehen und über
sie abzusprechen Pflegen, so sind sie doch selber sast ausnahmslos völlig ein¬
seitig in ihrem Urteil, weil sie von ihren Interessen und Gewohnheiten be¬
herrscht werden und von der historischen Entwicklung keine Kenntnisse haben.
So vermag sich ihr Blick nicht von dem Nächsten zu lösen, und darum darf der
Politiker, wie das die Grenzboten schon öfter hervorgehoben haben, niemals
die rein subjektive Bedeutuug der Tagesmeinungen überschätzen.
*) .Bgl. Röscher, Politik (18V2).
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