Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches gutsbesitzcrn mit Hilfe einer gewissenhaften Verschuldungsstatistik ebenso scharf auf Maßgebliches und Unmaßgebliches Ju Verlegenheit. rL
Maßgebliches und Unmaßgebliches gutsbesitzcrn mit Hilfe einer gewissenhaften Verschuldungsstatistik ebenso scharf auf Maßgebliches und Unmaßgebliches Ju Verlegenheit. rL
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/225633"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_108" prev="#ID_107"> gutsbesitzcrn mit Hilfe einer gewissenhaften Verschuldungsstatistik ebenso scharf auf<lb/> ore Finger zu sehen, wie man das im Westen gethan hat. Vorläufig ist man in<lb/> Berlin freilich wohl noch weit entfernt davon.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Ju Verlegenheit.<lb/> rL</head> <p xml:id="ID_109" next="#ID_110"><lb/> Der 25. Juni wird in dem Kalender des Bundes<lb/> de andwirte schwarz angestrichen worden sein. Im preußischen Abgeordneten-<lb/> Hanse wurde der Handelsminister interpellirt, warum die Berliner Frühbörse weder<lb/> als Börse uoch als Markt behandelt werde. Der Minister antwortete darauf,<lb/> aus dem Grunde, weil sie eine Börse noch nicht und ein Markt überhaupt nicht<lb/> sei. Er beschrieb die angegriffne Einrichtung und legte die Schwierigkeiten dar,<lb/> mit denen er bei der Ausführung des Börsengesctzes zu kämpfe» habe, Schwierig¬<lb/> keiten, die in dem Umstände wurzelten, daß die Gesetzgeber uicht in der Lage ge¬<lb/> wesen seien, eine Begriffsbestimmung von „Börse" zu geben, sodaß man also leine<lb/> unbestrittenen Merkmale habe, wonach entschieden werden könnte, ob eine Zusammen¬<lb/> kunft von Kaufleuten eine Börse sei oder nicht. Daß ein juristischer Eiferer für<lb/> deu Buchstaben des Gesetzes ergrimmt, wenn er nach Erlaß des Börseugesetzes ver¬<lb/> nimmt, daß unter dem Namen „Frühbörse" Zusammenkünfte abgehalten werden,<lb/> die der Aufsicht des Bvrseukommisscirs uicht unterworfen sind, das findet jedermann<lb/> in der Ordnung; dagegen ist es nicht ohne weiteres verständlich, warum sich Ver¬<lb/> treter der Landwirtschaft darüber aufregen; denn wenn, nach Herrn Brefelds Bericht,<lb/> jeden Morgen von L bis 10 Uhr in den von zwei Httudleru gemieteten Bvrsen-<lb/> räumen — sie hätten ebensogut auch andre Räume mieten können — Müller,<lb/> Bäcker, Bierbrauer, Fuhrherreu, Schiffer und einige Händler zusammenkommen, um<lb/> Käufe über gewisse in benachbarten Eisenbahnwagen, Schiffen und Lngeru vvrhandnc<lb/> Gctreidemengen abzuschließen, so ist doch schlechterdings nicht einzusehen, was für<lb/> ein Schaden irgend einem Landwirte daraus erwachsen könnte. Diese Leute einer<lb/> Aufsicht zu unterwerfen, das hätte doch nur dann einen Sinn, wenn nnter ihnen<lb/> selbst Streit entstanden wäre und die eine Partei, sei es die der Käufer oder die<lb/> der Verkäufer, über Benachteiligung klagte. Das ist bisher nicht der Fall gewesen,<lb/> die Leute werden ganz gut uuter sich sertig. und so hat denn kein Mensch in der<lb/> Welt ein Interesse daran, ihretwegen die hohe Obrigkeit zu bemühen. Wie die Herren<lb/> trotzdem zu der Jnterpellation gekommen siud, das verriet die Klage des Vater<lb/> Ploetz: „Ein einziges agrarisches Gesetz hat man für uns erlassen jwirklich nur<lb/> einziges?! eK hat uns aber bis jetzt wenig jsvll heißen: gar mchtss genutzt,<lb/> sondern eher Verwirrung gebracht." N»n. das haben alle vernünftigen Leute voraus¬<lb/> gewußt und vorausgesagt, daß das Börseugesetz deu Laudwirteu gar nichts nützen<lb/> und nur Verwirrung anrichten werde. Nachdem dieser Erfolg eingetreten ist, sind<lb/> die Herren ihren vordem gläubigen, jetzt aber zweifelnde» Anhängern gegenüber in<lb/> großer Verlegenheit, und sie suchen den Schein zu erwecken, als ob das Börsen-<lb/> gchtz seine heilsamen Früchte mir darum noch nicht brächte, weil sich ihm die<lb/> Händler widersetze» Sie klagen über straflos bleibende Gesetzwidrigkeiten, übersehen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
gutsbesitzcrn mit Hilfe einer gewissenhaften Verschuldungsstatistik ebenso scharf auf
ore Finger zu sehen, wie man das im Westen gethan hat. Vorläufig ist man in
Berlin freilich wohl noch weit entfernt davon.
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Ju Verlegenheit.
rL
Der 25. Juni wird in dem Kalender des Bundes
de andwirte schwarz angestrichen worden sein. Im preußischen Abgeordneten-
Hanse wurde der Handelsminister interpellirt, warum die Berliner Frühbörse weder
als Börse uoch als Markt behandelt werde. Der Minister antwortete darauf,
aus dem Grunde, weil sie eine Börse noch nicht und ein Markt überhaupt nicht
sei. Er beschrieb die angegriffne Einrichtung und legte die Schwierigkeiten dar,
mit denen er bei der Ausführung des Börsengesctzes zu kämpfe» habe, Schwierig¬
keiten, die in dem Umstände wurzelten, daß die Gesetzgeber uicht in der Lage ge¬
wesen seien, eine Begriffsbestimmung von „Börse" zu geben, sodaß man also leine
unbestrittenen Merkmale habe, wonach entschieden werden könnte, ob eine Zusammen¬
kunft von Kaufleuten eine Börse sei oder nicht. Daß ein juristischer Eiferer für
deu Buchstaben des Gesetzes ergrimmt, wenn er nach Erlaß des Börseugesetzes ver¬
nimmt, daß unter dem Namen „Frühbörse" Zusammenkünfte abgehalten werden,
die der Aufsicht des Bvrseukommisscirs uicht unterworfen sind, das findet jedermann
in der Ordnung; dagegen ist es nicht ohne weiteres verständlich, warum sich Ver¬
treter der Landwirtschaft darüber aufregen; denn wenn, nach Herrn Brefelds Bericht,
jeden Morgen von L bis 10 Uhr in den von zwei Httudleru gemieteten Bvrsen-
räumen — sie hätten ebensogut auch andre Räume mieten können — Müller,
Bäcker, Bierbrauer, Fuhrherreu, Schiffer und einige Händler zusammenkommen, um
Käufe über gewisse in benachbarten Eisenbahnwagen, Schiffen und Lngeru vvrhandnc
Gctreidemengen abzuschließen, so ist doch schlechterdings nicht einzusehen, was für
ein Schaden irgend einem Landwirte daraus erwachsen könnte. Diese Leute einer
Aufsicht zu unterwerfen, das hätte doch nur dann einen Sinn, wenn nnter ihnen
selbst Streit entstanden wäre und die eine Partei, sei es die der Käufer oder die
der Verkäufer, über Benachteiligung klagte. Das ist bisher nicht der Fall gewesen,
die Leute werden ganz gut uuter sich sertig. und so hat denn kein Mensch in der
Welt ein Interesse daran, ihretwegen die hohe Obrigkeit zu bemühen. Wie die Herren
trotzdem zu der Jnterpellation gekommen siud, das verriet die Klage des Vater
Ploetz: „Ein einziges agrarisches Gesetz hat man für uns erlassen jwirklich nur
einziges?! eK hat uns aber bis jetzt wenig jsvll heißen: gar mchtss genutzt,
sondern eher Verwirrung gebracht." N»n. das haben alle vernünftigen Leute voraus¬
gewußt und vorausgesagt, daß das Börseugesetz deu Laudwirteu gar nichts nützen
und nur Verwirrung anrichten werde. Nachdem dieser Erfolg eingetreten ist, sind
die Herren ihren vordem gläubigen, jetzt aber zweifelnde» Anhängern gegenüber in
großer Verlegenheit, und sie suchen den Schein zu erwecken, als ob das Börsen-
gchtz seine heilsamen Früchte mir darum noch nicht brächte, weil sich ihm die
Händler widersetze» Sie klagen über straflos bleibende Gesetzwidrigkeiten, übersehen
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