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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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und 1890 40 Prozent betrug, ist, im Zusammenhange damit, bis 1895 um
ein weiteres Prozent, auf 39 zurückgegangen.") Vollzöge sich dieser Rückgang
anch fernerhin mit gleicher Schnelligkeit, so wäre mit der Gefahr zu rechnen,
daß das Deutschtum, ehe zwei Jahrhunderte ins Land gegangen sind, in der
Provinz Posen erloschen wäre. Ein Zukunftsbild! Gewiß, nur sollte man
es nicht kurzer Hand mit der Bezeichnung Zukunftsmusik abthun. Die Gefahr
für das Deutschtum im Osten ist ernst und verdient ernst genommen zu werden;
sie bedeutet, die Polen sind sich darüber längst klar, in letzter Linie den Ver¬
lust unsrer Ostprovinzen für den deutscheu und den preußischen Staat.

Die Gründe der von jedem Patrioten beklagten Erscheinung wirken heute
mit ebenso ungeschwächter Kraft wie während des letzten Menschenalters. Sie
liegen nicht auf politischem Gebiete. Nur mit Unrecht werfen dem Fürsten
Vismarck seine Gegner vor, er habe, indem er den Nationalitätenkampf in diese
Lande getragen habe, die in der polnischen Volksseele schlummernden Kräfte
erst zu einem durch seine Energie in Erstaunen setzenden Widerstände wach¬
gerufen. Dieser Kampf und die Organisirung der Polen zu Widerstand und
Angriff auf den preußischen Staat und die Deutschen hatte lange vorher be¬
gonnen und getobt. Nicht daß er diesen Kampf für uns Deutsche aufgenommen
hat. sollten wir ihm vorwerfen; eher könnte man ihm vorwerfen, daß er ihn
für uns Deutsche, die wir unsre Pflicht nicht thaten, zu spät aufgenommen
hat. Jene Gründe sind, wie hinte allseitig erkannt ist und anerkannt wird,
überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiete zu suchen: in den für den deutschen
Arbeiter mit höherer Lebenshaltung zu niedrigen Löhnen, die hier herkömmlich
gezahlt werden, thatsächlich nur gezahlt werden können und für die polnische
Arbeitsleistung hoch genug sind, ferner bis Ende des vorigen Jahrzehnts in
der Unmöglichkeit, für den ländlichen Nachwuchs selbständige Bauernhöfe zu
gründen, und endlich in der auf die deutschen Städter zurückwirkenden Not¬
lage, namentlich des großen und mittlern Grundbesitzes, der, rund heraus¬
gesagt, dem Nichts gegenüber steht.


- Als mit der neuen Ära der Aufschwung ^ deuWen^begannen aus unsrer Ostmark (wo w Jndnstr. we ^deutsch. ^r-der russische Markt verschlossen, und der u lbs ^ ^le städtischenbranchsfähig war. zunächst keinen 5" ^und die Landarbeiter deutscher Natwualckat nach ^"im nach ^nach dem industriellen Westen abzuströmen, wo sie, well i



') In Westpreußen liegt die Sache ähnlich; dort bilden die Katholiken, die zu einem
Mvszen Bruchteile Polen sind, die Evangelischen, denen sie bis in die sechziger Jahre an Zahl
ulei.d "achstnnden, seitdem bedeutend überflügelt.
Ans unsrer Vstmark

und 1890 40 Prozent betrug, ist, im Zusammenhange damit, bis 1895 um
ein weiteres Prozent, auf 39 zurückgegangen.") Vollzöge sich dieser Rückgang
anch fernerhin mit gleicher Schnelligkeit, so wäre mit der Gefahr zu rechnen,
daß das Deutschtum, ehe zwei Jahrhunderte ins Land gegangen sind, in der
Provinz Posen erloschen wäre. Ein Zukunftsbild! Gewiß, nur sollte man
es nicht kurzer Hand mit der Bezeichnung Zukunftsmusik abthun. Die Gefahr
für das Deutschtum im Osten ist ernst und verdient ernst genommen zu werden;
sie bedeutet, die Polen sind sich darüber längst klar, in letzter Linie den Ver¬
lust unsrer Ostprovinzen für den deutscheu und den preußischen Staat.

Die Gründe der von jedem Patrioten beklagten Erscheinung wirken heute
mit ebenso ungeschwächter Kraft wie während des letzten Menschenalters. Sie
liegen nicht auf politischem Gebiete. Nur mit Unrecht werfen dem Fürsten
Vismarck seine Gegner vor, er habe, indem er den Nationalitätenkampf in diese
Lande getragen habe, die in der polnischen Volksseele schlummernden Kräfte
erst zu einem durch seine Energie in Erstaunen setzenden Widerstände wach¬
gerufen. Dieser Kampf und die Organisirung der Polen zu Widerstand und
Angriff auf den preußischen Staat und die Deutschen hatte lange vorher be¬
gonnen und getobt. Nicht daß er diesen Kampf für uns Deutsche aufgenommen
hat. sollten wir ihm vorwerfen; eher könnte man ihm vorwerfen, daß er ihn
für uns Deutsche, die wir unsre Pflicht nicht thaten, zu spät aufgenommen
hat. Jene Gründe sind, wie hinte allseitig erkannt ist und anerkannt wird,
überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiete zu suchen: in den für den deutschen
Arbeiter mit höherer Lebenshaltung zu niedrigen Löhnen, die hier herkömmlich
gezahlt werden, thatsächlich nur gezahlt werden können und für die polnische
Arbeitsleistung hoch genug sind, ferner bis Ende des vorigen Jahrzehnts in
der Unmöglichkeit, für den ländlichen Nachwuchs selbständige Bauernhöfe zu
gründen, und endlich in der auf die deutschen Städter zurückwirkenden Not¬
lage, namentlich des großen und mittlern Grundbesitzes, der, rund heraus¬
gesagt, dem Nichts gegenüber steht.


- Als mit der neuen Ära der Aufschwung ^ deuWen^begannen aus unsrer Ostmark (wo w Jndnstr. we ^deutsch. ^r-der russische Markt verschlossen, und der u lbs ^ ^le städtischenbranchsfähig war. zunächst keinen 5" ^und die Landarbeiter deutscher Natwualckat nach ^"im nach ^nach dem industriellen Westen abzuströmen, wo sie, well i



') In Westpreußen liegt die Sache ähnlich; dort bilden die Katholiken, die zu einem
Mvszen Bruchteile Polen sind, die Evangelischen, denen sie bis in die sechziger Jahre an Zahl
ulei.d "achstnnden, seitdem bedeutend überflügelt.
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[0399] Ans unsrer Vstmark und 1890 40 Prozent betrug, ist, im Zusammenhange damit, bis 1895 um ein weiteres Prozent, auf 39 zurückgegangen.") Vollzöge sich dieser Rückgang anch fernerhin mit gleicher Schnelligkeit, so wäre mit der Gefahr zu rechnen, daß das Deutschtum, ehe zwei Jahrhunderte ins Land gegangen sind, in der Provinz Posen erloschen wäre. Ein Zukunftsbild! Gewiß, nur sollte man es nicht kurzer Hand mit der Bezeichnung Zukunftsmusik abthun. Die Gefahr für das Deutschtum im Osten ist ernst und verdient ernst genommen zu werden; sie bedeutet, die Polen sind sich darüber längst klar, in letzter Linie den Ver¬ lust unsrer Ostprovinzen für den deutscheu und den preußischen Staat. Die Gründe der von jedem Patrioten beklagten Erscheinung wirken heute mit ebenso ungeschwächter Kraft wie während des letzten Menschenalters. Sie liegen nicht auf politischem Gebiete. Nur mit Unrecht werfen dem Fürsten Vismarck seine Gegner vor, er habe, indem er den Nationalitätenkampf in diese Lande getragen habe, die in der polnischen Volksseele schlummernden Kräfte erst zu einem durch seine Energie in Erstaunen setzenden Widerstände wach¬ gerufen. Dieser Kampf und die Organisirung der Polen zu Widerstand und Angriff auf den preußischen Staat und die Deutschen hatte lange vorher be¬ gonnen und getobt. Nicht daß er diesen Kampf für uns Deutsche aufgenommen hat. sollten wir ihm vorwerfen; eher könnte man ihm vorwerfen, daß er ihn für uns Deutsche, die wir unsre Pflicht nicht thaten, zu spät aufgenommen hat. Jene Gründe sind, wie hinte allseitig erkannt ist und anerkannt wird, überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiete zu suchen: in den für den deutschen Arbeiter mit höherer Lebenshaltung zu niedrigen Löhnen, die hier herkömmlich gezahlt werden, thatsächlich nur gezahlt werden können und für die polnische Arbeitsleistung hoch genug sind, ferner bis Ende des vorigen Jahrzehnts in der Unmöglichkeit, für den ländlichen Nachwuchs selbständige Bauernhöfe zu gründen, und endlich in der auf die deutschen Städter zurückwirkenden Not¬ lage, namentlich des großen und mittlern Grundbesitzes, der, rund heraus¬ gesagt, dem Nichts gegenüber steht. - Als mit der neuen Ära der Aufschwung ^ deuWen^begannen aus unsrer Ostmark (wo w Jndnstr. we ^deutsch. ^r-der russische Markt verschlossen, und der u lbs ^ ^le städtischenbranchsfähig war. zunächst keinen 5" ^und die Landarbeiter deutscher Natwualckat nach ^"im nach ^nach dem industriellen Westen abzuströmen, wo sie, well i ') In Westpreußen liegt die Sache ähnlich; dort bilden die Katholiken, die zu einem Mvszen Bruchteile Polen sind, die Evangelischen, denen sie bis in die sechziger Jahre an Zahl ulei.d "achstnnden, seitdem bedeutend überflügelt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/399>, abgerufen am 27.12.2024.