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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Memoiren aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts

macht, vielleicht durch einfachen Abdruck der Notiz aus der Lodoims, -- sorgen
Sie, das; es noch in der nächsten Nummer (Mittwoch erscheinend) kömmt. Es
wäre mir lieb wegen Berlin, wo wir doch auch Concert geben möchten. Münd¬
lich mehr -- Montag Abend im IIüwI as ZZg-visrö --

UV. Den Hauptaussatz in der Lonswia haben wir leider verlegt -- vielleicht
schicken wir ihn noch. -- Julchen haben wir sehr Wohl angetroffen die Kleine
aber sehr schwächlich --

,Adieu!

Neilter ließ es sich angelegen sein, Schumanns Bitte zu erfüllen, und der
Verleger der "Signale" kam ihm dabei bereitwillig entgegen, um die häßliche
"Notiz" wieder in Vergessenheit zu bringen. Ur. 5 brachte eine besondre Nach¬
richt über die Konzerte der Jenny Lind in Wien, worin es u. a. heißt: "Aller
Herzen rührte sie bei ihrer Mitwirkung in dem letzten Schumannischen Konzert,
wo sie einige Lieder unter so donnerndem Beifall vortrug, wie wir ihn noch
nie gehört haben. Die Lind hat übrigens, ohne von Frau Schumann darum
angesprochen worden zu sein, in ihrem Konzerte mitgewirkt, weil diese in
Leipzig auch bei ihrem Konzert vor einigen Monaten spielte," und Ur. 6 be¬
richtet: "Schumanns haben in Wien in ihrer Wohnung von ihren Freunden
und näheren Bekannten am 15. Januar musikalisch Abschied genommen.
Vaucrnfeld, Deinhardstein, Dessauer, Eicheudorf, Grillpcirzer, Hvven, Jansa,
Jenny Lind, Stifter und überhaupt die Elite der Wiener Kunstnotabilitüten
waren anwesend" usw.

Ob der Verdacht Schumanns begründet war, wird sich wohl weder nach¬
weisen noch widerlegen lassen. Es genügt, daß er möglich war.


G. Ivustinann


Memoiren aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts

er Dichter Lenau lebte seit 1832 alljährlich eine Zeit lang als Gast
in der Familie von Reinbeck in Stuttgart und wurde mit der gemüt¬
vollen, klugen und künstlerisch beanlagten Frau des Hauses, Emilie,
innig befreundet. Von Stuttgart aus Verlobte er sich 1843 mit
Marie Behrends aus Frankfurt, die erst in unsern Tagen unver¬
heiratet gestorben ist, und 1844 wurde Lenau im Neinbeckschen Hause
zuerst vou Wahnsinn befallen. Jene Verlobung war ein übereilter Schritt; eine
Heirat war kaum möglich, da auf keiner der beiden Seiten die Mittel vorhanden
waren, die auf jeder von beideu in Bezug auf die andre vorausgesetzt worden
waren. Der Dichter wurde zunächst im Hanse der Freunde, dann in einer nahen
Anstalt gepflegt und später nach dem Tode Emiliens 1847 auf Veranlassung seiner
Familie in eine österreichische Irrenanstalt gebracht, wo er 1850 gestorben ist.


Memoiren aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts

macht, vielleicht durch einfachen Abdruck der Notiz aus der Lodoims, — sorgen
Sie, das; es noch in der nächsten Nummer (Mittwoch erscheinend) kömmt. Es
wäre mir lieb wegen Berlin, wo wir doch auch Concert geben möchten. Münd¬
lich mehr — Montag Abend im IIüwI as ZZg-visrö —

UV. Den Hauptaussatz in der Lonswia haben wir leider verlegt — vielleicht
schicken wir ihn noch. — Julchen haben wir sehr Wohl angetroffen die Kleine
aber sehr schwächlich —

,Adieu!

Neilter ließ es sich angelegen sein, Schumanns Bitte zu erfüllen, und der
Verleger der „Signale" kam ihm dabei bereitwillig entgegen, um die häßliche
„Notiz" wieder in Vergessenheit zu bringen. Ur. 5 brachte eine besondre Nach¬
richt über die Konzerte der Jenny Lind in Wien, worin es u. a. heißt: „Aller
Herzen rührte sie bei ihrer Mitwirkung in dem letzten Schumannischen Konzert,
wo sie einige Lieder unter so donnerndem Beifall vortrug, wie wir ihn noch
nie gehört haben. Die Lind hat übrigens, ohne von Frau Schumann darum
angesprochen worden zu sein, in ihrem Konzerte mitgewirkt, weil diese in
Leipzig auch bei ihrem Konzert vor einigen Monaten spielte," und Ur. 6 be¬
richtet: „Schumanns haben in Wien in ihrer Wohnung von ihren Freunden
und näheren Bekannten am 15. Januar musikalisch Abschied genommen.
Vaucrnfeld, Deinhardstein, Dessauer, Eicheudorf, Grillpcirzer, Hvven, Jansa,
Jenny Lind, Stifter und überhaupt die Elite der Wiener Kunstnotabilitüten
waren anwesend" usw.

Ob der Verdacht Schumanns begründet war, wird sich wohl weder nach¬
weisen noch widerlegen lassen. Es genügt, daß er möglich war.


G. Ivustinann


Memoiren aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts

er Dichter Lenau lebte seit 1832 alljährlich eine Zeit lang als Gast
in der Familie von Reinbeck in Stuttgart und wurde mit der gemüt¬
vollen, klugen und künstlerisch beanlagten Frau des Hauses, Emilie,
innig befreundet. Von Stuttgart aus Verlobte er sich 1843 mit
Marie Behrends aus Frankfurt, die erst in unsern Tagen unver¬
heiratet gestorben ist, und 1844 wurde Lenau im Neinbeckschen Hause
zuerst vou Wahnsinn befallen. Jene Verlobung war ein übereilter Schritt; eine
Heirat war kaum möglich, da auf keiner der beiden Seiten die Mittel vorhanden
waren, die auf jeder von beideu in Bezug auf die andre vorausgesetzt worden
waren. Der Dichter wurde zunächst im Hanse der Freunde, dann in einer nahen
Anstalt gepflegt und später nach dem Tode Emiliens 1847 auf Veranlassung seiner
Familie in eine österreichische Irrenanstalt gebracht, wo er 1850 gestorben ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/530>, abgerufen am 05.01.2025.