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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.

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Die Mißstände in der Kleider- und Wäscheindustrie
i

le Mißstände in der Kleider- und Wäscheindustrie, die im Winter
1895/96 in mehreren Orten Deutschlands zu Arbeitseinstellungen
geführt und die Aufmerksamkeit weitester Kreise auf sich gelenkt
haben, auch im Reichstage uuter allseitiger Anerkennung ihres
Bestehens eingehend besprochen worden sind, haben bisher,
soviel bekannt geworden ist, keine wesentliche Abschwächung erfahren. Der
Erfolg der Arbeitseinstellungen ist sast durchweg unbefriedigend, nirgends
dauernd gewesen, und anch von gesetzgeberischen Eingreifen ist noch nicht die
Rede. Es ist kein Wunder, daß unter diesen Umstünden die Frage in der
Presse weiter erörtert wird, und zwar oft genug von einseitig parteiischen
Standpunkte aus; schwer begreiflich aber ist es, daß die Presse so gut wie
gar keine Kenntnis genommen zu haben scheint von dem, was allein seither
an neuem zur Sache beigebracht worden ist, das ist von den vor der Kom¬
mission für Arbeiterstatistik in der zweiten Hälfte des Aprils dieses Jahres
erfolgten mündlichen Vernehmungen der Auskunftspersonen über die Verhältnisse
in der Kleiderkonfektion und Wäscheindnstrie, wie sie in den Drucksachen der
genannten Kommission (Verhandlungen Ur. 11 mit Nachtrag. Berlin, Karl
Hehmanns Verlag, 1896) veröffentlicht worden sind.

Nachstehende Besprechung der Frage ist in der Hauptsache veranlaßt
durch eingehendes Studium dieser mündlich an amtlicher Stelle gegebnen
Auskünfte, sie gründet sich außerdem auf die in neuerer Zeit recht reichliche
Litteratur zur Sache und nicht minder auf eigne persönliche Wahrnehmungen.
Sie hofft, wenn sie auch die vorgefaßte Meinung mancher enttäuschen sollte,
doch ein bescheidnes Teil zur richtigem Beurteilung der Mißstände und damit zu


Grcnzbvtc" IV 1896


Die Mißstände in der Kleider- und Wäscheindustrie
i

le Mißstände in der Kleider- und Wäscheindustrie, die im Winter
1895/96 in mehreren Orten Deutschlands zu Arbeitseinstellungen
geführt und die Aufmerksamkeit weitester Kreise auf sich gelenkt
haben, auch im Reichstage uuter allseitiger Anerkennung ihres
Bestehens eingehend besprochen worden sind, haben bisher,
soviel bekannt geworden ist, keine wesentliche Abschwächung erfahren. Der
Erfolg der Arbeitseinstellungen ist sast durchweg unbefriedigend, nirgends
dauernd gewesen, und anch von gesetzgeberischen Eingreifen ist noch nicht die
Rede. Es ist kein Wunder, daß unter diesen Umstünden die Frage in der
Presse weiter erörtert wird, und zwar oft genug von einseitig parteiischen
Standpunkte aus; schwer begreiflich aber ist es, daß die Presse so gut wie
gar keine Kenntnis genommen zu haben scheint von dem, was allein seither
an neuem zur Sache beigebracht worden ist, das ist von den vor der Kom¬
mission für Arbeiterstatistik in der zweiten Hälfte des Aprils dieses Jahres
erfolgten mündlichen Vernehmungen der Auskunftspersonen über die Verhältnisse
in der Kleiderkonfektion und Wäscheindnstrie, wie sie in den Drucksachen der
genannten Kommission (Verhandlungen Ur. 11 mit Nachtrag. Berlin, Karl
Hehmanns Verlag, 1896) veröffentlicht worden sind.

Nachstehende Besprechung der Frage ist in der Hauptsache veranlaßt
durch eingehendes Studium dieser mündlich an amtlicher Stelle gegebnen
Auskünfte, sie gründet sich außerdem auf die in neuerer Zeit recht reichliche
Litteratur zur Sache und nicht minder auf eigne persönliche Wahrnehmungen.
Sie hofft, wenn sie auch die vorgefaßte Meinung mancher enttäuschen sollte,
doch ein bescheidnes Teil zur richtigem Beurteilung der Mißstände und damit zu


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[0353] [Abbildung] Die Mißstände in der Kleider- und Wäscheindustrie i le Mißstände in der Kleider- und Wäscheindustrie, die im Winter 1895/96 in mehreren Orten Deutschlands zu Arbeitseinstellungen geführt und die Aufmerksamkeit weitester Kreise auf sich gelenkt haben, auch im Reichstage uuter allseitiger Anerkennung ihres Bestehens eingehend besprochen worden sind, haben bisher, soviel bekannt geworden ist, keine wesentliche Abschwächung erfahren. Der Erfolg der Arbeitseinstellungen ist sast durchweg unbefriedigend, nirgends dauernd gewesen, und anch von gesetzgeberischen Eingreifen ist noch nicht die Rede. Es ist kein Wunder, daß unter diesen Umstünden die Frage in der Presse weiter erörtert wird, und zwar oft genug von einseitig parteiischen Standpunkte aus; schwer begreiflich aber ist es, daß die Presse so gut wie gar keine Kenntnis genommen zu haben scheint von dem, was allein seither an neuem zur Sache beigebracht worden ist, das ist von den vor der Kom¬ mission für Arbeiterstatistik in der zweiten Hälfte des Aprils dieses Jahres erfolgten mündlichen Vernehmungen der Auskunftspersonen über die Verhältnisse in der Kleiderkonfektion und Wäscheindnstrie, wie sie in den Drucksachen der genannten Kommission (Verhandlungen Ur. 11 mit Nachtrag. Berlin, Karl Hehmanns Verlag, 1896) veröffentlicht worden sind. Nachstehende Besprechung der Frage ist in der Hauptsache veranlaßt durch eingehendes Studium dieser mündlich an amtlicher Stelle gegebnen Auskünfte, sie gründet sich außerdem auf die in neuerer Zeit recht reichliche Litteratur zur Sache und nicht minder auf eigne persönliche Wahrnehmungen. Sie hofft, wenn sie auch die vorgefaßte Meinung mancher enttäuschen sollte, doch ein bescheidnes Teil zur richtigem Beurteilung der Mißstände und damit zu Grcnzbvtc» IV 1896

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_223583/353>, abgerufen am 05.01.2025.