Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches neigt, wenden sie ihre ungewöhnliche staatsmnnnische und administrative Begabung Berichtigung. Der in Ur. 3ö der "Grenzboten" vom 27. August 1396, Nachdem der Volksschullehrer P. in P. wegen mehrmaliger übermäßiger bez. Maßgebliches und Unmaßgebliches neigt, wenden sie ihre ungewöhnliche staatsmnnnische und administrative Begabung Berichtigung. Der in Ur. 3ö der „Grenzboten" vom 27. August 1396, Nachdem der Volksschullehrer P. in P. wegen mehrmaliger übermäßiger bez. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223740"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_471" prev="#ID_470"> neigt, wenden sie ihre ungewöhnliche staatsmnnnische und administrative Begabung<lb/> zu dem einen Endzweck an, ihre Nationalität siegreich zu behaupten. Vaterländischer<lb/> Stolz ist der letzte Urgrund all ihrer Handlungen. . . . Wer also die liebens¬<lb/> würdigen Schwärmereien der Jugend überwunden hat, kann den Nationalitäten des<lb/> Magyarenstaates, auch den Deutschen, nur weislich raten, sich möglichst ihrer über¬<lb/> triebnen Gewissensskrupel zu entschlcigen und innig in einem Vaterlande aufzugehen,<lb/> um das sie jeder vernünftige Mensch beneiden wird." Wahrlich ein geduldiges<lb/> deutsches Papier, das sich mit solchen Worten bedrücken läßt! In demselben<lb/> Atemzüge bewundert Herr Bleibtreu die Magyaren, weil vaterländischer Stolz den<lb/> Urgrund all ihrer Handlungen bilde, und ermahnt die ungarischen Deutschen, sich<lb/> dieser Tugend so schnell und so gründlich wie möglich zu entledigen. Nun, da<lb/> wollen wir Herrn Karl Bleibtreu auch einen guten Rat nicht vorenthalten. Wird ihm<lb/> wirklich, so wie Heinrich Heine (der ja auch ein großer deutscher Patriot war),<lb/> das deutsche Wams zu enge, wenn er den Namen Ungarn hört, so verziehe er<lb/> sich doch dauernd von Charlottenburg einige hundert Meilen südöstlich. Er wird<lb/> dann nicht nur täglich am Budapester Donankai nach Ofen hinüberblicken und ge¬<lb/> legentlich entzückt vernehmen können, wie von den Zigennerzcardas das famose Lied<lb/> herübertönt: „Der Deutsche ist doch ein Hundsfott," die bekannte Zuvorkommenheit<lb/> der ungarischen Behörden wird auch gern dafür sorgen, daß er nicht mehr lange<lb/> durch den Imperativ, den sein schöner deutscher Name enthält, behelligt werde, und<lb/> das Magyarentum wird dann vollends an ihm einen stattlichen Gewinn gemacht<lb/> haben. Das Deutschtum aber — wenigstens das, wie wir es verstehen wird<lb/><note type="byline"> —-<lb/> ^sfck—</note> nichts verloren haben. </p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Berichtigung.</head> <p xml:id="ID_472"> Der in Ur. 3ö der „Grenzboten" vom 27. August 1396,<lb/> Seite 430 bis 432, unter der Überschrift „Zur Prügelstrafe in der Volksschule"<lb/> enthaltene Artikel wird von uns nach Anhörung des beteiligten königlichen Kreisschul¬<lb/> inspektors gemäß 11 des Reichspreßgesetzes vom 7. Mai 1874 wie folgt berichtigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_473" next="#ID_474"> Nachdem der Volksschullehrer P. in P. wegen mehrmaliger übermäßiger bez.<lb/> unzulässiger Züchtigung von der vorgesetzten Königlichen Regierung im November<lb/> 1394 einen Tadel, im September 1895 eine förmliche disziplinarische Verwarnung<lb/> empfangen, gleichwohl aber im April 1896 wiederum unerlaubte Züchtigungen<lb/> vorgenommen hatte, begab sich der Sohn des Fabrikbesitzers B. mit den betroffnen<lb/> Schulkindern zu dem Königlichen Kreisschulinspektor Superintendenten L. und erklärte<lb/> diesem, daß die Schulgemeindemitglieder Von P. über die trotz früherer Beschwerden<lb/> wiederholten Ausschreitungen des Lehrers sehr aufgebracht und entschlossen seien,<lb/> ihre Kinder von der Schule zurückzuhalten, so lange der Lehrer P. dort bleibe.<lb/> Der Königliche Kreisschulinspektor antwortete, es liege nicht in seiner Kompetenz,<lb/> den Lehrer zu versetzen, auch müsse man bedenken, daß P. im Unterricht Tüchtiges<lb/> leiste, aufmerksame und fleißige Kiuder nicht strafen werde, aber einen sehr schweren<lb/> Stand habe und ohne eine strenge Zucht uicht auskommen könne, zumal nach glaub¬<lb/> haften Mitteilungen dortige Schulkinder von ihren Eltern gegen den Lehrer auf¬<lb/> gehetzt worden seien. Auf die Anheimgäbe des Kreisschnlinspektvrs, doch, wenn<lb/> dazu Grund vorliege, den Weg der Klage zu beschreiben, entgegnete B.: „Nein,<lb/> das hilft nichts, das ist schon wiederholt ohne Erfolg versucht, der Lehrer muß<lb/> fort." Nachdem ihm nochmals erwidert worden war, daß es uicht in der Macht<lb/> des Kreisschulinspektors stehe, den Lehrer von P. wegzunehmen, entfernte sich B.,<lb/> um uoch mit dem Landrate zu sprechen. Die Behauptung, der Kreisschnlinspektor<lb/> habe gesagt, man müsse bedenken, daß es „sich um die Kinder von Fabrikarbeitern<lb/> handle, welche eben schärfer behandelt werden müßten," ist unwahr. Auch hat</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
neigt, wenden sie ihre ungewöhnliche staatsmnnnische und administrative Begabung
zu dem einen Endzweck an, ihre Nationalität siegreich zu behaupten. Vaterländischer
Stolz ist der letzte Urgrund all ihrer Handlungen. . . . Wer also die liebens¬
würdigen Schwärmereien der Jugend überwunden hat, kann den Nationalitäten des
Magyarenstaates, auch den Deutschen, nur weislich raten, sich möglichst ihrer über¬
triebnen Gewissensskrupel zu entschlcigen und innig in einem Vaterlande aufzugehen,
um das sie jeder vernünftige Mensch beneiden wird." Wahrlich ein geduldiges
deutsches Papier, das sich mit solchen Worten bedrücken läßt! In demselben
Atemzüge bewundert Herr Bleibtreu die Magyaren, weil vaterländischer Stolz den
Urgrund all ihrer Handlungen bilde, und ermahnt die ungarischen Deutschen, sich
dieser Tugend so schnell und so gründlich wie möglich zu entledigen. Nun, da
wollen wir Herrn Karl Bleibtreu auch einen guten Rat nicht vorenthalten. Wird ihm
wirklich, so wie Heinrich Heine (der ja auch ein großer deutscher Patriot war),
das deutsche Wams zu enge, wenn er den Namen Ungarn hört, so verziehe er
sich doch dauernd von Charlottenburg einige hundert Meilen südöstlich. Er wird
dann nicht nur täglich am Budapester Donankai nach Ofen hinüberblicken und ge¬
legentlich entzückt vernehmen können, wie von den Zigennerzcardas das famose Lied
herübertönt: „Der Deutsche ist doch ein Hundsfott," die bekannte Zuvorkommenheit
der ungarischen Behörden wird auch gern dafür sorgen, daß er nicht mehr lange
durch den Imperativ, den sein schöner deutscher Name enthält, behelligt werde, und
das Magyarentum wird dann vollends an ihm einen stattlichen Gewinn gemacht
haben. Das Deutschtum aber — wenigstens das, wie wir es verstehen wird
—-
^sfck— nichts verloren haben.
Berichtigung. Der in Ur. 3ö der „Grenzboten" vom 27. August 1396,
Seite 430 bis 432, unter der Überschrift „Zur Prügelstrafe in der Volksschule"
enthaltene Artikel wird von uns nach Anhörung des beteiligten königlichen Kreisschul¬
inspektors gemäß 11 des Reichspreßgesetzes vom 7. Mai 1874 wie folgt berichtigt.
Nachdem der Volksschullehrer P. in P. wegen mehrmaliger übermäßiger bez.
unzulässiger Züchtigung von der vorgesetzten Königlichen Regierung im November
1394 einen Tadel, im September 1895 eine förmliche disziplinarische Verwarnung
empfangen, gleichwohl aber im April 1896 wiederum unerlaubte Züchtigungen
vorgenommen hatte, begab sich der Sohn des Fabrikbesitzers B. mit den betroffnen
Schulkindern zu dem Königlichen Kreisschulinspektor Superintendenten L. und erklärte
diesem, daß die Schulgemeindemitglieder Von P. über die trotz früherer Beschwerden
wiederholten Ausschreitungen des Lehrers sehr aufgebracht und entschlossen seien,
ihre Kinder von der Schule zurückzuhalten, so lange der Lehrer P. dort bleibe.
Der Königliche Kreisschulinspektor antwortete, es liege nicht in seiner Kompetenz,
den Lehrer zu versetzen, auch müsse man bedenken, daß P. im Unterricht Tüchtiges
leiste, aufmerksame und fleißige Kiuder nicht strafen werde, aber einen sehr schweren
Stand habe und ohne eine strenge Zucht uicht auskommen könne, zumal nach glaub¬
haften Mitteilungen dortige Schulkinder von ihren Eltern gegen den Lehrer auf¬
gehetzt worden seien. Auf die Anheimgäbe des Kreisschnlinspektvrs, doch, wenn
dazu Grund vorliege, den Weg der Klage zu beschreiben, entgegnete B.: „Nein,
das hilft nichts, das ist schon wiederholt ohne Erfolg versucht, der Lehrer muß
fort." Nachdem ihm nochmals erwidert worden war, daß es uicht in der Macht
des Kreisschulinspektors stehe, den Lehrer von P. wegzunehmen, entfernte sich B.,
um uoch mit dem Landrate zu sprechen. Die Behauptung, der Kreisschnlinspektor
habe gesagt, man müsse bedenken, daß es „sich um die Kinder von Fabrikarbeitern
handle, welche eben schärfer behandelt werden müßten," ist unwahr. Auch hat
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