Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Manöverbetrachtungen lie Welt hatte sich von den diesjährigen Kaisermanövern ganz Die Anlage der Manöver war ungemein einfach und klar. Nach der Manöverbetrachtungen lie Welt hatte sich von den diesjährigen Kaisermanövern ganz Die Anlage der Manöver war ungemein einfach und klar. Nach der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0146" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223730"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341863_223583/figures/grenzboten_341863_223583_223730_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Manöverbetrachtungen</head><lb/> <p xml:id="ID_439"> lie Welt hatte sich von den diesjährigen Kaisermanövern ganz<lb/> besondre Überraschungen erwartet. Die verschiedensten neuen<lb/> Erfindungen sollten erprobt werden, mit Maximgeschützen, elek¬<lb/> trischen Scheinwerfern und fahrbaren Panzertürmeu wollte man<lb/> Versuche anstellen, und in nächtlichen Unternehmungen bei schwie¬<lb/> rigen Geländeverhältnissen nie dagewesenes leisten. Aus all den schönen<lb/> Plänen, die in der heißen Zeit erfindungsreichen Reportern einen sehr dank¬<lb/> baren Gegenstand boten, ist nichts geworden; keine von den verheißungsvoller<lb/> Prophezeiungen ist in Erfüllung gegangen, und die großen Manöver sind so<lb/> nüchtern, ja langweilig verlaufen, wie nie zuvor. Nicht einmal die Schaulust<lb/> der Schlachtenbummler fand ihre Befriedigung, denn der fürstlichen Gäste<lb/> waren, nachdem der Zar abgereist war, nur wenige, die fremden Offiziere<lb/> wechselten selten den Platz, und wer auf große Kavallerieangriffe oder den<lb/> Sturm einer befestigten Feldstellung seine Hoffnung gesetzt hatte, war arg<lb/> enttäuscht. Für die Truppe dagegen, besonders die höhern Führer, haben die<lb/> Kaisertage eine Fülle von Anregung und Belehrung geboten und aufs neue<lb/> den Beweis geliefert, wie schwierig sich die nach Zeit und Ort sachgemäße<lb/> Verwendung größerer Truppenmassen im Felde erweist, wie wichtig es ist,<lb/> schon im Frieden den Führer wie die Truppe darin zu üben.</p><lb/> <p xml:id="ID_440" next="#ID_441"> Die Anlage der Manöver war ungemein einfach und klar. Nach der<lb/> Generalidee war eine Wcftarmee durch eine Ostarmee in Breslau eingeschlossen,<lb/> und zu deren Entsatz wurden Truppen in Sachsen und der Mark zusammen¬<lb/> gezogen. Die Ostarmeeabteilnng — fünftes und sechstes Armeekorps und<lb/> Kavalleriedivision ^ unter dem Oberbefehl des Grafen Waldersee — diente<lb/> zur Deckung der Einschließung von Breslau und hatte den Auftrag, zunächst<lb/> den in Sachsen auftretenden Feind zurückzuwerfen, dann aber sich gegen den<lb/> etwas später aus der Mark zu erwartenden Gegner zu wenden, der bis dahin<lb/> nur durch kleinere Abteilungen beobachtet werden konnte. Vom Feinde war<lb/> bekannt, daß eine Division am 5. September bei Riesa die Elbe überschritten<lb/> hatte, und daß eine andre für den 7. September in Dresden erwartet wurde.<lb/> Stärkere Kavallerie sollte den Divisionen um etwa zwei Tagemürsche in der<lb/> Richtung auf Görlitz voraus sein, und als Sammelplatz der feindlichen Truppen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0146]
[Abbildung]
Manöverbetrachtungen
lie Welt hatte sich von den diesjährigen Kaisermanövern ganz
besondre Überraschungen erwartet. Die verschiedensten neuen
Erfindungen sollten erprobt werden, mit Maximgeschützen, elek¬
trischen Scheinwerfern und fahrbaren Panzertürmeu wollte man
Versuche anstellen, und in nächtlichen Unternehmungen bei schwie¬
rigen Geländeverhältnissen nie dagewesenes leisten. Aus all den schönen
Plänen, die in der heißen Zeit erfindungsreichen Reportern einen sehr dank¬
baren Gegenstand boten, ist nichts geworden; keine von den verheißungsvoller
Prophezeiungen ist in Erfüllung gegangen, und die großen Manöver sind so
nüchtern, ja langweilig verlaufen, wie nie zuvor. Nicht einmal die Schaulust
der Schlachtenbummler fand ihre Befriedigung, denn der fürstlichen Gäste
waren, nachdem der Zar abgereist war, nur wenige, die fremden Offiziere
wechselten selten den Platz, und wer auf große Kavallerieangriffe oder den
Sturm einer befestigten Feldstellung seine Hoffnung gesetzt hatte, war arg
enttäuscht. Für die Truppe dagegen, besonders die höhern Führer, haben die
Kaisertage eine Fülle von Anregung und Belehrung geboten und aufs neue
den Beweis geliefert, wie schwierig sich die nach Zeit und Ort sachgemäße
Verwendung größerer Truppenmassen im Felde erweist, wie wichtig es ist,
schon im Frieden den Führer wie die Truppe darin zu üben.
Die Anlage der Manöver war ungemein einfach und klar. Nach der
Generalidee war eine Wcftarmee durch eine Ostarmee in Breslau eingeschlossen,
und zu deren Entsatz wurden Truppen in Sachsen und der Mark zusammen¬
gezogen. Die Ostarmeeabteilnng — fünftes und sechstes Armeekorps und
Kavalleriedivision ^ unter dem Oberbefehl des Grafen Waldersee — diente
zur Deckung der Einschließung von Breslau und hatte den Auftrag, zunächst
den in Sachsen auftretenden Feind zurückzuwerfen, dann aber sich gegen den
etwas später aus der Mark zu erwartenden Gegner zu wenden, der bis dahin
nur durch kleinere Abteilungen beobachtet werden konnte. Vom Feinde war
bekannt, daß eine Division am 5. September bei Riesa die Elbe überschritten
hatte, und daß eine andre für den 7. September in Dresden erwartet wurde.
Stärkere Kavallerie sollte den Divisionen um etwa zwei Tagemürsche in der
Richtung auf Görlitz voraus sein, und als Sammelplatz der feindlichen Truppen
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