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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr.

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Albert sull

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Albert Dult

er vor zwölf Jahren, am 29. Oktober 1884 zu Stuttgart ver¬
storbne Dichter und Agitator Albert Dult ist in dem letzten Jahr¬
zehnt seines Lebens und nach seinem Tode als eine der Sünleu
der deutschen Sozialdemokratin als begeisterter Apostel der Gleich¬
heit?'- und Gerechtigkeitsidee gefeiert worden. Ob ihm seine letzte
Parteistelluug auch das verschafft hat, was ihm sein ganzes Leben hin¬
durch fehlte: ein Publikum, ob die Gesamtausgabe der '"Dramen"") des
ostpreußischen Dichters unter den "Genossen," die zu vielen taufenden
seine Leiche zum Stuttgarter Bahnhof geleiteten und die später mit ihren
Scherflein Donndorfs Prachtbttste Dulks ermöglichten, Verbreitung gefunden
hat, wissen wir nicht. Aber gewiß ist, daß, wenn sich die drei stattlichen
Bünde mit den dramatischen Dichtungen "Orla," "Lea," "Jesus der Christ,"
"Simson," "Konrad der Zweite" und "Willa" und Ernst Ziels biographisch¬
kritischer Einleitung in den Händen vieler "Genossen" befänden, die Wirkung
eine höchst eigentümliche sein mußte. Denn wenn anch Ziels Wort: "An der
Wiege des tapfern und genialen Mannes stand der Nationalismus, an seiner
Bahre der Sozialismus" vollkommen zutreffend ist und eine der merkwürdigsten
Entwicklungen zusammenfaßt, so stellt sich doch bald heraus, daß Dulks
Persönliche Entwicklung über seine poetische seltsam hinausgewachsen ist. Die
Aufrichtigkeit seiner letzten Überzeugungen darf nicht in Zweifel gezogen werden,
aber in seinen Dichtungen tritt nichts oder wenig von der Selbstentäußerung
und der Unterordnung unter die Allgemeinheit zu Tage, die das sozialdemo-
kratische Parteiprogramm voraussetzt und fordert. Von dem Opfer der Indivi¬
dualität, der Aufgebung des subjektiven Willens und Selbstgefühls, ja nur der



") Albert DulkS sämtliche Dramen, Erste Gesamtausgabe. Herausgegeben von
Ernst Ziel. Drei Bande. Stuttgart, I. H. W. Dich, ZM3-189S.
Albert sull

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f 8. usca'ü, la mort. Misu!


Albert Dult

er vor zwölf Jahren, am 29. Oktober 1884 zu Stuttgart ver¬
storbne Dichter und Agitator Albert Dult ist in dem letzten Jahr¬
zehnt seines Lebens und nach seinem Tode als eine der Sünleu
der deutschen Sozialdemokratin als begeisterter Apostel der Gleich¬
heit?'- und Gerechtigkeitsidee gefeiert worden. Ob ihm seine letzte
Parteistelluug auch das verschafft hat, was ihm sein ganzes Leben hin¬
durch fehlte: ein Publikum, ob die Gesamtausgabe der '„Dramen"") des
ostpreußischen Dichters unter den „Genossen," die zu vielen taufenden
seine Leiche zum Stuttgarter Bahnhof geleiteten und die später mit ihren
Scherflein Donndorfs Prachtbttste Dulks ermöglichten, Verbreitung gefunden
hat, wissen wir nicht. Aber gewiß ist, daß, wenn sich die drei stattlichen
Bünde mit den dramatischen Dichtungen „Orla," „Lea," „Jesus der Christ,"
„Simson," „Konrad der Zweite" und „Willa" und Ernst Ziels biographisch¬
kritischer Einleitung in den Händen vieler „Genossen" befänden, die Wirkung
eine höchst eigentümliche sein mußte. Denn wenn anch Ziels Wort: „An der
Wiege des tapfern und genialen Mannes stand der Nationalismus, an seiner
Bahre der Sozialismus" vollkommen zutreffend ist und eine der merkwürdigsten
Entwicklungen zusammenfaßt, so stellt sich doch bald heraus, daß Dulks
Persönliche Entwicklung über seine poetische seltsam hinausgewachsen ist. Die
Aufrichtigkeit seiner letzten Überzeugungen darf nicht in Zweifel gezogen werden,
aber in seinen Dichtungen tritt nichts oder wenig von der Selbstentäußerung
und der Unterordnung unter die Allgemeinheit zu Tage, die das sozialdemo-
kratische Parteiprogramm voraussetzt und fordert. Von dem Opfer der Indivi¬
dualität, der Aufgebung des subjektiven Willens und Selbstgefühls, ja nur der



«) Albert DulkS sämtliche Dramen, Erste Gesamtausgabe. Herausgegeben von
Ernst Ziel. Drei Bande. Stuttgart, I. H. W. Dich, ZM3-189S.
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[0621] Albert sull se sju'it g,äoro, ^äiou, iua oliöro, mon !uiug.dio amis; se of xl^is d, elisrir votrs souvsmr ^susmiau ctsrmsr momsut, a.ni psut-fers pour moi u'oft trox hivi^us. t?uisss 1<z (iiol von« comblsr äos moilleurs as öff bisntmts, se vous rsuärs aussi ^oureuss, a.us vous lo Mvrito^ x^r la ctoucour se tsutvs Iss vsrtus als votrs e^rÄL- törs. ^.äisu! Rheno un souxir tiMt wa taidlsWv. II taut xisuclis eouri^s, it 1s taut; ni^is Sö el'lülls hö ssrai Is Vütro f 8. usca'ü, la mort. Misu! Albert Dult er vor zwölf Jahren, am 29. Oktober 1884 zu Stuttgart ver¬ storbne Dichter und Agitator Albert Dult ist in dem letzten Jahr¬ zehnt seines Lebens und nach seinem Tode als eine der Sünleu der deutschen Sozialdemokratin als begeisterter Apostel der Gleich¬ heit?'- und Gerechtigkeitsidee gefeiert worden. Ob ihm seine letzte Parteistelluug auch das verschafft hat, was ihm sein ganzes Leben hin¬ durch fehlte: ein Publikum, ob die Gesamtausgabe der '„Dramen"") des ostpreußischen Dichters unter den „Genossen," die zu vielen taufenden seine Leiche zum Stuttgarter Bahnhof geleiteten und die später mit ihren Scherflein Donndorfs Prachtbttste Dulks ermöglichten, Verbreitung gefunden hat, wissen wir nicht. Aber gewiß ist, daß, wenn sich die drei stattlichen Bünde mit den dramatischen Dichtungen „Orla," „Lea," „Jesus der Christ," „Simson," „Konrad der Zweite" und „Willa" und Ernst Ziels biographisch¬ kritischer Einleitung in den Händen vieler „Genossen" befänden, die Wirkung eine höchst eigentümliche sein mußte. Denn wenn anch Ziels Wort: „An der Wiege des tapfern und genialen Mannes stand der Nationalismus, an seiner Bahre der Sozialismus" vollkommen zutreffend ist und eine der merkwürdigsten Entwicklungen zusammenfaßt, so stellt sich doch bald heraus, daß Dulks Persönliche Entwicklung über seine poetische seltsam hinausgewachsen ist. Die Aufrichtigkeit seiner letzten Überzeugungen darf nicht in Zweifel gezogen werden, aber in seinen Dichtungen tritt nichts oder wenig von der Selbstentäußerung und der Unterordnung unter die Allgemeinheit zu Tage, die das sozialdemo- kratische Parteiprogramm voraussetzt und fordert. Von dem Opfer der Indivi¬ dualität, der Aufgebung des subjektiven Willens und Selbstgefühls, ja nur der «) Albert DulkS sämtliche Dramen, Erste Gesamtausgabe. Herausgegeben von Ernst Ziel. Drei Bande. Stuttgart, I. H. W. Dich, ZM3-189S.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222941/621>, abgerufen am 21.11.2024.