Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.von unten nach oben Im Jahre 1837 hat der Verein für Sozialpolitik einen Band Gutachten Von unten nach oben er Mittelstand hat keine Ahnen, und sogar in unsern bessern In den meisten Füllen, wo so die Muse der Geschichte von den An¬ von unten nach oben Im Jahre 1837 hat der Verein für Sozialpolitik einen Band Gutachten Von unten nach oben er Mittelstand hat keine Ahnen, und sogar in unsern bessern In den meisten Füllen, wo so die Muse der Geschichte von den An¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/222808"/> <fw type="header" place="top"> von unten nach oben</fw><lb/> <p xml:id="ID_1441"> Im Jahre 1837 hat der Verein für Sozialpolitik einen Band Gutachten<lb/> und Berichte über die Vorbildung zum höhern Verwaltungsdienst in den<lb/> deutschen Staaten, Österreich und Frankreich veröffentlicht. Der ganze Band,<lb/> wie die ganze sonstige die Frage behandelnde Litteratur liefert anerkanntermaßen<lb/> den Beweis, daß Preußen weit zurückgeblieben ist in der Vorbildung seiner<lb/> Verwaltungsbeamten hinter allen den Staaten, denen Friedrich Wilhelm I.<lb/> weit voran ging. Trotzdem hat die preußische Negierung, aber vor allem der<lb/> preußische Landtag, sich bis heute uicht zu dem Entschluß einer durchgreifenden<lb/> Reform aufzuraffen vermocht. Die Zeiten sind zu ernst, und Preußens Be¬<lb/> deutung im Reich ist zu groß, als daß damit nicht ein schwerer Vorwurf<lb/><note type="byline"> G. B.</note> ausgesprochen wäre. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Von unten nach oben</head><lb/> <p xml:id="ID_1442"> er Mittelstand hat keine Ahnen, und sogar in unsern bessern<lb/> bürgerlichen Familien weiß man oft über den Großvater hinaus<lb/> nichts rechtes mehr aus der Geschichte des Hauses zu berichten.<lb/> Manchmal geht die Kunde, wenn auch bloß in allgemeinen Zügen,<lb/> etwas hoher hinauf, und nur verhältnismäßig selten und nament¬<lb/> lich in städtischen Geschlechtern oder in solchen, von denen ein Zweig in der¬<lb/> selben Stadt wohnhaft geblieben ist, trifft man auf eine gepflegte urkundliche<lb/> Überlieferung, die dann auch wohl einige Jahrhunderte umfaßt. In der größern<lb/> Zahl der bürgerlichen Familien, bei solchen, die nicht das Glück haben, auf<lb/> eine lange und beglaubigte Geschichte zurückzusehen, also da, wo die wirkliche<lb/> Wissenschaft mit dem Großvater aufhört, setzt sich sehr häufig die Familien¬<lb/> überlieferung noch in der Art fort, daß sie von einem oder auch von zwei<lb/> Vorfahren des Großvaters noch etwas weiteres zu wissen vorgiebt über Be¬<lb/> schäftigung oder Herkunft, was aber bei dem ältesten, also dem ersten Ahn¬<lb/> herrn seines Geschlechts, gewöhnlich schon recht dunkel lautet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1443" next="#ID_1444"> In den meisten Füllen, wo so die Muse der Geschichte von den An¬<lb/> fängen einer bürgerlichen Familie zu berichten weiß, macht sie es umgekehrt<lb/> wie ihre Schwestern im Märchen oder in der antiken Sage. Im Märchen<lb/> stammen bekanntlich geringe Menschenkinder manchmal von Königen ab, in der<lb/> Heldensage leiten die Menschen bisweilen ihr Geschlecht von Göttern her. In<lb/> unsern bürgerlichen Familien dagegen ist der Großvater oft geringer in Stand</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
von unten nach oben
Im Jahre 1837 hat der Verein für Sozialpolitik einen Band Gutachten
und Berichte über die Vorbildung zum höhern Verwaltungsdienst in den
deutschen Staaten, Österreich und Frankreich veröffentlicht. Der ganze Band,
wie die ganze sonstige die Frage behandelnde Litteratur liefert anerkanntermaßen
den Beweis, daß Preußen weit zurückgeblieben ist in der Vorbildung seiner
Verwaltungsbeamten hinter allen den Staaten, denen Friedrich Wilhelm I.
weit voran ging. Trotzdem hat die preußische Negierung, aber vor allem der
preußische Landtag, sich bis heute uicht zu dem Entschluß einer durchgreifenden
Reform aufzuraffen vermocht. Die Zeiten sind zu ernst, und Preußens Be¬
deutung im Reich ist zu groß, als daß damit nicht ein schwerer Vorwurf
G. B. ausgesprochen wäre.
Von unten nach oben
er Mittelstand hat keine Ahnen, und sogar in unsern bessern
bürgerlichen Familien weiß man oft über den Großvater hinaus
nichts rechtes mehr aus der Geschichte des Hauses zu berichten.
Manchmal geht die Kunde, wenn auch bloß in allgemeinen Zügen,
etwas hoher hinauf, und nur verhältnismäßig selten und nament¬
lich in städtischen Geschlechtern oder in solchen, von denen ein Zweig in der¬
selben Stadt wohnhaft geblieben ist, trifft man auf eine gepflegte urkundliche
Überlieferung, die dann auch wohl einige Jahrhunderte umfaßt. In der größern
Zahl der bürgerlichen Familien, bei solchen, die nicht das Glück haben, auf
eine lange und beglaubigte Geschichte zurückzusehen, also da, wo die wirkliche
Wissenschaft mit dem Großvater aufhört, setzt sich sehr häufig die Familien¬
überlieferung noch in der Art fort, daß sie von einem oder auch von zwei
Vorfahren des Großvaters noch etwas weiteres zu wissen vorgiebt über Be¬
schäftigung oder Herkunft, was aber bei dem ältesten, also dem ersten Ahn¬
herrn seines Geschlechts, gewöhnlich schon recht dunkel lautet.
In den meisten Füllen, wo so die Muse der Geschichte von den An¬
fängen einer bürgerlichen Familie zu berichten weiß, macht sie es umgekehrt
wie ihre Schwestern im Märchen oder in der antiken Sage. Im Märchen
stammen bekanntlich geringe Menschenkinder manchmal von Königen ab, in der
Heldensage leiten die Menschen bisweilen ihr Geschlecht von Göttern her. In
unsern bürgerlichen Familien dagegen ist der Großvater oft geringer in Stand
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