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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.

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Und hier in Bonn? Nun unser Oberbürgermeister, der auch Mitglied
unsers Vereins ist, sowie der Bürgermeister von Poppelsdorf haben die Be¬
rücksichtigung unsrer Wünsche zugesagt, und es scheint in der That, daß die zuletzt
angebrachten Schilder wirklich jetzt die richtige Schreibung führen. Vergebens habe
ich leider den Herausgeber unsers "Adreßbuches" zu bewegen gesucht, die richtige
Schreibung einzuführen; nur bei den wenigen Namen mit Eigenschaftswörtern
(z. B. Koblenzer Straße) sollte er die Trennung stattfinden lassen, er behauptete
aber, das nehme zu viel Platz weg, auch störe es z. B. in der Liste das ein¬
heitliche Bild! Als ob das nicht auch "gestört" würde durch die stets auch
von ihm getrennt gedruckten Namen: Endenicher Allee, Poppelsdorfer Allee,
Kölner Chaussee usw. Hoffentlich druckt er nicht künftig der Einheitlichkeit
des Bildes zuliebe auch Endenichercillee usw.; er ist sonst ein eifriges Mitglied
unsers Vereins.

Der Leser verzeihe, wenn ich zuweilen etwas abgeschweift bin von meinem
eigentlichen Gegenstande; Gelegenheit dazu war nur zu häufig gegeben. Den
dankenswerten Stoff habe ich aber trotzdem nicht ganz verwerten können;
einige andre Dinge, die mit der Frage zusammenhängen, werde ich gelegentlich
an andrer Stelle besprechen.




Die Homerische Frage
L. Rothe von(in
(Fortsetzung)

rima kümmert sich um alle Bedenken, die gegen die Einheit der
Gedichte vorgebracht worden sind, ebensowenig wie Knötel, er
betrachtet Ilias und Odyssee als das, als was sie überliefert
sind, als einheitliche Werke und sucht nun dem schaffenden
Genius nachzugehen und so ein Verständnis für die Handlung
und die Charaktere zu gewinnen. Vergleiche mit den Schöpfungen andrer
großen Dichter, namentlich Dantes, Shakespeares und Goethes, ja selbst großer
Künstler, wie Raphael, dienen dazu, die Kunst Homers anschaulich zu machen
und sie richtiger würdigen zu lernen. Es ist begreiflich, daß seine Urteile
häufig zum Widerspruch herausfordern, und daß auch sonst neben großen


Und hier in Bonn? Nun unser Oberbürgermeister, der auch Mitglied
unsers Vereins ist, sowie der Bürgermeister von Poppelsdorf haben die Be¬
rücksichtigung unsrer Wünsche zugesagt, und es scheint in der That, daß die zuletzt
angebrachten Schilder wirklich jetzt die richtige Schreibung führen. Vergebens habe
ich leider den Herausgeber unsers „Adreßbuches" zu bewegen gesucht, die richtige
Schreibung einzuführen; nur bei den wenigen Namen mit Eigenschaftswörtern
(z. B. Koblenzer Straße) sollte er die Trennung stattfinden lassen, er behauptete
aber, das nehme zu viel Platz weg, auch störe es z. B. in der Liste das ein¬
heitliche Bild! Als ob das nicht auch „gestört" würde durch die stets auch
von ihm getrennt gedruckten Namen: Endenicher Allee, Poppelsdorfer Allee,
Kölner Chaussee usw. Hoffentlich druckt er nicht künftig der Einheitlichkeit
des Bildes zuliebe auch Endenichercillee usw.; er ist sonst ein eifriges Mitglied
unsers Vereins.

Der Leser verzeihe, wenn ich zuweilen etwas abgeschweift bin von meinem
eigentlichen Gegenstande; Gelegenheit dazu war nur zu häufig gegeben. Den
dankenswerten Stoff habe ich aber trotzdem nicht ganz verwerten können;
einige andre Dinge, die mit der Frage zusammenhängen, werde ich gelegentlich
an andrer Stelle besprechen.




Die Homerische Frage
L. Rothe von(in
(Fortsetzung)

rima kümmert sich um alle Bedenken, die gegen die Einheit der
Gedichte vorgebracht worden sind, ebensowenig wie Knötel, er
betrachtet Ilias und Odyssee als das, als was sie überliefert
sind, als einheitliche Werke und sucht nun dem schaffenden
Genius nachzugehen und so ein Verständnis für die Handlung
und die Charaktere zu gewinnen. Vergleiche mit den Schöpfungen andrer
großen Dichter, namentlich Dantes, Shakespeares und Goethes, ja selbst großer
Künstler, wie Raphael, dienen dazu, die Kunst Homers anschaulich zu machen
und sie richtiger würdigen zu lernen. Es ist begreiflich, daß seine Urteile
häufig zum Widerspruch herausfordern, und daß auch sonst neben großen


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[0430] Und hier in Bonn? Nun unser Oberbürgermeister, der auch Mitglied unsers Vereins ist, sowie der Bürgermeister von Poppelsdorf haben die Be¬ rücksichtigung unsrer Wünsche zugesagt, und es scheint in der That, daß die zuletzt angebrachten Schilder wirklich jetzt die richtige Schreibung führen. Vergebens habe ich leider den Herausgeber unsers „Adreßbuches" zu bewegen gesucht, die richtige Schreibung einzuführen; nur bei den wenigen Namen mit Eigenschaftswörtern (z. B. Koblenzer Straße) sollte er die Trennung stattfinden lassen, er behauptete aber, das nehme zu viel Platz weg, auch störe es z. B. in der Liste das ein¬ heitliche Bild! Als ob das nicht auch „gestört" würde durch die stets auch von ihm getrennt gedruckten Namen: Endenicher Allee, Poppelsdorfer Allee, Kölner Chaussee usw. Hoffentlich druckt er nicht künftig der Einheitlichkeit des Bildes zuliebe auch Endenichercillee usw.; er ist sonst ein eifriges Mitglied unsers Vereins. Der Leser verzeihe, wenn ich zuweilen etwas abgeschweift bin von meinem eigentlichen Gegenstande; Gelegenheit dazu war nur zu häufig gegeben. Den dankenswerten Stoff habe ich aber trotzdem nicht ganz verwerten können; einige andre Dinge, die mit der Frage zusammenhängen, werde ich gelegentlich an andrer Stelle besprechen. Die Homerische Frage L. Rothe von(in (Fortsetzung) rima kümmert sich um alle Bedenken, die gegen die Einheit der Gedichte vorgebracht worden sind, ebensowenig wie Knötel, er betrachtet Ilias und Odyssee als das, als was sie überliefert sind, als einheitliche Werke und sucht nun dem schaffenden Genius nachzugehen und so ein Verständnis für die Handlung und die Charaktere zu gewinnen. Vergleiche mit den Schöpfungen andrer großen Dichter, namentlich Dantes, Shakespeares und Goethes, ja selbst großer Künstler, wie Raphael, dienen dazu, die Kunst Homers anschaulich zu machen und sie richtiger würdigen zu lernen. Es ist begreiflich, daß seine Urteile häufig zum Widerspruch herausfordern, und daß auch sonst neben großen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_221645/430>, abgerufen am 01.09.2024.