Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Erstes Vierteljahr.Die Kunst Theodor Duimchen Erzählung von (Fortsetzung) anrile hatte viel Beziehungen gehabt, aber niemand hörte etwas Aber Erika von Haltern hatte aus der ganzen Nachricht nur eins heraus¬ Seitdem waren schon zwei Jahre vergangen, sie war inzwischen acht¬ Onkel Moller hatte aber besondre Pläne mit Erika. Daß ihr zukünftiger Die Kunst Theodor Duimchen Erzählung von (Fortsetzung) anrile hatte viel Beziehungen gehabt, aber niemand hörte etwas Aber Erika von Haltern hatte aus der ganzen Nachricht nur eins heraus¬ Seitdem waren schon zwei Jahre vergangen, sie war inzwischen acht¬ Onkel Moller hatte aber besondre Pläne mit Erika. Daß ihr zukünftiger <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0202" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221848"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341863_221645/figures/grenzboten_341863_221645_221848_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Kunst <note type="byline"> Theodor Duimchen </note> Erzählung von (Fortsetzung)</head><lb/> <p xml:id="ID_603"> anrile hatte viel Beziehungen gehabt, aber niemand hörte etwas<lb/> von ihm. Nach Jahr und Tag berichtete nur ein Freund der<lb/> Mollerschcn Familie, der mit seiner Frau aus einer Sommertour<lb/> nach der sächsischen Schweiz durch Dresden gekommen war, daß<lb/> ihnen dicht an der Blcisewitzer Straße vom Wagen aus einige<lb/> Steinmetzwerkstütten aufgefallen wären, und in einer von ihnen<lb/> hätte zwischen Marmorplatten, Grabtafeln und.Grabkreuzen in langem grauem<lb/> Kittel Vaurile gestanden, im Gespräch mit einem andern Herrn im Rock, der<lb/> dem Anschein nach der Besitzer gewesen sei und ihm Anweisungen gegeben<lb/> habe. Herr Möller hatte es zu Hause erzählt, schon weil er glaubte, daß es<lb/> seiner Nichte bekömmlich wäre. Also Steiumetzgesell! das ist nun das Ende<lb/> des großen Mannes. Aber es ist kein Wunder, er war ebensowenig ein wirk¬<lb/> licher Künstler wie er ein ordentlicher Geschäftsmann war, er war von beiden<lb/> etwas, aber nichts ordentliches.</p><lb/> <p xml:id="ID_604"> Aber Erika von Haltern hatte aus der ganzen Nachricht nur eins heraus¬<lb/> gehört: er arbeitete. Sie sollten schon noch staunen über das, was er konnte.<lb/> Auch sie hatte nie eine Nachricht von ihm erhalten, und doch wußte sie, so<lb/> sicher wie daß sie lebe, daß er arbeiten und Erfolg haben würde, und daß er<lb/> kommen würde, sie zu holen, wenn er wieder fest stünde im Leben. Sie hatte<lb/> auch nie Sorge, daß das am Ende nicht zeitig genug geschehen würde. Sie<lb/> konnte warten, und sie wartete ruhigen Herzens.</p><lb/> <p xml:id="ID_605"> Seitdem waren schon zwei Jahre vergangen, sie war inzwischen acht¬<lb/> zehn Jahre alt geworden. Sie wurde viel umworben. Da ihr Vormund<lb/> kinderlos war, so war sie die einzige Erbin des großen Vermögens. Es war<lb/> zwar zu erwarten, daß Moller einige große Legate aussetzen würde, um durch<lb/> eine Mollerstiftung oder ein Mollersches Krankenhaus oder etwas ähnliches<lb/> den Klang seines Namens auch bei den nachwachsenden Enkelgeschlechtern zu<lb/> erhalten; dennoch blieb die schöne Erika von Haltern eine der allerbesten Partien.<lb/> Die Söhne der ersten Familien lenkten ihre Blicke auf sie, und die Väter waren<lb/> durchaus damit einverstanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_606" next="#ID_607"> Onkel Moller hatte aber besondre Pläne mit Erika. Daß ihr zukünftiger<lb/> Gatte reich sein mußte, sehr reich, außerordentlich reich, war selbstverständlich;</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0202]
[Abbildung]
Die Kunst Theodor Duimchen Erzählung von (Fortsetzung)
anrile hatte viel Beziehungen gehabt, aber niemand hörte etwas
von ihm. Nach Jahr und Tag berichtete nur ein Freund der
Mollerschcn Familie, der mit seiner Frau aus einer Sommertour
nach der sächsischen Schweiz durch Dresden gekommen war, daß
ihnen dicht an der Blcisewitzer Straße vom Wagen aus einige
Steinmetzwerkstütten aufgefallen wären, und in einer von ihnen
hätte zwischen Marmorplatten, Grabtafeln und.Grabkreuzen in langem grauem
Kittel Vaurile gestanden, im Gespräch mit einem andern Herrn im Rock, der
dem Anschein nach der Besitzer gewesen sei und ihm Anweisungen gegeben
habe. Herr Möller hatte es zu Hause erzählt, schon weil er glaubte, daß es
seiner Nichte bekömmlich wäre. Also Steiumetzgesell! das ist nun das Ende
des großen Mannes. Aber es ist kein Wunder, er war ebensowenig ein wirk¬
licher Künstler wie er ein ordentlicher Geschäftsmann war, er war von beiden
etwas, aber nichts ordentliches.
Aber Erika von Haltern hatte aus der ganzen Nachricht nur eins heraus¬
gehört: er arbeitete. Sie sollten schon noch staunen über das, was er konnte.
Auch sie hatte nie eine Nachricht von ihm erhalten, und doch wußte sie, so
sicher wie daß sie lebe, daß er arbeiten und Erfolg haben würde, und daß er
kommen würde, sie zu holen, wenn er wieder fest stünde im Leben. Sie hatte
auch nie Sorge, daß das am Ende nicht zeitig genug geschehen würde. Sie
konnte warten, und sie wartete ruhigen Herzens.
Seitdem waren schon zwei Jahre vergangen, sie war inzwischen acht¬
zehn Jahre alt geworden. Sie wurde viel umworben. Da ihr Vormund
kinderlos war, so war sie die einzige Erbin des großen Vermögens. Es war
zwar zu erwarten, daß Moller einige große Legate aussetzen würde, um durch
eine Mollerstiftung oder ein Mollersches Krankenhaus oder etwas ähnliches
den Klang seines Namens auch bei den nachwachsenden Enkelgeschlechtern zu
erhalten; dennoch blieb die schöne Erika von Haltern eine der allerbesten Partien.
Die Söhne der ersten Familien lenkten ihre Blicke auf sie, und die Väter waren
durchaus damit einverstanden.
Onkel Moller hatte aber besondre Pläne mit Erika. Daß ihr zukünftiger
Gatte reich sein mußte, sehr reich, außerordentlich reich, war selbstverständlich;
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