Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.Der erste Beste diese Zwei- oder Mehrseitigkeit oder Relativität alles Seienden bildet ja wohl (Fortsetzung folgt) Der erste Beste Gelo Verdeck Erzählung von (Fortsetzung) 6 raußen, als sie an der jetzt halboffnen Thür ihres hergezauberten Er that aber nicht, als hätte er ihren Blick ins Zimmer hinein gesehen. Hier hinauf, sagte er ruhig, den Arm beugend, damit sie sich besser an Mamselling, rief Fritz von den ersten paar Stufen zurück, bitte schicken Das ist ja nicht nötig, sagte Margarete, was hab ich denn viel auszu¬ Laß nur; du kannst sie wegschicken, wenn du sie nicht mehr brauchst. Im obern Stock, dessen geräumiger Mittelflur dem zu ebner Erde ent¬ Fritz blieb auf der Schwelle stehen. So. Gute Nacht, Gretchen, sagte er freundlich. Ruh dich recht aus. Margarete sah ihn verlegen an. Er war wieder ganz der gleichmütig Der erste Beste diese Zwei- oder Mehrseitigkeit oder Relativität alles Seienden bildet ja wohl (Fortsetzung folgt) Der erste Beste Gelo Verdeck Erzählung von (Fortsetzung) 6 raußen, als sie an der jetzt halboffnen Thür ihres hergezauberten Er that aber nicht, als hätte er ihren Blick ins Zimmer hinein gesehen. Hier hinauf, sagte er ruhig, den Arm beugend, damit sie sich besser an Mamselling, rief Fritz von den ersten paar Stufen zurück, bitte schicken Das ist ja nicht nötig, sagte Margarete, was hab ich denn viel auszu¬ Laß nur; du kannst sie wegschicken, wenn du sie nicht mehr brauchst. Im obern Stock, dessen geräumiger Mittelflur dem zu ebner Erde ent¬ Fritz blieb auf der Schwelle stehen. So. Gute Nacht, Gretchen, sagte er freundlich. Ruh dich recht aus. Margarete sah ihn verlegen an. Er war wieder ganz der gleichmütig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220158"/> <fw type="header" place="top"> Der erste Beste</fw><lb/> <p xml:id="ID_1880" prev="#ID_1879"> diese Zwei- oder Mehrseitigkeit oder Relativität alles Seienden bildet ja wohl<lb/> das Wesentliche der heutigen Weltanschauung im Unterschiede von der der<lb/> frühern mehr dogmatischen Zeiten. Leider muß ich bekennen, daß Bär den<lb/> schönen Grundsatz von der allgemeinen Zweiseitigkeit nur einseitig anwendete.<lb/> Wenn geschimpft wurde, hütete er sich wohl, an die Lichtseite des getadelten<lb/> Gegenstandes zu erinnern, und namentlich vom geistlichen Amte, wie man in<lb/> der Diözese Breslau das Generalvikariatamt nennt, würde er niemals zugegeben<lb/> haben, daß es mehr als eine Seite, die verabscheuungswürdige, habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1881"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der erste Beste<lb/><note type="byline"> Gelo Verdeck</note> Erzählung von<lb/> (Fortsetzung)</head><lb/> <div n="2"> <head> 6</head><lb/> <p xml:id="ID_1882"> raußen, als sie an der jetzt halboffnen Thür ihres hergezauberten<lb/> Stübchens vorbeikamen — Mamselling löschte drinnen die Lampen<lb/> aus —, ging wieder eine weiche, warme Welle über Margaretens<lb/> Herz.<lb/> Das war doch sehr gut von ihm, dachte sie und schob leise<lb/> ihre Hand unter seinen Arm.</p><lb/> <p xml:id="ID_1883"> Er that aber nicht, als hätte er ihren Blick ins Zimmer hinein gesehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1884"> Hier hinauf, sagte er ruhig, den Arm beugend, damit sie sich besser an<lb/> ihm anhalten könnte. Gleich neben der Thür ging die in dem breiten<lb/> Flur freiliegende Holztreppe in die Höhe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1885"> Mamselling, rief Fritz von den ersten paar Stufen zurück, bitte schicken<lb/> Sie doch die Liese herauf, daß sie meiner Frau ein bischen beim Aus¬<lb/> packen hilft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1886"> Das ist ja nicht nötig, sagte Margarete, was hab ich denn viel auszu¬<lb/> packen heute Abend?</p><lb/> <p xml:id="ID_1887"> Laß nur; du kannst sie wegschicken, wenn du sie nicht mehr brauchst.</p><lb/> <p xml:id="ID_1888"> Im obern Stock, dessen geräumiger Mittelflur dem zu ebner Erde ent¬<lb/> sprach, öffnete er die Thür zu der über dem Speisezimmer gelegnen Stube.<lb/> Zwei Wandleuchter zu beiden Seiten des großen Spiegels und eine Lampe<lb/> auf der Kommode erleuchteten das hellfarbige, luftige Gemach.</p><lb/> <p xml:id="ID_1889"> Fritz blieb auf der Schwelle stehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1890"> So. Gute Nacht, Gretchen, sagte er freundlich. Ruh dich recht aus.<lb/> Auf Wiedersehen beim Frühstück. Laß dir was schönes träumen diese erste<lb/> Nacht unter deinem Dache.</p><lb/> <p xml:id="ID_1891" next="#ID_1892"> Margarete sah ihn verlegen an. Er war wieder ganz der gleichmütig</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0482]
Der erste Beste
diese Zwei- oder Mehrseitigkeit oder Relativität alles Seienden bildet ja wohl
das Wesentliche der heutigen Weltanschauung im Unterschiede von der der
frühern mehr dogmatischen Zeiten. Leider muß ich bekennen, daß Bär den
schönen Grundsatz von der allgemeinen Zweiseitigkeit nur einseitig anwendete.
Wenn geschimpft wurde, hütete er sich wohl, an die Lichtseite des getadelten
Gegenstandes zu erinnern, und namentlich vom geistlichen Amte, wie man in
der Diözese Breslau das Generalvikariatamt nennt, würde er niemals zugegeben
haben, daß es mehr als eine Seite, die verabscheuungswürdige, habe.
(Fortsetzung folgt)
Der erste Beste
Gelo Verdeck Erzählung von
(Fortsetzung)
6
raußen, als sie an der jetzt halboffnen Thür ihres hergezauberten
Stübchens vorbeikamen — Mamselling löschte drinnen die Lampen
aus —, ging wieder eine weiche, warme Welle über Margaretens
Herz.
Das war doch sehr gut von ihm, dachte sie und schob leise
ihre Hand unter seinen Arm.
Er that aber nicht, als hätte er ihren Blick ins Zimmer hinein gesehen.
Hier hinauf, sagte er ruhig, den Arm beugend, damit sie sich besser an
ihm anhalten könnte. Gleich neben der Thür ging die in dem breiten
Flur freiliegende Holztreppe in die Höhe.
Mamselling, rief Fritz von den ersten paar Stufen zurück, bitte schicken
Sie doch die Liese herauf, daß sie meiner Frau ein bischen beim Aus¬
packen hilft.
Das ist ja nicht nötig, sagte Margarete, was hab ich denn viel auszu¬
packen heute Abend?
Laß nur; du kannst sie wegschicken, wenn du sie nicht mehr brauchst.
Im obern Stock, dessen geräumiger Mittelflur dem zu ebner Erde ent¬
sprach, öffnete er die Thür zu der über dem Speisezimmer gelegnen Stube.
Zwei Wandleuchter zu beiden Seiten des großen Spiegels und eine Lampe
auf der Kommode erleuchteten das hellfarbige, luftige Gemach.
Fritz blieb auf der Schwelle stehen.
So. Gute Nacht, Gretchen, sagte er freundlich. Ruh dich recht aus.
Auf Wiedersehen beim Frühstück. Laß dir was schönes träumen diese erste
Nacht unter deinem Dache.
Margarete sah ihn verlegen an. Er war wieder ganz der gleichmütig
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