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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

und die Aufnahme der beiden Staatsschriften in die Sammlung erscheint um so
gerechtfertigter, je weniger Mitteilungen an die Landesvertretungen über den Augen¬
blick hinaus im Gedächtnisse zu bleiben pflegen. Dann geben die Prozesse gegen
die Feiner 1368 den Anlaß zu einer sehr gründlichen Studie über "die englische
Rede-- und Preßfreiheit," von der man sich in Deutschland die verkehrtesten Be¬
griffe machte und zum Teil noch macht.

Nun folgt eine größere Pause. Der sogenannte Kulturkampf nahm, wie all¬
gemein behauptet wurde, die ganze Kraft des unermüdlich thätigen Mannes amt¬
lich in Anspruch. Desto zahlreichere Beiträge bringt die Sammlung ans den
achtziger Jahren. Leser der Grenzboten werden darunter alte Bekannte wieder¬
finden, andre Aufsätze sind, anonym wie jene, in der Deutschen Revue erschienen.
Englische Zustände, denen Bücher nach wie vor die größte Aufmerksamkeit widmete,
bilden das Hauptthemn, aber wie es in seiner Art lag, behandelt er sie nicht aka¬
demisch, sondern stets in Beziehung auf Deutschland, sei es wegen der Analogie,
sei es um Klarheit zu schaffen darüber, wessen sich Deutschland von England zu
versehen habe. Nirgends speist er den Leser mit allgemeinem Räsonnement ab,
sondern geht als Jurist und Historiker streng nach den Akten zu Werte. Die
Enthüllung der Ziele des Cvbdeuklubs, der in Deutschland so viele Verehrer
zählte, ist ein unvergängliches Verdienst Buchers, und wer nach dem Lesen von
,,Stammverwandtschaft und Waffenbrüderschaft mit England" den ans dem vorigen
Jahrhundert stammenden Vorstellungen von der Hochherzigkeit der britischen Politik
noch nicht zu entsagen vermag, dem ist nicht zu helfen. Im strengsten Sinne von
aktuellen Interesse ist vollends das Bild Gladstones, da dieser soeben aufs hart¬
näckigste bemüht ist, zu beweise", daß der von Bucher ihm beigelegte Name,,Minderer
des Reichs" wohlverdient ist. Die Entstehung der für andre Länder so lehr¬
reichen Chnrtiflenbewegung dürfte kaum irgendwo so gründlich dargestellt worden
sein, wie in dem Aufsatze, der dem Agitator John Cartwright und seinen Ge¬
sinnungsgenossen gewidmet ist.

Es läge nahe, aus manchen dieser Arbeiten Proben auszuheben, die den
stnatsmiinnischen Scharf- und Weitblick des Verfassers bezeugen würden. Aber
solche Auszüge verleiten, gerade wenn sie sorgfältig gewählt sind, den Leser leicht
zu dem Glauben, er kenne nnn das Buch gut genug und sei der Mühe des Lesens
überhoben, und solchen Aberglaube" möchten wir nicht verschulden.




Zur Beachtung
Mit dem nächsten Heste beginnt diese Zeitschrift das
Vierteljahr ihres 32. Jahrganges. Sie ist durch alle Buch-
Handlungen und Vostanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen. Preis sür das Vierteljahr 9 Mark. Wir bitten, die
Bestellung schleunig zu erneuern.
Leipzig, im Juni 1893Die Verlagshandlung




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig
Äerlag von Fr. Will), Grunvw in Leipzig - Druck von Carl Marqunrt in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

und die Aufnahme der beiden Staatsschriften in die Sammlung erscheint um so
gerechtfertigter, je weniger Mitteilungen an die Landesvertretungen über den Augen¬
blick hinaus im Gedächtnisse zu bleiben pflegen. Dann geben die Prozesse gegen
die Feiner 1368 den Anlaß zu einer sehr gründlichen Studie über „die englische
Rede-- und Preßfreiheit," von der man sich in Deutschland die verkehrtesten Be¬
griffe machte und zum Teil noch macht.

Nun folgt eine größere Pause. Der sogenannte Kulturkampf nahm, wie all¬
gemein behauptet wurde, die ganze Kraft des unermüdlich thätigen Mannes amt¬
lich in Anspruch. Desto zahlreichere Beiträge bringt die Sammlung ans den
achtziger Jahren. Leser der Grenzboten werden darunter alte Bekannte wieder¬
finden, andre Aufsätze sind, anonym wie jene, in der Deutschen Revue erschienen.
Englische Zustände, denen Bücher nach wie vor die größte Aufmerksamkeit widmete,
bilden das Hauptthemn, aber wie es in seiner Art lag, behandelt er sie nicht aka¬
demisch, sondern stets in Beziehung auf Deutschland, sei es wegen der Analogie,
sei es um Klarheit zu schaffen darüber, wessen sich Deutschland von England zu
versehen habe. Nirgends speist er den Leser mit allgemeinem Räsonnement ab,
sondern geht als Jurist und Historiker streng nach den Akten zu Werte. Die
Enthüllung der Ziele des Cvbdeuklubs, der in Deutschland so viele Verehrer
zählte, ist ein unvergängliches Verdienst Buchers, und wer nach dem Lesen von
,,Stammverwandtschaft und Waffenbrüderschaft mit England" den ans dem vorigen
Jahrhundert stammenden Vorstellungen von der Hochherzigkeit der britischen Politik
noch nicht zu entsagen vermag, dem ist nicht zu helfen. Im strengsten Sinne von
aktuellen Interesse ist vollends das Bild Gladstones, da dieser soeben aufs hart¬
näckigste bemüht ist, zu beweise», daß der von Bucher ihm beigelegte Name,,Minderer
des Reichs" wohlverdient ist. Die Entstehung der für andre Länder so lehr¬
reichen Chnrtiflenbewegung dürfte kaum irgendwo so gründlich dargestellt worden
sein, wie in dem Aufsatze, der dem Agitator John Cartwright und seinen Ge¬
sinnungsgenossen gewidmet ist.

Es läge nahe, aus manchen dieser Arbeiten Proben auszuheben, die den
stnatsmiinnischen Scharf- und Weitblick des Verfassers bezeugen würden. Aber
solche Auszüge verleiten, gerade wenn sie sorgfältig gewählt sind, den Leser leicht
zu dem Glauben, er kenne nnn das Buch gut genug und sei der Mühe des Lesens
überhoben, und solchen Aberglaube» möchten wir nicht verschulden.




Zur Beachtung
Mit dem nächsten Heste beginnt diese Zeitschrift das
Vierteljahr ihres 32. Jahrganges. Sie ist durch alle Buch-
Handlungen und Vostanstalten des In- und Auslandes zu
beziehen. Preis sür das Vierteljahr 9 Mark. Wir bitten, die
Bestellung schleunig zu erneuern.
Leipzig, im Juni 1893Die Verlagshandlung




Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig
Äerlag von Fr. Will), Grunvw in Leipzig - Druck von Carl Marqunrt in Leipzig
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/629>, abgerufen am 29.06.2024.