Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Deutsche Handelskammern im Auslande

el dein immer heftiger werdenden wirtschaftlichen Konkurrenz¬
kampf der Nationen, bei dem natürlichen Streben, auch den
kleinsten Vorteil für die eigne Handelsbilanz andern Ländern
gegenüber aufzuspüren und auszunutzen, muß es auf fallen,
daß sich die deutschen Industriellen nicht entschließen können,
für die Befestigung und weitere Ausdehnung ihrer ausländischen Handels¬
beziehungen dieselben Wege einzuschlagen, denen England und Frankreich noch
vielfach ihr Übergewicht im Handel verdanken. Deutschland hat noch immer
keine tüchtige und zuverlässige Vertretung seiner Handelsinteressen im Auslande
an Ort und Stelle.

Nachdem zuerst England den Gedanken, die Industrie des Mutterlandes
durch geeignete ständige Selbstverwaltungsorgane im Auslande zu fördern,
durch die Errichtung einer britischen Handelskammer in Paris verwirklicht
hatte, folgten diesem Beispiel bald Frankreich, Belgien, Italien und Österreich
nach, und auch Griechenland erkannte die Wichtigkeit der Sache, indem es hei¬
mische Handelskammern in Konstantinopel, Smhrna und Alexandria schuf.

Daß Deutschland in der Errichtung solcher Institute bisher zurückgeblieben
ist, lag nicht zum wenigsten an der Unlust, die der deutsche Handelstag in
seiner 16. Sitzung in Berlin dieser Frage gegenüber gezeigt hat, obwohl von
berufenster Seite Fürsprecher der guten Sache erstanden und die "Handels¬
kammer zu Mannheim" wie das "Ältestenkollegium zu Magdeburg" in
größern Denkschriften die für die deutschen Handelsinteressen nur vorteilhaften
Wirkungen darlegten.

Man ist nach dein kleinlichen Ergebnis, das diese Handelstagssitzung ge¬
habt hat, von der Verfolgung des Gedankens mehr und mehr abgekommen.
Dennoch wird man ihn heute bei den immer inniger werdenden Handels-


Grenzboten II 1893 7


Deutsche Handelskammern im Auslande

el dein immer heftiger werdenden wirtschaftlichen Konkurrenz¬
kampf der Nationen, bei dem natürlichen Streben, auch den
kleinsten Vorteil für die eigne Handelsbilanz andern Ländern
gegenüber aufzuspüren und auszunutzen, muß es auf fallen,
daß sich die deutschen Industriellen nicht entschließen können,
für die Befestigung und weitere Ausdehnung ihrer ausländischen Handels¬
beziehungen dieselben Wege einzuschlagen, denen England und Frankreich noch
vielfach ihr Übergewicht im Handel verdanken. Deutschland hat noch immer
keine tüchtige und zuverlässige Vertretung seiner Handelsinteressen im Auslande
an Ort und Stelle.

Nachdem zuerst England den Gedanken, die Industrie des Mutterlandes
durch geeignete ständige Selbstverwaltungsorgane im Auslande zu fördern,
durch die Errichtung einer britischen Handelskammer in Paris verwirklicht
hatte, folgten diesem Beispiel bald Frankreich, Belgien, Italien und Österreich
nach, und auch Griechenland erkannte die Wichtigkeit der Sache, indem es hei¬
mische Handelskammern in Konstantinopel, Smhrna und Alexandria schuf.

Daß Deutschland in der Errichtung solcher Institute bisher zurückgeblieben
ist, lag nicht zum wenigsten an der Unlust, die der deutsche Handelstag in
seiner 16. Sitzung in Berlin dieser Frage gegenüber gezeigt hat, obwohl von
berufenster Seite Fürsprecher der guten Sache erstanden und die „Handels¬
kammer zu Mannheim" wie das „Ältestenkollegium zu Magdeburg" in
größern Denkschriften die für die deutschen Handelsinteressen nur vorteilhaften
Wirkungen darlegten.

Man ist nach dein kleinlichen Ergebnis, das diese Handelstagssitzung ge¬
habt hat, von der Verfolgung des Gedankens mehr und mehr abgekommen.
Dennoch wird man ihn heute bei den immer inniger werdenden Handels-


Grenzboten II 1893 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0059" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214515"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341857_214455/figures/grenzboten_341857_214455_214515_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Deutsche Handelskammern im Auslande</head><lb/>
          <p xml:id="ID_205"> el dein immer heftiger werdenden wirtschaftlichen Konkurrenz¬<lb/>
kampf der Nationen, bei dem natürlichen Streben, auch den<lb/>
kleinsten Vorteil für die eigne Handelsbilanz andern Ländern<lb/>
gegenüber aufzuspüren und auszunutzen, muß es auf fallen,<lb/>
daß sich die deutschen Industriellen nicht entschließen können,<lb/>
für die Befestigung und weitere Ausdehnung ihrer ausländischen Handels¬<lb/>
beziehungen dieselben Wege einzuschlagen, denen England und Frankreich noch<lb/>
vielfach ihr Übergewicht im Handel verdanken. Deutschland hat noch immer<lb/>
keine tüchtige und zuverlässige Vertretung seiner Handelsinteressen im Auslande<lb/>
an Ort und Stelle.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_206"> Nachdem zuerst England den Gedanken, die Industrie des Mutterlandes<lb/>
durch geeignete ständige Selbstverwaltungsorgane im Auslande zu fördern,<lb/>
durch die Errichtung einer britischen Handelskammer in Paris verwirklicht<lb/>
hatte, folgten diesem Beispiel bald Frankreich, Belgien, Italien und Österreich<lb/>
nach, und auch Griechenland erkannte die Wichtigkeit der Sache, indem es hei¬<lb/>
mische Handelskammern in Konstantinopel, Smhrna und Alexandria schuf.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_207"> Daß Deutschland in der Errichtung solcher Institute bisher zurückgeblieben<lb/>
ist, lag nicht zum wenigsten an der Unlust, die der deutsche Handelstag in<lb/>
seiner 16. Sitzung in Berlin dieser Frage gegenüber gezeigt hat, obwohl von<lb/>
berufenster Seite Fürsprecher der guten Sache erstanden und die &#x201E;Handels¬<lb/>
kammer zu Mannheim" wie das &#x201E;Ältestenkollegium zu Magdeburg" in<lb/>
größern Denkschriften die für die deutschen Handelsinteressen nur vorteilhaften<lb/>
Wirkungen darlegten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_208" next="#ID_209"> Man ist nach dein kleinlichen Ergebnis, das diese Handelstagssitzung ge¬<lb/>
habt hat, von der Verfolgung des Gedankens mehr und mehr abgekommen.<lb/>
Dennoch wird man ihn heute bei den immer inniger werdenden Handels-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 1893 7</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0059] [Abbildung] Deutsche Handelskammern im Auslande el dein immer heftiger werdenden wirtschaftlichen Konkurrenz¬ kampf der Nationen, bei dem natürlichen Streben, auch den kleinsten Vorteil für die eigne Handelsbilanz andern Ländern gegenüber aufzuspüren und auszunutzen, muß es auf fallen, daß sich die deutschen Industriellen nicht entschließen können, für die Befestigung und weitere Ausdehnung ihrer ausländischen Handels¬ beziehungen dieselben Wege einzuschlagen, denen England und Frankreich noch vielfach ihr Übergewicht im Handel verdanken. Deutschland hat noch immer keine tüchtige und zuverlässige Vertretung seiner Handelsinteressen im Auslande an Ort und Stelle. Nachdem zuerst England den Gedanken, die Industrie des Mutterlandes durch geeignete ständige Selbstverwaltungsorgane im Auslande zu fördern, durch die Errichtung einer britischen Handelskammer in Paris verwirklicht hatte, folgten diesem Beispiel bald Frankreich, Belgien, Italien und Österreich nach, und auch Griechenland erkannte die Wichtigkeit der Sache, indem es hei¬ mische Handelskammern in Konstantinopel, Smhrna und Alexandria schuf. Daß Deutschland in der Errichtung solcher Institute bisher zurückgeblieben ist, lag nicht zum wenigsten an der Unlust, die der deutsche Handelstag in seiner 16. Sitzung in Berlin dieser Frage gegenüber gezeigt hat, obwohl von berufenster Seite Fürsprecher der guten Sache erstanden und die „Handels¬ kammer zu Mannheim" wie das „Ältestenkollegium zu Magdeburg" in größern Denkschriften die für die deutschen Handelsinteressen nur vorteilhaften Wirkungen darlegten. Man ist nach dein kleinlichen Ergebnis, das diese Handelstagssitzung ge¬ habt hat, von der Verfolgung des Gedankens mehr und mehr abgekommen. Dennoch wird man ihn heute bei den immer inniger werdenden Handels- Grenzboten II 1893 7

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/59
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/59>, abgerufen am 29.06.2024.